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Die Bogenschützin: Roman (German Edition)

Die Bogenschützin: Roman (German Edition)

Titel: Die Bogenschützin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Sophie Marcus
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anzüglichen Liebesliedes auf, die ihn an die Spielleute denken ließ, mit denen Hedwig von Quitzow gereist war. Der Spielmann Adam hätte viele der Nürnberger Straßenmusikanten noch etwas lehren können.
    Unwillkürlich schüttelte Wilkin den Kopf, als er sich an seine Begegnung mit Hedwig erinnerte. Was für ein merkwürdiges, wildes junges Ding sie war. Sie hatte einen Stolz gezeigt, der ihn zugleich abstieß und faszinierte. Er kannte nicht viele stolze, auffahrende Weiber von Rang. Was auch daran lag, dass er überhaupt wenige kannte. Am nächsten stand ihm Kurfürst Friedrichs Gemahlin Elisabeth, eine von Natur aus sanfte, liebenswerte Edelfrau, die ihn in seinen Lehrjahren ein wenig bemuttert hatte. Seine leibliche Mutter dagegen mochte einmal Stolz besessen haben, hütete sich jedoch davor, ihn vor ihrem Gatten oder ihren Söhnen zu zeigen. Hans von Torgau war schnell mit der Faust, wenn jemand in seiner Umgebung seine gottgegebene Stellung vergaß. Und die Stellung einer Frau war nun einmal der ihres Mannes und ihrer Söhne untergeordnet, Stolz gebührte ihr allenfalls ihrem Gesinde gegenüber.
    Auch Könes verwahrloste Schwester würde gewiss eines Tages die nötige Demut lernen. Blieb ihr zu wünschen, dass sie dadurch nicht so bitter und mager wurde wie seine Mutter.
    Vor der Tür seiner Herberge blieb er noch einmal stehen und sah aus der Ferne einem Gaukler zu, der vor dem dunklen Bogen des Stadttores mit brennenden Fackeln jonglierte. Als der Jokulator seine Vorführung unterbrach, um eine Gruppe von Männern in unansehnlichen braunen Mänteln passieren zu lassen, ging Wilkin ins Haus.
    Oben in seinem Gemach angekommen, trat er ans Fenster und sah die Männer gerade noch von hinten, wie sie die Königsstraße hinaufstrebten. Er hätte ihnen vermutlich keinen weiteren Blick gewidmet, wenn er nicht in diesem Augenblick bemerkt hätte, dass Köne von Quitzow ihnen folgte. Es war leicht zu erkennen, dass er nicht zufällig denselben Weg nahm, denn er ließ keinen Blick von der Gruppe vor ihm.
    Wilkins Neugier siegte über die Müdigkeit. Flink war er wieder aus dem Haus und heftete sich in unauffälligem Abstand an Könes Fersen. Wie er selbst trug dieser keine Rüstung mehr und bewegte sich für einen derart großen, massigen Mann erstaunlich leichtfüßig.
    Die fünf Kerle in den braunen Kapuzenmänteln trennten sich. Zwei bogen in eine Gasse ein, die anderen gingen noch ein Stück weiter bis zur Lorenzkirche und blieben dann stehen, um sich zu unterhalten. Nun, da sie Wilkin etwas Zeit gaben, sie genauer zu betrachten, wuchs in ihm der Verdacht, dass er sie kannte. Nach Haltung und Gestik konnten zwei von ihnen gut seine Brüder sein. Verwirrt überlegte er, was die beiden auf diese Misstrauen erweckende Art nach Nürnberg führte. Dabei vergaß er für eine Weile Köne, der prompt verschwunden war, als er sich wieder an ihn erinnerte.
    Auch die verbliebenen drei gingen nun auseinander. Rasch entschied sich Wilkin dafür, dem zu folgen, den er nicht kannte. Ob die anderen beiden tatsächlich seine Brüder waren, würde er bald genug herausfinden. Mit wem sie sich aber so heimlich in die Stadt geschlichen hatten, ließe sich später vielleicht nicht mehr in Erfahrung bringen.
    Dankbar dafür, dass er nur eine schlichte Schecke trug und nicht seine Wappenfarben, trat er kurz in den Schatten einer Eingangstreppe, bis die zwei, die er für seine Brüder hielt, linker Hand in eine Gasse abgebogen waren.
    Der letzte Mann ging an der Lorenzkirche vorüber, überquerte zielstrebig die Brücke und den Marktplatz vor der Frauenkirche und schritt auf die Kaiserburg zu. Kurz vor dem steilen Anstieg zur Burg hielt er jedoch am Eingang eines prachtvollen Gebäudes, das Wilkins Einschätzung nach hochgestellten Persönlichkeiten der Stadt gehören musste.
    Während der Mann darauf wartete, dass ihm die Tür geöffnet wurde, nahm er Kapuze und Helm ab und schlug den braunen Mantel über die Schultern zurück. Zu Wilkins Bedauern blieb er ihm jedoch mit dem Rücken zugewandt, sodass die Farben seines Waffenrocks nicht zu erkennen waren.
    Noch bevor jemand erschien, um den Unbekannten einzulassen, hatte Wilkin sich entschieden, der Sache weiter nachzugehen. An einer schattigen Stelle mit beiden Händen gegen eine Hauswand gestützt, als sei ihm übel, verharrte er, bis der Mann sich dem Diener erklärt hatte, der ihm öffnete. Kaum hatte die Tür sich hinter ihm wieder geschlossen, eilte Wilkin zum Nachbarhaus und

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