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Die Bogenschützin: Roman (German Edition)

Die Bogenschützin: Roman (German Edition)

Titel: Die Bogenschützin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Sophie Marcus
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Zinnkanne gestanden hatte.
    Wilkin nutzte das Zögern des Kerls, das er dessen Schreck über den Griff nach seiner Hand verdankte. Er machte einen Satz zur Wand und hob das Deckenbündel auf. Mit der Linken hielt er es wie einen Schild, während die Rechte das alte Schwert aus der Scheide in seinem Inneren zog. Er wartete nicht auf einen neuen Angriff, sondern ging mit der Schnelligkeit auf den Gegner los, die seine Feinde an ihm fürchteten. Eisen traf mit grellem Ton auf Eisen. Schon nach dem ersten Schlagabtausch sah er, wie der andere unsicher wurde. Wilkin ließ ihm keine Zeit, sich zu besinnen, sondern hetzte ihn von einer jämmerlichen Abwehr in die nächste, bis er die Flucht ergriff und von Wilkin gejagt aus der Tür stürzte.
    Auch der verhinderte Mörder hatte seine Schwierigkeiten mit der Dunkelheit im Haus, nahm jedoch keine Rücksicht. Mit Poltern und Klirren warf er Wilkin alles in den Weg, woran er stieß. Ein scharfer Schmerz in seinem Fußballen ließ Wilkin innehalten und zur Vernunft kommen. Er konnte nicht ohne Rüstung und mit bloßen Füßen jemanden verfolgen, der ihn umbringen wollte und womöglich in der Stadt Verbündete besaß. Für den Augenblick konnte er froh sein, dass er davongekommen war.
    Er hörte unten die Haustür gegen die Wand donnern und hieb wütend mit dem Schwert auf das Geländer der Treppe. » Was für ein Dreck«, murmelte er, während er mit der freien Hand vorsichtig das spitze Ding aus seinem Fuß zog, worauf er getreten war. Er konnte erfühlen, dass es keine Scherbe war, die zufällig vor seinen Füßen gelandet war, sondern einer von den vierzackigen, eisernen Krähenfüßen, die gelegentlich ausgestreut wurden, um feindliche Fußsoldaten zu behindern. Der Mordbruder war gut vorbereitet gewesen. Seufzend fand Wilkin sich damit ab, dass er die Dienstleute, von wo auch immer sie sich versteckt haben mochten, herbeirufen musste, damit er doch noch Licht bekam.
    Vorsichtig tastete er sich zur Treppe und rief nach den beiden. Es dauerte etliche Zeit, bis die vom Schlaf zerzauste Magd mit einer brennenden Talglampe in der Hand ängstlich aus der Küche spähte.
    Ebenso lange dauerte es, bis Wilkin bewusst wurde, wem er es an diesem Abend verdankte, noch am Leben zu sein. Seine Hände um den Knauf des alten Schwertes gefaltet, sprach er ein inniges Dankgebet an einen Gott, der ihm mit so viel Voraussicht eine ungewöhnliche Botin geschickt hatte, um ihn zu retten. Ich möchte dich trotz allem bitten, das Schwert gut zu behandeln, hatte sie gesagt. Hätte er sich rechtzeitig an die Waffe erinnert, wenn die Jungfer an jenem Tag nicht mit ihm gekämpft hätte? Mit einem eigenartigen Gefühl schicksalhafter Verbundenheit hob Wilkin die Klinge und küsste sie. Oh ja, er würde dieses Schwert in Ehren halten. Und sollte er der Jungfer von Quitzow jemals wieder begegnen, dann wollte er ihr, bei Gott, mit mehr Achtung entgegentreten als bei ihrem vergangenen Treffen.

    Cord hatte den Weg von Meißen, wo er die zerschundenen Frauen Gräfin Constantias Schutz anvertraut hatte, nach Nürnberg allein hinter sich gebracht. Dabei hatte er so viel Zeit aufgeholt, dass er beinah gleichzeitig mit von Schwarzburg und den Brüdern von Torgau eingetroffen war. Nachdem er Köne im Lager vor der Stadt gefunden und ihm berichtet hatte, war er nur noch an Essen und Schlafen interessiert.
    Köne hingegen hatte sich sofort auf den Weg gemacht, um herauszufinden, was die Bande als Nächstes im Schilde führte. Wiedergekommen war er erst spät in der Nacht, als Cord längst in seine Decke gewickelt im Zelt auf dem Boden lag. Der Schlaf hatte Cord ausnahmsweise im Stich gelassen. Er dachte an Köne und seine Schwester, an die alte Freundschaft zwischen ihrem und seinem eigenen Vater, die allen Widrigkeiten zum Trotz bis zu Dietrich von Quitzows Tod gedauert hatte. Nun, da er auch Könes Schwester kannte, verstand er mehr denn je, warum. Es lagen ein sturer Wille und ein Feuer in dieser Sippe, die man nur bewundern konnte. Allerdings machte er nicht einen Augenblick lang den Fehler, sich als Könes Freund zu betrachten, der in seinem Ehrgeiz aufzusteigen keine echte Verbrüderung kannte. Schon gar nicht mit einem Bastard wie ihm.
    Cords Gedanken schweiften weiter zu der Versammlung von Reichsfürsten, auf der es wieder einmal um den König und seinen erfolglosen Krieg gegen die böhmischen Ketzer gehen würde, der ihn für die einen allmählich zum Gespött machte, während er bei den anderen in

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