Die Botin des Koenigs reiter2
Offiziersquartier, dann folgten sie dem Weg zurück in die Burg. Sie liefen durch die Flure des Verwaltungsflügels, fragten Diener und Schreiber,
darunter auch den säuerlichen Vorsteher, ob sie Karigan gesehen hatten. Niemand konnte sich daran erinnern, sie bemerkt zu haben.
Dann suchten sie Dakrias Brown unten im Archiv auf.
»Ja, sie war hier.«
Mara blickte sich mit großen Augen um. Es sah aus, als wäre ein Wirbelsturm durch das Archiv gebraust. Überall war Papier verstreut. Sie wusste, wie gewissenhaft Dakrias war, und für gewöhnlich sah sein Arbeitsbereich vollkommen anders aus. Auch er selbst schien irgendwie aufgelöst und zerzaust. Sie fragte sich, was mit ihm los war.
»Wie lange ist das her?«, fragte Fastion.
»Ich weiß es nicht«, sagte Dakrias. »Ich war … ich war sehr beschäftigt. Ich glaube, es ist schon eine Weile her.«
Sie bedankten sich und überließen ihn wieder seiner Arbeit. »Was jetzt?«, fragte Mara, als sie durch den Flur gingen.
Fastion hatte den Kopf nachdenklich gesenkt. »Wir waren an allen Orten, zu denen sie gehen sollte. Ich …« Plötzlich blieb er an der Stelle stehen, wo ein unbeleuchteter Flur abzweigte. Er starrte einen Augenblick ins Dunkel. »Würdet Ihr mir bitte eine Lampe reichen?«
Mara holte eine aus einer Nische. Er nahm sie und begann, den Boden zu untersuchen. »Hier sind viele Leute entlanggegangen«, sagte er. »Sehr ungewöhnlich.« Er tat ein paar Schritte in den Flur hinein und betrachtete dabei weiterhin den Boden. »Seht Ihr all die Fußspuren?«
Das tat sie. Ein großer Teil des staubigen Bodens war mit einem Strom von Fußstapfen bedeckt. Sie mussten relativ neu sein, denn es lag kein frischer Staub auf ihnen.
Fastion suchte näher an einer Wand. »Darf ich die Unterseite Eures Stiefels einmal sehen?«
Mara trat zu ihm und hob den Fuß. »Was wollt Ihr damit …«
»Nur ein Gedanke«, sagte er. »Dieser Abdruck hier ist der Form Eures Stiefels sehr ähnlich. Der Stiefel eines Grünen Reiters.« Er zeigte darauf, ein deutlicher Abdruck, der nicht von den anderen verwischt war. »Was meint Ihr, sollen wir diesen Spuren folgen und sehen, wo sie hinführen?«
Mara schaute Fastion an. Bildete sie sich das nur ein, oder wirkte er aufgeregt? »Wenn Ihr glaubt, dass wir Karigan dort finden …«
Fastion zeigte auf den Fußabdruck. »Ich denke schon.«
Er führte sie tief in die unteren Regionen der Burg. Mara hatte von diesen verlassenen Fluren gewusst, aber nie geahnt, wie viele es davon gab, und selbst jetzt konnte sie es sich kaum vorstellen. Wenn man ins Dunkel hineinging und es hinter einem wieder dunkel wurde und man nur eine kleine Lampe zur Verfügung hatte, nahm einem das jedes Gefühl für Entfernungen und Zeit.
Fastion versicherte ihr, dass er jeden Zoll der Burg kannte, aber bald schon sollte sich erweisen, dass er sich geirrt hatte. Sie waren den Fußspuren in ein Zimmer gefolgt.
»Die Abdrücke enden hier«, sagte Fastion. »Faszinierend, nicht wahr? Ich war noch nie in diesem Raum. Ich wusste nicht einmal, dass es ihn gibt.«
Mara rümpfte die Nase. Sie teilte die Begeisterung der Waffe wahrhaftig nicht. Der Raum hatte eine niedrige Decke aus grob gemeißelten Blöcken mit ungeschlachten Stützsäulen, eindeutig ein Teil der ursprünglichen Festung, aus der schließlich die derzeitige Burg erwachsen war. Entweder war die künstlerische Ader des Clans Dnoch nicht sonderlich entwickelt gewesen, als dieser Raum entstanden war, oder der Krieg hatte den Luxus architektonischer Schönheit nicht zugelassen.
Alte Möbel und Regale, viele davon bis zur Unkenntlichkeit verrottet, waren auf Haufen geworfen worden, überzogen von Staub und Spinnennetzen. Zerfetzte Wandbehänge – ihre einstmals kunstvollen Muster nur mehr ein Durcheinander von verschlissenen Fäden nicht näher zu bestimmender Farbe – hingen an den Wänden oder waren für uralte Mäusenester am Boden zweckentfremdet worden. Die Fenster waren mit Läden verschlossen.
Fastion berührte den ausgefransten Rand eines Wandbehangs, und das ganze Ding löste sich unter seinen Fingern auf. Er runzelte missbilligend die Stirn. Die Lampe, die er trug, und seine schwarze Uniform hatten die beunruhigende Auswirkung, seine Hände und das Gesicht von seinem Körper zu trennen. Die Lampe warf goldenes Licht auf sein Gesicht, das mondähnlich im Raum zu schweben schien.
Fastion war ungewöhnlich erfreut über die Entdeckung dieses neuen Raums, aber Karigan hatten sie noch nicht
Weitere Kostenlose Bücher