Die Botin des Koenigs reiter2
zu haben, und sie war so sanft, so liebevoll.
»Karigan, ich …«
»Still.« Sie legte den Finger auf seine Lippen. »Streng dich nicht an.«
»Aber … « Er wollte es ihr wirklich sagen, wollte ihr endlich alles sagen.
Sie versetzte ihm einen spielerischen Klaps auf die Nase und beugte sich über ihn, sodass ihr Haar seine Wange streifte.
»Ich werde reden«, sagte sie, »und du wirst zuhören.«
Und sie redete. Sie sprach vom Wall und dass er von den Seelen derer bewohnt war, die ihn errichtet hatten. Sie waren die Hüter, deren Magie bewirkte, dass der Wall so undurchdringlich war.
Sie waren es, die sangen, damit der Wald friedlich blieb, und nun wurden ihre Stimmen schwächer.
»Sie haben die falschen Worte gesungen«, erklärte Karigan, »und die falsche Melodie. Das lässt den Wall schwächer werden. Du musst sie dazu bringen, das richtige Lied zu singen, ein Lied, das den Wall repariert.«
Alton, getröstet von ihrer Stimme, ihren leichten, beruhigenden Bewegungen, döste immer wieder ein und wurde dann erneut wach. Das hier war die Karigan, die er liebte. Wenn er überlebte, würde er sie heiraten, ganz gleich, was sein Vater sagte, auch wenn sie eine Bürgerliche war.
Als er aufwachte, wusste er nicht, wie lange er geschlafen hatte, aber sie murmelte immer noch beruhigend auf ihn ein.
Sie saß weiterhin neben ihm, ihre Hand auf seiner Brust, auf seinem Herzen. Sein Herz klopfte fester und schneller.
»Ich werde dir das Lied beibringen, das du singen musst«, sagte sie, »um den Wall zu reparieren.«
»Ja«, erwiderte er leise. »Den Wall reparieren.«
Sie begann zu singen. Er wusste, dass Karigan unmusikalisch war, aber nun klang ihre Stimme recht gut. Er verstand die Worte nicht, aber sie forderte ihn auf, sie zu wiederholen.
»Mordech en trelish est«, sagte sie.
»Mordech en trelish est.«
»Ja, das machst du gut.«
Das Fieber machte es schwer, sich so intensiv zu konzentrieren, aber er wollte ihr unbedingt eine Freude bereiten.
Es gab mehr und mehr Worte, und sie gab ihm mehr Wasser, wann immer seine Stimme versagte. Wie viele Stunden waren vergangen? Waren es Tage gewesen? Er wusste es nicht, aber ihre Stimme erklang ununterbrochen in seinem Kopf, ob er nun schlief oder wach war.
Manchmal wand er sich in Fieberträumen und rief ihren Namen. Manchmal glaubte er, hinter ihrer Schönheit das Gesicht eines Ungeheuers zu sehen, aber ihre Worte und ihre sanfte Berührung beruhigten ihn stets wieder.
Als er erneut erwachte, bemerkte er, dass sie mit den Händen über seine Beine strich.
»Was …«, krächzte er.
Sie lächelte ihn an. »Ich nehme die Schmerzen aus deinen Beinen, damit du gehen kannst.«
»Gehen«, flüsterte er. »Dazu habe ich nicht die Kraft.«
»Ich werde dir helfen.«
Er musste federleicht sein, denn Karigan half ihm ohne Schwierigkeiten auf. Er wäre beinahe ohnmächtig geworden, aber sie stützte ihn.
»Denk an das Lied, das ich dir beigebracht habe«, sagte sie. »Sing es mir vor, und es wird dir gegen deine Schwäche helfen.«
Er war nicht einmal richtig bei Bewusstsein. Sie zog seinen Arm über ihre Schultern und legte ihren Arm um seine Mitte. Das alles schien weit von ihm entfernt zu geschehen.
»Sing«, sagte sie. »Und gehe.«
Das tat er. Er nahm seine Umgebung nur trübe wahr, wie in einem Traum. Sie musste den größten Teil seines Gewichts stützen, denn es fühlte sich an, als laufe er in der Luft. Sie hatte den Schmerz aus seinen Beinen genommen, obwohl bei jedem Schrift Eiter aus den Wunden troff.
Als er nicht mehr singen konnte, redete sie wieder beruhigend und ermutigend auf ihn ein. »Wenn du im Turm bist, musst du dieses Lied im Geist den Steinen vorsingen. Hast du verstanden?«
»Ja.« Er war nicht sicher, wie viel er wirklich verstanden hatte, aber seine Antwort freute sie.
Er träumte weiter, ging weiter, und der Wald fühlte sich überhaupt nicht mehr bedrohlich an. Seine Füße bewegten sich mühelos, solange er sich auf Karigan stützte. Ja, bei ihr war er sicher. Sie kümmerte sich um ihn.
Er musste das Bewusstsein verloren haben, denn er lag wieder auf dem Boden. Als er die Augen öffnete, war Karigan gleich neben ihm, so gelassen wie immer.
»Du bist weit gekommen und hast dein Ziel erreicht«, sagte sie, »aber jetzt musst du ein wenig essen, damit du kräftiger wirst.«
Sie ließ ihm goldene Beeren in den Mund fallen, und als er protestierte, versicherte sie ihm, dass sie ihm nicht schaden würden. Sie waren süß und
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