Die Botin des Koenigs reiter2
müssen. Alle bis auf eine sind an die Lordstatthalter gerichtet. Bittet Eure Reiter, sich zu beeilen. Der letzte Brief ist weniger wichtig und muss zum Bürgermeister von Childrey gebracht werden.«
Karigan verbeugte sich. Bevor sie gehen konnte, legte der König ihr die Hand auf die Schulter.
»Ihr habt mir heute sehr geholfen«, sagte er, »und ich freue mich darauf, mehr von Euch zu hören.«
Sein Lächeln war ebenso freundlich wie seine Worte. Oder war das nur Karigans Wunschdenken? Sie sahen einander an, und das dauerte zweifellos nur Sekunden, aber es kam Karigan so viel länger vor. Sie wollte nicht, dass er die Hand von ihrer Schulter nahm.
Weldon Spurlock hüstelte, und Karigan trat ein paar Schritte zurück. Mit einer weiteren Verbeugung eilte sie aus dem Arbeitszimmer in den Garten, und Verwirrung und Angst ließen ihr Herz schneller schlagen.
Karigan stand vor dem Stall und sah Harry nach, der zu seinem langen Ritt in die Provinz Arey aufbrach. Sie hatte alle Botschaften des Königs auf den Weg gebracht, bis auf den Brief an den Bürgermeister von Childrey, denn es waren keine Reiter mehr übrig, ihn zu überbringen. In Sacor waren nur noch Karigan und Mara verblieben, und außerdem Ephram, dem es gelungen war, sich an diesem Morgen auf einer lockeren Diele im Stall den Knöchel zu brechen.
Das muss nicht unbedingt schlecht sein. Hier war ihre Gelegenheit, vom Burggelände zu entfliehen, all die Verantwortung, die Geister und die Probleme loszuwerden, die sie in der letzten Zeit so bedrängt hatten. Sie würde ihre Pflicht als gewöhnlicher Grüner Reiter erfüllen und auf die Straße zurückkehren, mit dem Wind in ihrem Haar und ihrem Pferd unter sich. Kondor würde davon sicher ebenso begeistert sein wie sie.
Sie würde auch aus der nahen Umgebung des Königs wegkommen und vor den komplizierten Gefühlen fliehen können, die er in ihr auslöste.
»Ich sehe keine andere Möglichkeit«, sagte Mara finster, als Karigan sie vor dem Eingang zur Burg einholte. »Glaubst du, du wirst es schaffen?«
Karigan beugte den Arm. Vor Kurzem noch hätte ihr die Bewegung heftige Schmerzen verursacht, aber nun war nur noch ein leichtes Zwicken zu spüren. »Ich bin mehr als bereit.«
Mara seufzte. »Mist. Warum musstest du das sagen? Ich hätte die Botschaft selbst überbringen können.«
»Was, und mich hier den Wölfen überlassen?«
Mara lächelte. »Ich wünsche dir einen guten Ritt, und denk an mich – mir steht wieder eine Besprechung mit den Stallknechten bevor.«
Leise summend eilte Karigan zurück in die Unterkunft, um sich auf den Botenritt vorzubereiten.
Als sie aus der Burg ritt, begegnete sie einem erschöpft und abgerissen aussehenden Soldaten der regulären Miliz, der sein müdes Pferd unter dem Fallgitter hindurch und auf den Haupteingang zulenkte. Flüchtig fragte sie sich, was ihn wohl hierhergeführt hatte, aber da die Straße und die Freiheit des Ritts vor ihr lagen, dachte sie nicht lange darüber nach.
DAS ZWEITE REICH
»Und das ist alles«, sagte Sergeant Westley Uxton. Die flackernde Lampe beleuchtete sein Gesicht. »Ich weiß nicht, ob der junge Lord noch lebt oder ob er tot ist, aber ich weiß sicher, dass der Wald lebt.«
»Das ist doch sicher nicht die gleiche Geschichte, die du dem König erzählt hast«, sagte Madrene.
Uxton sah sie empört an. »Selbstverständlich nicht. Ich habe ihm gesagt, Lord Alton sei gestürzt, aber ansonsten habe ich mich so dicht an die Wahrheit gehalten wie möglich.«
Es war typisch Madrene, dachte Weldon Spurlock, so auf Geheimhaltung versessen zu sein, um ihre eigene Haut zu retten, dass sie die beiden hervorragenden Nachrichten, die Uxton ihnen gebracht hatte, vollkommen übersah. Alton D’Yer stellte keine Gefahr mehr dar, und der Schwarzschleierwald lebte. Die Frage war, was sie mit diesen Nachrichten anfangen sollten. Sollten sie warten, bis sie etwas Eindeutigeres vom Wald hörten? Sie waren so lange auf Geheimhaltung bedacht gewesen, dass sie nun, da der Wald tatsächlich erwacht zu sein schien, nicht so recht wussten, was sie tun sollten. Vielleicht würde es ein Zeichen geben …
»Gut gemacht, Sergeant«, sagte Spurlock.
Uxton nickte. »War nicht einfach«, murmelte er.
Die Gruppe stand schweigend in dem muffigen, dunklen
Zimmer. Diese verlassenen Räume waren nützlich, wenn man seine Ruhe vor Leuten haben wollte, die neugierig genug waren, ihre Nasen in alles hineinzustecken, was sie nichts anging. Aber so ungern
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