Die Botin des Koenigs reiter2
gleichzeitig. Ihre Schulter tat weh. »Du leckere Mahlzeit für eine Wildkatze.« Kondor schaute sie treuherzig an.
Sie trat zurück und betrachtete ihn forschend. Er schien in Ordnung zu sein, aber als er sich bewegte, schonte er sein linkes Hinterbein.
»O nein.« Sie tastete an seinem Bein entlang, hob den Huf und wiegte ihn in der Hand. Es war im Dunkeln schwer zu erkennen, aber er schien einen Riss über dem Fesselgelenk zu haben. Eine solche Verletzung mochte geringfügig erscheinen, aber wenn sie nicht schnell und gut behandelt wurde, konnte sie ihn zum Krüppel machen. Schon hatte das Bein angefangen zu schwellen.
Sie würde es in kaltem Wasser waschen und einen Breiumschlag zubereiten müssen …
Plötzlich fiel das Licht eines muna’riel auf sie und Kondor, und erst jetzt erkannte sie das Ausmaß des Risses. Er war ziemlich hässlich. Sie ließ den Huf los, richtete sich auf und fand sich einer Eleterin mit fest zurückgebundenem schwarzem Haar gegenüber.
»Geheilt werden muss das arme Tier, mhm?« Der Akzent der Frau war viel ausgeprägter als der von Telagioth.
»Ja«, sagte Karigan.
Die Eleterin nahm Karigans Kinn zwischen die Finger und hob ihr Gesicht, um sich die Wunde an der Wange anzusehen. »Eine Botin.« Sie stellte ihr muna’riel ab und kramte in einer Tasche, die sie über der Schulter trug. Sie holte einen keinen Tiegel heraus und tauchte die Finger hinein. Dann wollte sie die Finger, die nun von etwas Klebrigem überzogen waren, an Karigans Wange legen.
Karigan wich zurück. »Was ist das?« Zu häufig hatten ihre Tanten ihr voller Begeisterung brennende Salben auf Schürf-und Schnittwunden gestrichen, als sie noch ein Kind gewesen war.
In der Anstrengung, die richtigen Worte zu finden, verzog die Eleterin ihr hübsches Gesicht. Unter anderen Umständen wäre das komisch gewesen, doch nun half es, den Eletern ein wenig von ihrem Geheimnis zu nehmen; es machte sie irgendwie menschlicher. Karigan spürte, dass die Eleterin viel jünger war als die anderen, die sie bisher kennengelernt hatte, aber das mochte immer noch bedeuten, dass sie schon Hunderte von Jahren zählte.
Schließlich gab die Eleterin auf, einen Namen für die Heilsalbe finden zu wollen, den Karigan verstand, und sagte: »Wir nennen es evaleoren. Es ist aus Blatt gemacht. Heilend ist es.« Die Frau machte eine Bewegung mit der Hand, als zerdrücke sie etwas, um zu zeigen, wie die Salbe hergestellt
wurde, aber schließlich gab sie mit einem leichten Stirnrunzeln auf. Karigan nickte und gestattete der Eleterin, ihr die Salbe aufs Gesicht zu streichen. Es brannte kein bisschen; tatsächlich ließen die Schmerzen bald nach. Die Salbe besaß einen angenehmen Kräuterduft, und Karigan hatte das Gefühl, dass auch ihre Sorgen ein wenig erträglicher wurden, als hätte die Salbe nicht nur auf die Wunde an ihrer Wange einen heilenden Einfluss, sondern auch auf jene, die ihr Geist hingenommen hatte.
»Auch gut für Pferd«, sagte die Eleterin.
Karigan hob Kondors Huf, sodass die Salbe auf die Wunde aufgetragen werden konnte. Kondor bog den Hals, als wolle er sehen, was da geschah.
Als die Eleterin fertig war, lächelte sie. »Heilen er wird. Ein Breiumschlag – ich werde es machen.«
»Danke«, sagte Karigan mit ehrlicher Erleichterung. Es war der erste gute Augenblick, den sie in dieser Nacht erlebt hatte.
Die Eleterin warf dann einen Blick an der Reihe entlang und hörte auf zu lächeln. »Anderer Bote …« Sie schüttelte den Kopf, und wieder fehlten ihr die Worte.
»Ty?« Ohne ein weiteres Wort rannte Karigan die Reihe entlang.
Sie fand Ty schon bald. Er hockte neben Funke, die auf der Seite lag und schwach mit den Beinen zuckte. Sie hatte blutigen Schaum vor dem Maul. In ihrem Bauch klaffte eine tiefe Wunde. Ty streichelte ihren Hals, wieder und wieder.
Ein Eleter kniete neben Ty an Funkes Kopf, die Hand auf ihrer Stirn, und rieb das Fell zwischen ihren Augen. Er redete leise in seiner eigenen Sprache auf sie ein und beruhigte sie. Sie hörte auf zu strampeln, aber ihre Flanken hoben sich schwer, und sie atmete gurgelnd und angestrengt.
»Sie wird ruhig bleiben«, sagte der Eleter zu Ty.
Ty nickte. Er hockte mit dem Rücken zu Karigan, und sie konnte seine Miene nicht sehen, aber Funkes Ohren zuckten, und sie lauschte den Worten, die er flüsterte. Er streichelte noch einmal über ihren Hals, dann umklammerte er ein Messer mit beiden Händen und hob es hoch über den Kopf. Er stach zu, legte seine ganze
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