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Die Botschaft Der Novizin

Die Botschaft Der Novizin

Titel: Die Botschaft Der Novizin Kostenlos Bücher Online Lesen
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es haben, um jeden Preis. So mancher Humanist nördlich der Alpen hätte ihm ein Vermögen geboten.« Wieder stockte er. Dass Isabella keineswegs überrascht wirkte, schien ihm nicht aufzufallen. »Er hatbestimmt nicht alles preisgegeben, was er weiß. Es muss hier noch weitere Hinweise geben. Wenn der Alte stirbt, wandert die Bibliothek ohnehin in den Vatikan«, setzte er hinzu. »Deshalb muss man suchen. Oder habt Ihr bereits gefunden, wonach ich ... « Der Fremde machte eine Bewegung und trat einen Schritt auf sie zu. Und in diesem Moment ahnte Isabella, dass etwas hier nicht stimmte. Die Laterne, die der Mann in der Hand hielt, war eine Öllampe. Padre Antonio und sie hatten jedoch Kerzen benutzt, als sie in die Zisterne hinabgestiegen waren. Oder war es Zufall, bildete sie sich nur etwas ein? Während sie an einer Lösung dieser Fragen arbeitete, schien ihr Mundwerk ein Eigenleben zu führen.
    »Da dachtet Ihr, Ihr könntet einfach so die Unterlagen des Bibliothekars ein wenig durchsehen«, hörte sie sich sagen. Doch Isabella fühlte, wie ihr das Lachen im Hals stecken blieb. »Ihr seid ein Heuchler, Padre. Ihr wisst genau, warum der Bibliothekar Euch auf die Suche nach dem Manuskript geschickt hat.«
    »Nun, ich höre!«
    »Ihr solltet es finden und damit eine Seele erlösen, einen Menschen aus den Klauen des Konvents befreien.« Sie biss sich auf die Lippen. Musste sie diesem Pater alles anvertrauen? In seiner Nähe versagten all ihre angeborenen Ängste und Vorsichtigkeiten. Sie fühlte sich dem Mann gegenüber so hilflos.
    »Wer konnte zulassen, dass sich eine Frau auf die Suche macht?«, zischte es ihr entgegen. Und plötzlich war sich Julia ziemlich sicher, dass dort nicht der Pater stand. Diese Stimme klang so fremd, so kalt. Es war nicht die Stimme Padre Antonios. Sein Unwissen, sein Verhalten. All das passte nicht zu den Erfahrungen, die sie mit dem Pater gemacht hatte. Ihr Herz gefror vor Angst, und sie begann zu zittern.
    »Wer ... wer seid Ihr?« In ihrem Kopf überschlugen sich die
Gedanken. Was sollte sie tun, wohin sich flüchten? Sie kannte
sich im Palazzo nicht aus. Nur den Weg zur Treppe und zumStraßenausgang war sie gegangen. Bei Licht. In dieser Dunkelheit, die nur durch eine Spur Helligkeit aus einer Öllampe erhellt wurde, war sie verloren.
    »Niemals hätte es so weit kommen dürfen«, zischte es ihr entgegen. Entsetzt erkannte sie, was die Gestalt vor ihr beabsichtigte. Diese hob die Laterne in die Höhe, kippte sie und ließ ein wenig vom Öl, das sie enthielt, auf die Bücher tropfen.
    »Nein«, entgegnete sie. »Ihr tötet den Hausherrn, die ... die Mutter Äbtissin!«
    Ehrlich verblüfft ließ der Fremde die Laterne wieder sinken. »Suor Immacolata?«, fragte er nach, doch schien er Isabellas Nicken nicht wahrzunehmen oder sich gar dafür zu interessieren. Wie zu sich selbst gewandt, sagte er: »So steckt die alte Hexe auch mit drin!« Es schien ihn zu amüsieren. »Nun denn. Umso besser!«
    Isabella schrie. Sie schrie anhaltend und in höchster Tonlage und konnte nicht damit aufhören. Der Fremde hatte die Lampe in die Höhe geworfen, gerade über der Stelle, die er mit Lampen öl getränkt hatte. Dann drehte er sich um und setzte mit hohen Sprüngen über die Papierstapel hinweg. Isabella sah, wie das Licht flackerte, und wünschte sich inständig einen guten Gott, der die Flamme löschte, bevor sie auf dem Boden auftraf, doch da splitterte bereits das Glas. Isabella starrte auf den Ort, der eben noch im Lichtschein gelegen hatte und jetzt dunkel war. Nichts geschah. Hatte der Aufprall die Flamme gelöscht? Doch dann zuckte ein feiner bläulicher Schein über das Papier, und im gleichen Moment loderte es rot hoch. Im Papierstapel hockte der rote Flammenmann und wirbelte mit den Armen. Hätte sie einen Mantel getragen, hätte sie ihn über die Pergamente und Papiere werfen und das Feuer ersticken können. So stand sie da in ihrer Kutte und konnte nur dem gefräßigen Ungeheuer zusehen, wie es Papier um Papier verschlang und sich sein Hunger ausweitete.
    Isabella wich vor der Hitze zurück, die sich langsam ausbreitete,und jetzt packte sie ein Gefühl, das sie erst einmal erlebt hatte: als sie vor dem Fremden im Kloster davongelaufen war.
    Der Fremde war in Richtung der Treppe verschwunden, die auch sie nehmen musste. Wenn sie dorthin ging, war nicht auszuschließen, dass sie ihm womöglich in die Arme lief. Sie hastete in die andere Richtung, zum Zimmer des alten Contarini.
    Das

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