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Die Botschaft Der Novizin

Die Botschaft Der Novizin

Titel: Die Botschaft Der Novizin Kostenlos Bücher Online Lesen
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bedeutende Sammlung von Buchrollen und Kodizes, während vor ihnen nur eine vage Idee lag.
    »Wo ... wo habt Ihr ihn schon einmal gesehen?«, hakte er nach.
Doch bereits die Anstrengung, diesen Satz zu formulieren,raubte ihm seine verbliebene Kraft. Er musste sich setzen und ließ sich einfach auf die weißen Marmorstufen einer Brücke niedersinken. Dann schloss er die Augen, doch vor dem Hintergrund der Lider tanzte die Welt einen wilden Tanz.
    »Nicht hier. Wir müssen weiter. Rasch«, hörte er Isabella drängen. Er drückte seinen glühenden Schädel gegen die Balustrade der Brücke und empfand die Kühle des Steins als angenehm. »Warum wollt Ihr denn so rasch ins Kloster? Sagtet Ihr nicht, die Priorin hätte Euch zu Eurem Vater zurückgeschickt?« Die Kühlung linderte nicht nur, sie beruhigte das Schwirren in seinem Kopf.
    »Ich muss noch einmal in das Eingangszimmer. Ich will das Bild sehen, die Verkündigung. Ihr kennt es sicherlich.« Isabella zerrte ihn hoch und schleppte ihn weiter, obwohl ihn sofort wieder dieser Schwindel ergriff.
    »Ich ... ich bin Euch keine Hilfe«, stöhnte er, und Isabella antwortete auf diesen Satz, doch er verstand die Erwiderung nicht recht.
    »Für mein Vorhaben genügt Ihr mir.«
    Inzwischen läuteten alle Glocken der Stadt Sturm. Feuer war die schlimmste Katastrophe, die eine Stadt treffen konnte, selbst eine Stadt wie Venedig, die auf dem Wasser gebaut war. Feuer vernichtete nicht nur Inneneinrichtungen, Bücher und Häuser, es vernichtete das Selbstverständnis der Stadt. Uneinnehmbar trotzte sie seit Jahrhunderten allen natürlichen und von Menschen gemachten Unbilden, und dann sollte sie einer Feuersbrunst zum Opfer fallen? Das durfte nicht geschehen.
    »Ihr müsst klopfen und Euch ankündigen. Ich werde mich hinter Euch verstecken. Ihr dürft mit keinem Wort erwähnen, dass Ihr nicht allein seid! Habt Ihr mich verstanden? Ich verspreche Euch, im Kloster Eure Wunde auszuwaschen.« Isabella hielt inne und drehte ihn so zu sich her, dass er ihr in die Augen schauen musste. »Schwört mir das!«
    »Ich ... verdammt, warum soll ich schwören?«, wehrte er sich.
    »Weil es wichtig ist! Weil ich vermutlich weiß, wo diese Schrift liegt.«
    Der Pater blieb stehen und ließ sich keinen Fußbreit mehr weiterführen. »So jagt Ihr noch immer diesem Gedanken nach?« Er wollte den Kopf schütteln, unterließ es jedoch, da ihm die Bewegung den Schädel zu zerreißen drohte. »Unsinn«, murmelte er. »Irrsinn!« Doch Isabellas Hartnäckigkeit drängte ihn schließlich weiter, und bevor er wusste, was geschah, waren sie wieder unterwegs.
    Sie hatten sich für den Landweg entschieden, denn in den Kanälen drängten sich die Gondeln, die Wassergefäße und Menschen an den Ort des Brandes brachten.
    Padre Antonio konnte die Ereignisse, wie Isabella sie ihm erzählt hatte, nicht einordnen. Einen Fremden habe sie getroffen, der die Bibliothek des alten Contarini angezündet hatte. Einen Mann, den sie zuerst für ihn gehalten habe. Dabei hatte ebendieser Mann ihm selbst einen Knüppel über den Schädel geschlagen. Er wusste nicht, was er von der ganzen Geschichte halten sollte. Doch auch er wollte endlich wissen, wo sich das Manuskript befand, falls es überhaupt noch existierte. So wie sie sich gebärdete, war Isabella dieser Lösung offenbar näher denn je.
    Isabella führte ihn krumme und verschlungene Wege, und schließlich standen sie an der Brücke nach San Lorenzo, der Pater leicht schwankend, Isabella mit im Morgengrauen sichtbar gerötetem Gesicht.
    Bevor sie die Brücke überquerten, ließ sich der Pater gegen das Geländer sinken. Ihm taten die Glieder weh, der Kopf schien ihm zu platzen, und seine Füße brannten wie das Feuer, das bei San Polo loderte. »Keinen Schritt weiter!«, flüsterte er. Isabella schien sich zu fügen, denn sie setzte sich neben ihn auf eine der Stufen.
    Padre Antonio wollte nur schlafen, sich ausruhen, die Beine ausstrecken und die Augen schließen.
    »Warum wart Ihr in der Zisterne so sicher, dass in der Amphore das Manuskript gelegen hatte?«, fragte sie nach.
    Der Pater seufzte, ergab sich jedoch der Neugier Isabellas. Vorher würde er doch keine Ruhe finden.
    »Weil es wahrscheinlich auf diese Art und Weise hierhergelangt ist. Rollen konnten einfach in den Hals gesteckt werden. Das ist der entscheidende Punkt, versteht Ihr?« Der Pater betrachtete müde den verständnislosen Blick Isabellas und erkannte, dass ihm seine Eröffnung keineswegs die Ruhe

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