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Die Botschaft Der Novizin

Die Botschaft Der Novizin

Titel: Die Botschaft Der Novizin Kostenlos Bücher Online Lesen
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dieser Gemeinde sei Patriarch gewesen und damit einer der höchsten Vertreter der Christenheit nach dem Papst. Das käme nicht von ungefähr. Und dann diese erstaunlichen Klostergründungen in der Lagune. Als müsse man etwas verbergen, als habe man etwas zu verbergen. Außerdem seien San Zaccaria oder San Lorenzo von Torcello aus gegründet worden; das gehe aus dem Kaufvertrag hervor, den er von Hieronymus Aleander erhalten habe. Und sein wichtigstes Argument sei, dass das Patriarchat von Aquileja schließlich auf Venedig übergegangen sei. Hier bestehe demnach ein Zusammenhang.
    »Selbst wenn wir annähmen, Maria sei sehr alt geworden, dann war sie allerhöchstens siebzig, als sie gestorben ist. Und wenn wir dann noch annehmen, dass sie mit etwa zwanzig Jahren ihren Sohn zur Welt gebracht hat, dann ist sie vermutlich um das Jahr 50 nach der Geburt unseres Herrn verstorben. Das Klostergelände wurde erst achthundert Jahre später gekauft. In der Zeit dazwischen kann viel geschehen sein«, hatte Padre Antonio eingewandt.
    »Oder nichts! Schließlich sind die Klöster zur Bewahrung errichtet worden.«
    »Und was macht Euch so sicher, dass Ihr mit San Lorenzo den Ort gefunden habt, an den die Amphore gelangt ist?«, hatte er nachgefragt, und diesmal war er auf die Antwort höchst gespannt gewesen.
    »Ich bin mir keineswegs sicher«, hatte der Alte geantwortet. Allerdings sollte er zwei Dinge untersuchen: Zum einen die Sterbematrikel im Kloster San Lorenzo. In der Sterbematrikel müsse ein Hinweis auf die junge Tote zu finden sein, die er entdeckt habe. Zum anderen sollte er nach Manuskripten Ausschau halten. Zwar gebe es in einem Frauenkloster keine umfangreicheBibliothek, doch fänden sich sicherlich im Zimmer der Äbtissin oder sonst im Konvent alte Bücher, Handschriften, und in ihnen könnte das Manuskript versteckt sein. Er selbst, hatte der Alte gesagt, habe keine Möglichkeit, in das Kloster zu gelangen. Keine der Frauen wolle mehr etwas mit ihm zu tun haben. Dabei hatte der Alte gelacht. Der Pater sei jung, er dürfte hier mehr Erfolg haben ...
    Wie blind lief Padre Antonio durch die Straßen und Gassen der Stadt. Mehr als einmal vertraten ihm Frauen den Weg, stumm die einen, mit leisen Aufforderungen die anderen. Doch ihn interessierte das körperliche Angebot nicht. Mit ungeduldigen Armbewegungen wischte er sie beiseite und achtete nicht auf die rüden Beschimpfungen, die er bisweilen erntete.
    All die Gedankengänge, die er mit dem Bibliothekar durchgesprochen hatte, waren nur lose Enden eines Geflechts, das allein durch die Hand des Alten zusammengehalten wurde. Das letzte Argument hatte ihn jedoch aufhorchen lassen.
    »In unserer Zeit, mein Freund, ist das gefährdet, was über Jahrhunderte sicher gelagert war. Bedenkt, dass in den letzten Jahren die Frauen aus den Klöstern davonlaufen, Ehen schließen und Kinder bekommen«, hatte ihn der Sammler gemahnt.
    Das sei zuvor immer geschehen. Selbst aus San Lorenzo sei ihm bekannt, dass eine der Schwestern die Frucht ihres Leibes stille, hatte er erwidert.
    »Mit dem Unterschied, dass die Nonne Nonne bleibt und nicht in die Welt zurückkehrt und ihr Leben hinter den Mauern verdammt. Eine Katharina von Bora tut das sehr wohl und animiert weitere Nonnen, ihrem Beispiel zu folgen. Das gefährdet die Aufgabe, für die diese Klöster geschaffen wurden«, hatte er betont. Offenbar sei sich dessen jemand bewusst geworden und suche nach dem, was über anderthalbtausend Jahre lang verborgen werden konnte. »Wir wissen nicht, was diese Schrift enthält. Wir wissen nicht, warum man sie nicht längst den Gläubigen eröffnet hat. Womöglich enthält dieses verborgeneEvangelium Fakten, die an den Grundfesten des Glaubens rütteln. Seine Zerstörungskraft ist unabsehbar.«
    »Wer außer uns sucht danach?«, hatte er gefragt, doch darauf hatte er keine Antwort erhalten.
    Das wisse er nicht mit Sicherheit, hatte der Alte erwidert, und solange er keine Beweise habe, beschuldige er niemanden. Doch könne man sich denken, dass jemand ähnlich wie Hieronymus Aleander auf Dokumente gestoßen sei, die von den Custodes Domini berichteten.
    Der Schluss, den Padre Antonio daraus gezogen hatte, war eindeutig gewesen: Er würde nach diesem Amphoreninhalt suchen müssen.
    Wie von selbst langte er an der Pforte zum Kloster an und klopfte. Zweimal lang, zweimal kurz. Die Tür öffnete sich nach einiger Zeit wie von Geisterhand, und der Pater trat ein. Im Vorraum stand ein Leuchter mit einer

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