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Die Botschaft des Feuers

Die Botschaft des Feuers

Titel: Die Botschaft des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Neville Charlotte Breuer Norbert Moellemann
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ein Mädchen, das immer noch verschwunden war, seien dazu bestimmt, das größte aller Geheimnisse zu beschützen. Nach allem, was der Junge berichtet hatte, war das Mädchen von den Männern des Sultans Mulai Sulaiman gefangen genommen worden, was es sehr schwierig, wenn nicht gar unmöglich machte, sie zu finden. Der große Bektaschi pir , der Baba Schemimi, hatte der Tochter von Ali Pascha Tepelena vor fast einem Jahr ein höchst wertvolles Objekt anvertraut, dessen Existenz der Mulai bis dahin immer für einen Mythos gehalten hatte.
    Aber an diesem Morgen, auf dem Sterbebett, hatte der Mulai ad-Darqawi begriffen, dass die ganze Geschichte der Wahrheit entsprach.
    Sultan Sulaiman war tot. Sein Gefolge würde schon bald in alle Winde verstreut sein. Das Mädchen musste gefunden werden, bevor es zu spät war.
    Und was war aus dem wertvollen Objekt geworden, das man ihr anvertraut hatte?
    Es war Allahs Wille, dessen war sich ad-Darqawi bewusst, dass er - und nur er - dieses Problem löste. Dass er all seine Kraft zusammennahm, um diese letzte große Aufgabe in seinem Leben zu meistern. Er durfte nicht versagen.
    Aber um Allahs Willen zu erfüllen, brauchte er zuerst das Zeichen.

    Durch das Oberlicht sah der Mulai die vorüberziehenden Wolken. Sie sahen aus wie etwas Geschriebenes. Der mystische Stift Gottes , dachte er. »Der Stift« war schon lange eine seiner Lieblingssuren, die ihm geholfen hatte zu verstehen, warum der Prophet ausersehen war, sie zu schreiben. Da Allah, der höchst Gnadenreiche und Erbarmungsvolle, allwissend ist, wusste er, dass sein Prophet Mohammed - Friede sei mit ihm - weder lesen noch schreiben konnte.
    Dennoch, oder vielleicht deswegen, hatte Gott den analphabetischen Mohammed als seinen Botschafter auserwählt. Zu den ersten Weisungen, die er ihm erteilt hatte, gehörten: »Lies!« und »Schreibe!« . Gott stellt uns auf die Probe, dachte der Mulai, indem er darauf besteht, dass wir etwas tun, was uns zunächst unmöglich erscheint.
    Vor vielen Jahrzehnten, als Mulai ad-Darqawi ein junger Schüler auf dem Weg der Sufi war, hatte er gelernt, Eitelkeit von Wahrheit, Spreu vom Weizen zu trennen. Er hatte gelernt, dass man auf Erden in Not und Armut säte, um im Jenseits Glück und Reichtum zu ernten. Und nach vielen Jahren der Schulung in Geduld und Erkenntnis hatte er schließlich das Geheimnis entdeckt.
    Manche nannten es ein Paradoxon - einen Schleier, eine Illusion, mit der man sich selbst täuscht: etwas von großem Wert, das man nicht sehen konnte, obwohl man es direkt vor Augen hatte. Die Anhänger des »Isa von Nazareth« nannten es: »der Stein, den die Handwerker verworfen hatten«. Die Alchemisten nannten es die prima materia - die Urmaterie, die Quelle.
    Jeder Meister, der den Weg gefunden hatte, beschrieb das Gleiche: eine Entdeckung von großer Einfachheit und, wie es bei vielen einfachen Dingen der Fall ist, atemberaubend in ihrer Großartigkeit. Aber sie war auch von einem Geheimnis umgeben,
so wie der Prophet Mohammed es den Menschen in Allahs Worten übermittelt hatte: »Es gibt siebzigtausend Schleier zwischen euch und Mir, aber keinen zwischen Mir und euch.«
    Der Schleier! Ja, daran erinnerten die Wolken, die über ihm dahinzogen! Er kniff die Augen zusammen, um sie besser erkennen zu können. Aber gerade, als sie in sein Sichtfeld kamen, teilten sie sich. Und dort, am Himmel, erblickte der Mulai ein aus fedrigen Wolken bestehendes gleichschenkliges Dreieck: wie ein riesiger pyramidenförmiger Baum mit zahlreichen Ästen.
    Eine plötzliche Eingebung enthüllte dem Mulai ad-Darqawi die Bedeutung. Hinter dem Schleier befand sich der Baum der Erkenntnis.
    Und hinter diesem Schleier wiederum, so begriff er jetzt, lag die Erleuchtung des tariq’at , des Geheimen Wegs, den al-Dschabir ibn Hayyan vor mehr als tausend Jahren in das Schachspiel eingearbeitet hatte - und in die Figur, die der Baba Schemimi beschützt hatte und nach der seine Sufi-Brüder suchten.
    Obwohl der Junge die Figur in Händen gehalten hatte, hatte er sie nie zu Gesicht bekommen, denn sie war unter einem dunklen Schleier verborgen. Kauri hatte ihm anvertraut, dass man ihm gesagt hatte, es handle sich um eine sehr wichtige Figur, die der Schlüssel zu allen Geheimnissen sein könnte: die schwarze Dame.
    Dank seiner Vision glaubte der Mulai nunmehr genau zu wissen, wo der Sultan Sulaiman oder seine Handlanger die Figur versteckt hatten. Ebenso wie die prima materia , wie der heilige Stein, war sie für

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