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Die Botschaft des Feuers

Die Botschaft des Feuers

Titel: Die Botschaft des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Neville Charlotte Breuer Norbert Moellemann
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sofort aufbrechen würde, um ihre Pferde zu holen. Derweil würde Charlot sich als reicher französischer Sklavenhändler ausgeben, der mit seinem Diener angereist war, und Haidée kaufen, egal, wie hoch ihr Preis war. Anschließend würden sie sich in der Nähe des Nordwesttors der Medina treffen, von wo sie hofften, die Stadt unauffällig verlassen zu können.
    Während Charlot und Kauri sich unter die Käufer mischten, die darauf warteten, dass die ersten Frauen versteigert würden, spürte Charlot eine Mischung aus Anspannung und Angst in sich aufsteigen, der er kaum noch Herr wurde. In dem dichten Gedränge war ihm der Blick auf die
Pferche verwehrt. Aber er brauchte die Gesichter derjenigen, die dort warteten wie Vieh, das zur Schlachtbank geführt wurde, gar nicht zu sehen, denn er konnte ihre Angst riechen.
    Seine eigene Angst war kaum geringer. Zuerst wurden die Kinder versteigert. Sie wurden in Gruppen zu fünfzig auf das Podest geschleift, dann zog man ihnen die Kleider aus, die Auktionäre überprüften Haar, Augen, Ohren, Nase und Zähne und setzten dann einen Mindestpreis fest. Die kleineren Kinder wurden in Chargen zu zehn oder zwanzig verkauft, während die Säuglinge zusammen mit ihren Müttern versteigert wurden - um zweifellos, sobald sie entwöhnt waren, wieder unter den Hammer zu kommen.
    Charlot war beinahe übel vor Abscheu und Widerwillen. Aber er musste seine Gefühle unter Kontrolle halten, bis er in Erfahrung gebracht hatte, wo Haidée sich befand. Er warf Kauri einen kurzen Blick zu und deutete mit einer knappen Bewegung seines Kinns auf einen Mann in einem gestreiften Kaftan, der neben ihnen stand.
    »Verzeihen Sie«, sprach Kauri den Mann auf Arabisch an, »mein Herr vertritt eine wichtige Zuckerplantage in der Neuen Welt. In den Kolonien werden Frauen gebraucht, sowohl für die männlichen Sklaven, um Sklavennachwuchs zu züchten, als auch für kinderlose Plantagenbesitzer. Mein Herr ist hier, um gutes Zuchtmaterial zu kaufen. Aber wir sind nicht vertraut mit den Gepflogenheiten in diesem Teil der Welt. Vielleicht könnten Sie uns aufklären. Denn wir haben gehört, dass heute sowohl schwarzes als auch weißes Gold von höchster Qualität versteigert werden soll.«
    »Da haben Sie ganz richtig gehört«, antwortete der Mann, dem es zu gefallen schien, dass er über Informationen verfügte, die diese beiden Fremden nicht besaßen. »Die Ware kommt
direkt aus dem Palast des kürzlich verstorbenen Sultans Mulai Sulaiman, und es handelt sich wahrhaftig um erstklassiges Fleisch. Und in der Tat unterscheiden sich das hiesige Vorgehen und die Preise beträchtlich von anderen Sklavenmärkten, selbst vom Markt in Marrakesch, dem größten in ganz Marokko.«
    »Worin bestehen denn die Unterschiede?«, fragte Charlot, dem die Wut über die Gefühllosigkeit des Mannes neue Energie verliehen hatte.
    »Wo Händler aus dem Westen Ware kaufen«, sagte der Mann, »sind kräftige, gesunde junge Männer besonders gefragt, die dann in die europäischen Kolonien verfrachtet werden, während für den Export in den Osten kastrierte Jungen die höchsten Preise erzielen, die bei reichen osmanischen Türken als Konkubinen begehrt sind. Aber hier in Fes bringen Jungen zwischen fünf und zehn Jahren nicht mehr als zweioder dreihundert Dinare pro Stück, während Mädchen dieses Alters gut das Doppelte kosten. Und ein Mädchen im gebärfähigen Alter - wenn sie hübsch und noch jungfräulich ist - bringt leicht fünfzehnhundert Dinar ein, mehr als tausend französische Franc. Da es sich bei diesen Mädchen um erstklassige und besonders gefragte Ware handelt, werden Sie nicht lange warten müssen, denn die werden gleich nach den Kindern zum Verkauf angeboten.«
    Sie bedankten sich höflich bei dem Mann für die Informationen. Dann legte Charlot Kauri eine Hand auf die Schulter und bugsierte ihn zum Rand der Menge, von wo sie einen besseren Blick auf das Podest hatten.
    »Was können wir tun?«, fragte Kauri im Flüsterton, denn es war klar, dass es jetzt zu spät war, um eine derart hohe Summe Geld aufzutreiben, selbst wenn sie wüssten, wie sie das bewerkstelligen könnten.

    »Es gibt eine Möglichkeit«, antwortete Charlot kaum hörbar.
    Kauri sah ihn fragend an. Ja, es gab eine Möglichkeit, auf die Schnelle so viel Geld zu beschaffen, auch wenn sie nicht einschätzen konnten, was die Entscheidung sie am Ende kosten würde. Aber hatten sie eine Wahl?
    Ihnen blieb keine Zeit, um weiter darüber nachzudenken.

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