Die Botschaft des Feuers
um sich zu erkundigen, in welchem Zustand sich Lilys Wagen befand,
den sie auf einem Abschleppwagen nach Denver verfrachtet hatten, traf die Nachricht ein, die alle unsere Pläne über den Haufen werfen sollte.
»O nein«, stöhnte sie und schaute mich finster an, den Telefonhörer am Ohr. »Der Aston Martin ist unversehrt in Denver angekommen, aber wir kriegen einen Schneesturm. Er kommt von Norden und ist schon in Wyoming und soll morgen Vormittag unsere Gegend hier erreichen. Und zu allem Überfluss ist der Flughafen in Cortez übers Wochenende geschlossen worden.«
Ich hatte das schon einmal erlebt und wusste, was auf mich zukam. Es war zwar erst Freitag, und mein Rückflug nach Washington ging am Sonntag, aber wenn ein Schneesturm uns am Samstag genug Schnee bescherte, würde ich wahrscheinlich gar nicht erst bis Denver kommen. Schlimmer noch und eine furchtbare Vorstellung: Es konnte uns blühen, dass wir tagelang hier in den Bergen festsitzen würden, uns ein Bett teilen und uns von getrockneten Früchten ernähren müssten. Wir würden also in aller Frühe aufbrechen müssen - wir drei mit Zsa-Zsa und dem Gepäck -, bevor es anfing zu schneien, und die achthundert Kilometer in meinem Mietwagen zurücklegen, den wir am Flughafen in Denver abgeben konnten.
Im ersten Stock teilte ich Tante Lily und Zsa-Zsa das einzige Bett im Haus zu, das Messingbett meiner Mutter, das in einer der Nischen auf der achteckigen Galerie stand. Sie waren schon eingeschlafen, noch ehe sie richtig unter der Decke lagen. Wartan half mir, Futons und Schlafsäcke zusammenzutragen, und erbot sich, mir beim Abwasch unter die Arme zu greifen.
Meinen Gästen war nicht entgangen, dass die Unterbringungsmöglichkeiten im Haus meiner Mutter ziemlich primitiv
waren, aber ich hatte vergessen zu erwähnen, dass wir nur ein winziges Bad besaßen - im Erdgeschoss unterhalb der Treppe -, in dem es keine Dusche gab, sondern nur eine alte, auf Klauenfüßen ruhende Badewanne und ein altmodisches Emailwaschbecken. Und in diesem Waschbecken mussten wir auch das Geschirr spülen.
Auf dem Weg nach draußen warf Key einen Blick ins Bad, wo Wartan - die Ärmel seines Kaschmirpullovers hochgekrempelt - dabei war, das Geschirr im Waschbecken zu säubern und in der Wanne abzuspülen. Er reichte mir gerade einen Teller zum Abtrocknen.
»Tut mir leid, wir können deine Hilfe nicht annehmen«, bemerkte ich. »Kein Platz.«
»Nichts ist so sexy, wie einem starken Mann beim Geschirrspülen zuzusehen«, entgegnete sie mit einem breiten Grinsen.
Ich lachte, als Wartan das Gesicht verzog.
»Aber egal, wie viel Spaß das macht, ihr zwei«, fuhr sie fort, »bleibt nicht die ganze Nacht auf, um im Schaum zu spielen. Wir haben morgen einen verdammt harten Tag vor uns.«
Dann verschwand sie in der nächtlichen Finsternis.
»Das macht tatsächlich Spaß«, sagte Wartan, als sie gegangen war. Inzwischen reichte er mir Tassen und Gläser durch die Tür. »Als ich klein war, habe ich meiner Mutter immer geholfen. Ich war gern in der Küche, wo es herrlich nach frisch gebackenem Brot duftete. Ich habe Kaffee gemahlen und Erbsen gepalt, man bekam mich überhaupt nicht mehr aus der Küche raus. Die anderen Kinder haben immer gesagt, ich würde meiner Mutter am - wie sagt man noch? - ja, am Rockzipfel hängen. Sogar das Schachspielen habe ich am Küchentisch gelernt, während sie kochte.«
Ich muss gestehen, dass es mir schwerfiel, mir das arrogante, unbarmherzige Schachgenie, das ich aus Sagorsk in Erinnerung
hatte, als Muttersöhnchen vorzustellen. Noch seltsamer war der Unterschied zwischen unseren Kulturen, der mir sofort auffiel.
Meine Mutter konnte ein Feuer herrichten, aber was das Kochen anging, war sie eine komplette Niete - sie schaffte es gerade mal, einen Teebeutel in eine Tasse mit heißem Wasser zu hängen. Die einzigen Küchen, die ich als Kind gekannt hatte, waren alles andere als gemütlich gewesen: zwei kleine Platten in der Kochnische in unserer Wohnung in Manhattan und die riesigen, mit Holz befeuerten Herde und der gigantische offene Kamin in der Villa meines Onkels Slawa auf Long Island, wo man für eine ganze Kompanie kochen konnte - was er natürlich, einsiedlerisch, wie er war, nie tat. Und auch meine Schachausbildung war alles andere als idyllisch gewesen.
»Ihr Küchenleben klingt für eine professionelle Köchin wie mich richtig romantisch«, sagte ich. »Aber wer hat Sie im Schachspielen unterrichtet?«
»Meine Mutter. Sie hat mir ein
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