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Die Botschaft des Feuers

Die Botschaft des Feuers

Titel: Die Botschaft des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Neville Charlotte Breuer Norbert Moellemann
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zerbrechen.
    »Würdest du mir mal bitte erklären, was Säen und Ernten mit Karl dem Großen und dem Schachspiel zu tun haben? Wieso sind überhaupt so viele Leute hinter dem Spiel her, wenn es so gefährlich ist? Was hat das alles mit den Basken, mit dem Essen heute Abend oder damit zu tun, weshalb ich hier bin? Ich kapier’s einfach nicht.«
    »O doch, du kapierst es sehr wohl«, versicherte mir Rodo. »Du bist doch nicht complètement folle !«
    Dann berührte er noch einmal mit dem Finger das Eiweiß, nickte, gab etwas Weinstein hinzu und reichte mir die Schüssel samt Schneebesen.
    »Denk doch mal nach!«, forderte er mich auf. »Vor über tausend Jahren wurde dieses Schachspiel an einen weit entfernten Ort geschickt. Diejenigen, denen es gehörte - diejenigen also, die seine Macht kannten und fürchteten -, haben es gehütet wie ihren Augapfel. Wie ein Samenkorn wurde es in der Erde vergraben, denn diese Leute wussten, dass es eines Tages gute oder schlechte Früchte hervorbringen würde.«
    Er hielt mir eine Eierschale unter die Nase.
    »Und jetzt ist das Küken geschlüpft und ist auferstanden wie der Phönix aus der Asche«, schloss er.

    Ich überging die verworrene Metapher. »Aber warum ich?«, fragte ich noch einmal, obwohl es mich große Mühe kostete, die Ruhe zu bewahren. Er kam meinem wunden Punkt allmählich zu nahe.
    »Weil du, mein lieber Feuervogel«, sagte Rodo, »ebenfalls auferstanden bist, ob es dir gefällt oder nicht, und zwar in dem Augenblick vor zwei Wochen, zusammen mit diesem Schachspiel. Ich kenne dein Geburtsdatum, weißt du, und die anderen kennen es auch: der 4. Oktober, in Opposition zum Geburtsdatum deiner Mutter, das sie mit ihrer Party preisgegeben hat.
    Und genau deshalb befindest du dich in Gefahr. Deswegen wollen sie dich heute Abend testen, deswegen glauben sie zu wissen, wer du wirklich bist.«
    Schon wieder diese Worte. Aber diesmal jagten sie mir eine Heidenangst ein, als hätte er mir einen Pfahl ins Herz gerammt.
    »Und wer bin ich?«, fragte ich zum wiederholten Mal.
    »Ich weiß es nicht«, antwortete mein Chef, und er wirkte alles andere als verrückt. »Ich weiß nur, was die anderen glauben. Und die glauben, dass du die neue weiße Dame bist.«

Die Pyramide
     
     
     
     
Shelleys Asche wurde später nach Rom gebracht und auf
dem abschüssigen protestantischen Friedhof beigesetzt, wo sie
noch heute im Schatten der großen, grauen Pyramide des Caius
Cestius liegt - einem Ort, an den Englisch sprechende Menschen
seit über einem Jahrhundert pilgern.
    ISABEL C. CLARKE, Shelley and Byron
     
     
     
     
Die Pyramide des Caius Cestius in Rom ist das Grabmal des
römischen Prätors und Volkstribuns Caius Cestius Epulo.
Die aus Ziegeln gemauerte und mit weißem Marmor verklei-
dete Pyramide ist 36,4 m hoch und hat eine Seitenlänge von
29,5 m. … Sie stammt aus der Zeit des Augustus.
    The Century Dictionary
     
     
     
     
Das Mausoleum von Caius Cestius … diente im achtzehnten
Jahrhundert als Vorbild für Gartenpyramiden, unter anderem
für die Pyramiden im Désert de Retz und Parc Monçeau und
die Freimaurerpyramide auf der amerikanischen Dollarnote.
    DIANA KETCHAM, Le Désert de Retz

Cimitero Acattolico Degli Inglesi, Roma (Protestantischer Friedhof der Engländer, Rom)
21. JANUAR 1823
    Die »englische Maria« stand im dichten Nebel neben der Steinmauer, im Schatten des großen, fast zweitausend Jahre alten pyramidenförmigen Grabmals des römischen Prätors Caius Cestius. In einem schlichten grauen Reisekostüm beobachtete sie etwas abseits von den anderen Trauergästen, die sie kaum kannte, wie die kleine Urne in das flache Grab gesenkt wurde.
    Wie passend, dachte sie, dass Percy Shelleys Asche an diesem besonderen Tag hier an diesem alten, heiligen Ort begraben wurde. Der Autor des Stücks Der entfesselte Prometheus war schließlich der Poet des Feuers gewesen. Und der heutige Tag, der 21. Januar, war Marias Lieblingsfeiertag, der Tag der heiligen Agnes, der Heiligen, der das Feuer des Scheiterhaufens nichts anhaben konnte. Überall auf dem Aventinischen Hügel waren zu Ehren der Märtyrerin Holzfeuer entzündet worden, deren Rauch sich mit dem feuchten Nebel vom Tiber mischte und Marias Augen zum Tränen brachten. Am Vorabend waren die jungen Mädchen in England hungrig zu Bett gegangen, denn sie hatten den Tag über gefastet in der Hoffnung, im Traum ihren zukünftigen Ehemann zu erblicken - wie in dem beliebten romantischen Gedicht von John Keats.
    Maria

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