Die Bourne-Identität
zumute.«
»Wer hat angerufen?«
»Die Apotheke wegen eines Rezepts, und ein Journalist, der um ein Interview bat. Beides konnte sie nicht wissen.«
»Hatten Sie den Eindruck, daß sie versucht hat, abzulenken, indem sie Sie bat, die Anrufe entgegenzunehmen?«
Villiers überlegte. Als er antwortete, klang seine Stimme ärgerlich. »Ich denke schon. Sie erwähnte auch, daß sie vielleicht auswärts essen würde. Sie sagte, sie hätte einen Tisch im George V. bestellt, und ich könnte sie dort erreichen.«
»Wenn sie hingeht, möchte ich gerne vor ihr dort sein.«
»Ich gebe Ihnen Bescheid.«
»Sie sagten, sie würde >zumindest nicht mehr per Telefon< kontaktiert. Was meinen Sie damit?«
»Vor dreißig Minuten kam eine Frau. Meine Frau zögerte, sie zu empfangen, hat es aber dann doch getan. Ich habe ihr Gesicht nur einen Augenblick lang im Korridor gesehen, aber das war genug. Die Frau wirkte total verstört.«
»Beschreiben Sie sie.«
Das tat Villiers.
»Jacqueline Lavier«, sagte Jason.
»Das hatte ich angenommen. Nach ihrem Aussehen zu urteilen, war das Wolfsrudel äußerst erfolgreich; sie sah übernächtigt aus. Ehe sie sie in die Bibliothek führte, sagte mir meine Frau, sie sei eine alte Freundin, die gerade eine Ehekrise durchmachte. Eine offenkundige Lüge; in ihrem Alter gibt es keine Krisen mehr in der Ehe, da geht es nur darum, gewisse Dinge zu akzeptieren, oder den anderen zu erpressen.«
»Ich verstehe nicht, daß sie zu Ihrem Haus ging. Das ist viel zu riskant. Das leuchtet mir nicht ein. Es sei denn, sie hat es auf eigene Faust getan, im Wissen, daß keine weiteren Anrufe mehr erfolgen dürfen.«
»Das habe ich mir auch überlegt«, sagte der ehemalige Offizier. »Ich wollte ein wenig Luft schnappen und machte einen kleinen Spaziergang ums Haus. Mein Adjutant begleitete mich. Meine Augen waren wachsam. Jemand hat die Lavier verfolgt. Zwei Männer saßen vier Häuser entfernt in einem Wagen; das Automobil war mit einem Radio ausgestattet. Diese Männer gehörten nicht in unsere Straße. Das konnte man in ihren Gesichtern lesen und an der Art und Weise merken, wie sie mein Haus beobachteten.«
»Woher wissen Sie, daß die Lavier nicht mit diesen Männern gekommen ist?«
»Wir wohnen in einer ruhigen Straße. Als die Frau kam, saß ich im Wohnzimmer, trank Kaffee und hörte sie die Treppen herauflaufen. Als ich ans Fenster ging, sah ich gerade noch ein Taxi wegfahren. Sie kam in einem Taxi; man hat sie verfolgt.«
»Wann ist sie weggefahren?«
»Bis jetzt noch nicht. Und die Männer sind noch draußen.«
»Was für einen Wagen haben die Männer?«
»Einen grauen Citroën. Die ersten drei Buchstaben des Zulassungsschildes lauten NYR.«
»Vögel in der Luft, die einer Kontaktperson folgen. Woher kommen die Vögel?«
»Wie bitte? Was haben Sie gesagt?«
Jason schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht genau. Lassen Sie nur. Ich werde versuchen, dorthin zu kommen, ehe die Lavier wegfährt. Tun Sie, was in Ihrer Macht steht, um mir zu helfen. Unterbrechen Sie Ihre Frau. Sagen Sie ihr, Sie müßten sie ein paar Minuten sprechen. Bestehen Sie darauf, daß ihre >alte Freundin< bleibt; sagen Sie irgend etwas; sorgen Sie einfach dafür, daß sie das Haus nicht verläßt.«
»Ich werde mir Mühe geben.«
Bourne legte auf und sah Marie an, die am Fenster stand. »Es funktioniert. Sie mißtrauen einander bereits. Die Lavier ist nach Parc Monceau gefahren, und man hat sie verfolgt. Sie fangen an, Argwohn gegen ihre eigenen Leute zu empfinden.«
»Vögel in der Luft«, sagte Marie. »Was hat das für eine Bedeutung?«
»Ich weiß nicht; es ist nicht wichtig. Wir haben keine Zeit zu verlieren.«
»Ich glaube schon, daß es wichtig ist, Jason.«
»Jetzt nicht«, erwiderte Jason bestimmt und trat an den Sessel, auf den er seinen Mantel und den Hut gelegt hafte. Er zog sich schnell an und ging zu dem Sekretär, zog die Schublade auf und entnahm ihr die Pistole. Er sah sie einen Augenblick an, erinnerte sich. Vor seinen Augen tauchte die Vergangenheit auf. Zürich. Die Bahnhofstraße und das >Carillon du Lac<; das >Drei Alpenhäuser< und die Löwenstraße, eine schmutzige Pension an der Brauerstraße. Die Pistole erschien ihm jetzt als Symbol. Damals in Zürich hätte sie fast sein Leben beendet.
Aber dies war schließlich Paris. Und in Zürich hatte es einmal begonnen.
Du mußt Carlos finden. Carlos in die Falle locken. Cain ist für Charlie und Delta ist für Cain.
Falsch! Verdammt, falsch!
Du
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