Die Bourne-Identität
den kanadischen Rohstoffen oder irgendwelchen anderen Märkten erkaufen wollen. Aber man sieht, wer mit wem in der Bar sitzt, wer mit wem zu Abend ißt. Manchmal hilft einem auch der pure Zufall, wenn zum Beispiel ein Delegierter aus, sagen wir, Rom - von dem man weiß, daß der Fiat-Chef Agnelli ihn bezahlt - auf einen zukommt und fragt, wie ernst es Ottawa mit seinen Deklarationsgesetzen nimmt.«
»Ich glaube, das verstehe ich noch nicht ganz.«
»Du solltest das eigentlich. Dein eigenes Land ist in diesem Punkt sehr empfindlich. Wer besetzt was? Wie viele amerikanische Banken werden von OPEC-Geldern kontrolliert? Wie groß ist der Anteil der Industrie, der sich im Besitz europäischer und japanischer Konsortien befindet? In Kanada sind Hunderttausende von Hektar Land mit Kapital erworben worden, das aus England, Italien und Frankreich abgezogen worden ist. Darüber machen wir uns große Sorgen.«
»Tun wir das?«
Marie lachte. »Natürlich. Nichts macht einen Menschen patriotischer als die Vorstellung, daß sein Land sich im Besitze von Ausländern befindet. Er kann sich nach einiger Zeit daran gewöhnen, einen Krieg verloren zu haben - das bedeutet nur, daß der Feind stärker war -, aber die eigene Wirtschaft zu verlieren, bedeutet, daß der Feind klüger war.«
»Du hast viel über diese Dinge nachgedacht, nicht wahr?«
Einen kurzen Augenblick lang blickten Maries Augen ernst, und dann antwortete sie mit fester Stimme: »Ja, das habe ich. Ich glaube, diese Dinge sind wichtig.«
»Hast du in Zürich etwas erfahren können?«
»Nichts Aufregendes«, sagte sie. »Geld kursiert überall. Mächtige Finanzgruppen suchen ständig nach neuen Anlagemöglichkeiten.«
»In dem Telegramm von Peter stand, deine Tagesberichte wären ausgezeichnet. Was meinte er damit?«
»Ich habe in Zürich gewisse Personen kennengelernt, von denen ich annehme, daß sie Kanadier als Strohmänner benutzen, um kanadischen Besitz aufzukaufen. Ich versuche nicht, dir etwas vorzuenthalten, ich glaube nur, daß die Namen dir nichts sagen werden.«
»Ich versuche nicht, mich in etwas einzumischen, was mich nichts angeht«, entgegnete Jason, »aber ich glaube, du siehst in mir ebenfalls einen Mann, der womöglich in seiner Vergangenheit einen einflußreichen Posten irgendwo in der Wirtschaft gehabt hat.«
»Ich schließe das nicht aus. Du könntest für ein Unternehmen gearbeitet haben, das alle möglichen illegalen Kaufmöglichkeiten sucht. Ich könnte das unauffällig überprüfen lassen, aber ich möchte das telefonisch veranlassen, nicht per Telegramm.«
»Jetzt werde ich neugierig. Was meinst du genau?«
»Sollte es in irgendeinem multinationalen Konzern eine Gesellschaft mit dem Namen Treadstone Seventy-One geben, werde ich Mittel und Wege finden, um herauszubekommen, um welche Firma es sich handelt. Ich möchte Peter von einer öffentlichen Telefonzelle in Paris anrufen. Ich werde ihm sagen, daß ich in Zürich auf den Namen Treadstone Seventy-One gestoßen bin, und ihn bitten, eine vertrauliche Untersuchung durchzuführen.«
»Und wenn er etwas findet?«
»Wenn tatsächlich eine Firma Treadstone Seventy-One existiert, wird er Näheres über sie erfahren.«
»Dann nehme ich mit den autorisierten Direktoren< Verbindung auf.«
»Sehr vorsichtig«, fügte Marie hinzu. »Über Mittelsmänner. Über mich, wenn du willst.«
»Warum nicht direkt?«
»Sie - wer auch immer das sein mag - haben fast sechs Monate lang nicht versucht, dich zu erreichen.«
»Das weißt du noch nicht; ich ebensowenig.«
»Die Bank weiß es. Millionen von Dollar liegen unangetastet auf dem Konto, ohne daß jemand sich darum kümmert, und niemand hat sich die Mühe gemacht, die Gründe dafür herauszufinden. Das ist es, was ich nicht verstehen kann. Es ist gerade so, als hätte man dich aufgegeben. Dort ist vielleicht der Fehler begangen worden.«
Bourne lehnte sich im Sessel zurück. Als er auf seine bandagierte linke Hand blickte, fiel ihm die Waffe ein, die ein paarmal hintereinander in einem dahinrasenden Wagen in der Steppdeckstraße auf die Hand niedergesaust war.
»Vielleicht denken die Direktoren von Treadstone«, überlegte Marie weiter, »daß du sie in illegale Transaktionen hineingezogen hast - mit kriminellen Elementen -, die sie Millionen mehr kosten können und womöglich die Enteignung ganzer Firmen zur Folge haben. Oder sie vermuten, daß du dich einem internationalen Verbrechersyndikat angeschlossen hast, vielleicht ohne es zu
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