Die Braut aus den Highlands
und überzeugt. Merry runzelte die Stirn. Es fiel ihr schwer zu glauben, dass es sich bei dieser gütigen, wohlmeinenden Dame, die immer freundlich zu ihr gewesen war und ihr das Gefühl gegeben hatte, auf dâAumesbery willkommen zu sein, um denselben Menschen handeln sollte, den diese beiden Frauen erlebt hatten.
âIch sehe, dass das Gesagte Eurer eigenen Erfahrung mit Edda widersprichtâ, sagte Evelinde betrübt. âAber könntet Ihr einstweilen nicht der Vorsicht den Vorrang geben? Um Alexâ willen?â
â Aye â, willigte Merry ein. Sie würde bereitwillig nicht nur einstweilen der Vorsicht den Vorrang geben, wenn ihr Gemahl dadurch am Leben blieb. Ihre Gefühle für Alex wuchsen stetig seit jener Nacht vor der Reise. Es war nicht nur der Umstand, dass er kein Trinker war. Sie hatten auch viel geredet, vor allem während des Ritts, aber auch beim Rasten, und sie war zu dem Schluss gekommen, dass sie den Mann mochte, den sie geheiratet hatte. Und obendrein konnte sie sich auch über das Geschehen im Ehebett nicht beschweren. Allmählich glaubte sie gar, dass sie mit Alex so glücklich werden konnte, wie Evelinde es mit Cullen war, und das war wahrlich nicht gering zu schätzen. An jenem Tag ihrer Ankunft auf dâAumesbery war sie überzeugt gewesen, in der Hölle gelandet zu sein, und nun zeichnete sich vage eine Zukunft ab, die dem Himmel weit näher kam.
Vorausgesetzt, ihr Gemahl erwiderte ihre Gefühle, schoss es Merry durch den Kopf, und düster dachte sie, dass die Zukunft nicht ganz so rosig sein mochte, wenn er anders fühlte. Es wäre in der Tat schmerzhaft, jemanden zu lieben, der diese Liebe nicht erwiderte, doch immerhin schien er sie zu mögen, zeigte sich immer höflich und zuvorkommend, und mit der Zeit, so hoffte sie, mochte daraus Liebe werden.
Merrys derzeitige Sorge galt aber vielmehr der Tatsache, dass jemand ihm etwas einflöÃte und ihm nach dem Leben trachtete. Einerseits fürchtete sie, Alex zu verlieren, ehe sie dasselbe Glück miteinander teilen konnten, das Evelinde und Cullen gefunden hatten; doch andererseits ängstigte sie sich auch davor, dass Alex Gerhards Anschuldigungen Glauben schenken und argwöhnen könnte, dass tatsächlich sie die Schuldige sei. Liebe stellte sich nicht ohne Vertrauen ein, und sie wollte beides.
âWas schlagt Ihr vor?â, fragte sie ruhig, entschlossen, alles zu tun, um Alexâ Vertrauen und Liebe zu erlangen.
âVielleicht seid Ihr vorerst einfach vorsichtig und schlagt Alex bei Eurer Rückkehr nach dâAumesbery vor, Edda fortzuschicken.â
Merry bedachte diesen Ratschlag finster. Ja, sie war bereit, es zu tun, um sich das Vertrauen ihres Mannes zu erwerben, doch zugleich war sie nicht glücklich mit der Aussicht, die Frau zu kränken, die so gut zu ihr gewesen war.
âNicht für immer, meine ichâ, wandte Evelinde rasch ein, als sie ihren Widerwillen sah. âSchlieÃlich könnte es ja tatsächlich sein, dass sie sich gewandelt hat.â
So offenkundig war der Zweifel in Evelindes Stimme, dass Merry ein Glucksen nicht unterdrücken konnte.
Die blonde Frau verzog das Gesicht. âVielleicht könntet Ihr Alex nahelegen, Edda ihre Schwester besuchen zu lassen.â
âSie hat eine Schwester?â Das überraschte Merry.
â Aye , Lady Helen. Sie hat vor etwa zwanzig Jahren Lord Alfred Duquet geehelicht, lange bevor Edda und mein Vater verheiratet wurdenâ, erzählte Evelinde und runzelte die Stirn. âIch glaube nicht, dass die beiden Schwestern gut miteinander auskommen. Zumindest ist Lady Duquet nie nach dâAumesbery gekommen, und auch Edda hat stets von einem Besuch abgesehen. Ehrlich gesagt hat Edda, seit ich sie kenne, nie irgendwen besucht. Vermutlich hat sie keine Freunde. Ich habe es immer auf ihr unerquickliches Benehmen geschobenâ, fügte sie trocken an.
Merry murmelte zustimmend, war in Gedanken aber mit der Frage beschäftigt, warum Edda nie ihre Schwester erwähnt hatte. Sie hatten in den Wochen, ehe die Abreise sie getrennt hatte, viel Zeit miteinander verbracht, und Edda hatte ihr ausführlich von ihrer Kindheit und ihrem Leben bei Hofe erzählt, dabei aber nie von Geschwistern gesprochen. Merkwürdig, dachte sie bei sich, maà der Sache aber keine allzu groÃe Bedeutung bei. Aus dem zu schlieÃen, was Evelinde gerade berichtet hatte, standen sich
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