Die Braut aus den Highlands
schale Ausdünstung.
Er zog eine Grimasse, riss sich die Kleidung vom Leib und warf sie über das Fußende des Bettes. Am Wasserbecken auf dem kleinen Tisch neben dem Fenster wusch er sich rasch, ehe er aus einer der beiden Truhen, die seine Habe bargen, eine saubere Tunika hervorzog. Als er schließlich zufrieden mit seiner Erscheinung war, verließ er das Gemach und nahm eilig die Treppe nach unten.
Eigentlich hatte Alex sofort hinausstürmen und seine Verlobte im Burghof stellen wollen, doch auf der letzten Stufe verharrte er unwillkürlich und starrte die Männer an, die um die Tafel saßen. Es waren knapp ein Dutzend, und ein jeder trug einen Plaid, die über die Schulter geschlagene Decke der Schotten. Zudem wirkten alle, als könne ihnen ein ausgiebiges Bad nicht schaden. Das mussten die Brüder und der Vater seiner Braut mitsamt den Kriegern sein, mit denen sie sich für diese Reise umgeben hatten. Es schien ihm, als hätten sie sich gleich morgens nach ihrer Ankunft an diesen Tisch gesetzt und seitdem nicht mehr gerührt, außer um ihre Humpen zu heben. Sie waren ganz offensichtlich betrunken und lärmten ausgelassen.
Alex runzelte unmutig die Stirn und wandte sich dem Portal zu, hatte jedoch kaum einen Schritt getan, als die Burschen ihn auch schon erblickten. „Heda! Kommt, Junge, setzt Euch kurz zu uns und plaudert ein wenig mit Eurer neuen Sippschaft.“
Ungehalten sog er die Luft ein. Er war so dicht davor gewesen, unbemerkt zu entkommen. Widerwillig schritt er auf die Tafel zu, wobei er sich schon eine Ausflucht zurechtlegte – er sei auf der Suche nach seiner Verlobten, und sie müssten ihn daher leider entschuldigen. Ehe er jedoch auch nur ein Wort sagen konnte, ja ehe er sie überhaupt erreicht hatte, verkündete bereits der Älteste der Truppe, Eachann Stewart, wie er annahm: „Welch glückliche Fügung, dass ich Euch sprechen kann, bevor Merry es tut.“
„So? Weshalb?“, fragte Alex vorsichtig, als der andere schwieg. Eachann Stewart wirkte, als blicke er auf knapp sechzig Winter zurück. Sein Bauch war deutlich ausladender als seine Schultern, und ein Wirrwarr an grauem Haar entspross einem seltsam massigen Kopf, dessen Gesicht vom Alkohol gerötet war und aus kleinen, schielenden Augen, schmalen Lippen und einer Knollennase bestand. Es war unübersehbar, dass er dem Trank schon ausgiebig gefrönt hatte. Er sprach mit schwerer Zunge und schwankte wie ein Rohr im Wind auf dem größeren der beiden Stühle, den einzigen überhaupt an der Tafel. Sie waren Herrn und Herrin vorbehalten, die übrigen Tafelnden benutzten die Bänke, die um die Tische standen. Der Kerl, den er für Eachann Stewart hielt, hatte also den Platz besetzt, der seit seiner Rückkehr aus Akkon eigentlich ihm, Alex, gebührte. Eine jüngere Ausgabe des Mannes hockte auf dem anderen Stuhl.
„Tja, wisst Ihr, mein Junge“, setzte Eachann Stewart erneut an, und Alex’ Blick wanderte zurück zu dessen Augen. „Als wir hörten, dass Ihr zurück seid, beschlossen wir, Euch den Weg in den Norden zu ersparen und stattdessen unsere Merry zu Euch zu bringen. Aber wir fürchteten, dass sie damit nicht ganz einverstanden sein würde. Sie hätte sicher erwartet, dass Ihr die weitere Reise nach Norden auf Euch nehmt, um sie zu holen, wie es sich gehört. Also haben wir sie ein wenig angeflunkert.“
Alex hob fragend die Brauen.
„Wir sagten Merry, dass Ihr nach ihr geschickt hättet“, erklärte er. „Wir wussten natürlich, dass dies in Eurem Sinne sein würde“, fügte er verschmitzt hinzu. „Schließlich wird es höchste Zeit, dass ihr beiden heiratet, und Ihr wollt doch sicher nicht, dass irgendwer denkt, Ihr würdet Euch Eurer Verpflichtung entziehen wollen.“
Alex schaffte es so eben, trotz des Vorwurfs in den Worten des Mannes nicht zusammenzuzucken.
„Es ist nur verständlich, falls Ihr dies versucht haben solltet“, fuhr der Mann leutselig fort. „Wahrscheinlich wisst Ihr, dass man Merry auch den Stewart-Drachen nennt. Der Name allein genügt wohl, einem Mann Angst und Bange zu machen bei dem Gedanken daran, sie heiraten zu müssen. Aber so schlimm, wie es sich anhört, ist sie nicht.“
Alex stand stocksteif da. Er kannte ihren Beinamen, ja, hätte aber nie erwartet, ihn aus dem Munde ihres eigenen Vaters zu vernehmen.
„Es ist unsere Schuld, dass sie so genannt wird“, sagte Eachann eine Spur bedauernd.
„ Aye “, bekräftigte der Jüngling auf dem anderen Stuhl. Er sah seinem Vater sehr ähnlich,
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