Die Braut aus den Highlands
wenn Ihr mögt.“
Zu jedem anderen Zeitpunkt hätte Merry darauf bestanden, sich selbst ihrer Stute anzunehmen, doch die milde Ermahnung und ihre Wirkung auf sie waren noch zu frisch, weshalb sie Alex gewähren ließ. Also setzte sie ihren Weg zum Ufer fort und begann sich zu entkleiden. Sie zog sich das Gewand über den Kopf und breitete es auf einem ufernahen Findling aus, hielt dann jedoch inne und warf ihrem Gemahl einen verstohlenen Blick zu. Als sie sah, dass er ihr den Rücken zuwandte und mit den Pferden beschäftigt war, streifte sie sich hastig auch das Unterkleid ab, warf es über das Gewand und watete flink ins Wasser.
In ihrer Eile unterzutauchen, ehe Alex sich umdrehte, schritt Merry schnell aus, ohne Acht zu geben, wohin sie trat. So kam sie jäh zum Stehen, als sie sich Zehen und Schienbein an einem großen Stein am Grund stieß.
Sie merkte erst, dass sie aufgeschrien hatte, als sie hörte, wie Alex ihr etwas zurief. Sie fuhr herum und sah ihn aufs Ufer zueilen. Als ihr aufging, dass sie so nackt war wie am Tage ihrer Geburt, ließ sie sich in die Fluten sinken, um sich in ihrer Blöße zu verbergen.
„Nichts passiert, mir geht es gut“, keuchte sie, weil das eiskalte Nass ihr den Atem nahm.
„Habt Ihr Euch auch wirklich nichts getan?“, fragte Alex. Er sah sie eindringlich an, blieb jedoch am Ufer stehen, anstatt sich, wie sie geglaubt hatte, in den Fluss zu stürzen.
„Nein“, log sie. „Es war nur die Kälte, die mich überrumpelt hat.“
Alex betrachtete sie argwöhnisch und wirkte keineswegs überzeugt, nickte aber schließlich und ging zurück zu den Pferden. „Ich bin fast fertig und werde Euch gleich folgen.“
Merry schnitt seinem Rücken eine Grimasse. Im Augenblick empfand sie die Worte mehr als Drohung denn als Versprechen. Sie seufzte in sich hinein und wandte sich vom Ufer ab dem tieferen Wasser zu, wobei sie ihre Füße nun vorsichtiger setzte. Sie war es nicht gewohnt, sich im Unrecht zu fühlen. In den vergangenen Jahren auf Stewart war stets sie die Weiseste und Klügste gewesen. Dass ihr Gemahl etwas an ihr auszusetzen fand, gefiel ihr nicht, auch wenn es ein so nichtiger Umstand wie ihr Unwillen war, Hilfe und Rat anzunehmen.
Sie schüttelte den Kopf über sich selbst und stieß leise seufzend den Atem aus, während ihr Körper sich an die Kälte gewöhnte. Einen Moment lang genoss sie einfach das Gefühl der Kühle auf ihrer Haut, ehe sie tief Luft holte und kopfüber untertauchte. Im Gegensatz zu ihrem Leib hatte ihr Haupt noch keine Kostprobe von der Eiseskälte erhalten, und als diese über ihr zusammenschlug, hätte Merry beinahe erneut geschrien, doch es gelang ihr noch so eben, die Lippen aufeinanderzupressen. Sie schwamm bis zum Grund und griff sich zwei Hand voll Sand, schlug noch einen Purzelbaum im Wasser und drängte an die Oberfläche zurück, wo sie befreit aufkeuchte und tief die Luft des frühen Abends einsog.
Nach ein paar Atemzügen und einem Blick in Alex’ Richtung, mit dem sie sich versicherte, dass er wieder bei den Pferden war, betrachtete Merry, was sie vom Boden des Flusses aufgesammelt hatte. Sie freute sich zu sehen, dass es körniger Sand war und kein Schlamm, der ihr nichts genützt hätte. Rasch wusch sie sich, indem sie sich damit über Arme und Brust rieb, gründlich rubbelte und sich so vom Staub des Reisetages befreite.
„Ich sehe, Ihr kennt die Seife von Mutter Natur.“ Alex’ anerkennende Bemerkung ließ Merry im Wasser herumfahren. Er stand nackt im Fluss, nur wenige Schritte entfernt, und kam näher.
„So hat auch meine Mutter es genannt“, erwiderte sie, wobei sie ihn wachsam beobachtete. „Sie hat mir gezeigt, wie man sich damit wäscht, als ich noch klein war und wir das erste Mal Kade besuchen ritten. Sie sagte, Sand sei ebenso gut wie die parfümierte Seife zu Hause, doch insgeheim, glaube ich, hat sie den Sand sogar vorgezogen.“
Alex nickte und ging weiter, bis er sie berühren konnte. Er nahm ihre Hand und zog sie durchs Wasser zu sich heran. „Schaut mich nicht so wütend an. Ich fühle mich ja schon jetzt wie ein Ungeheuer, weil ich Euch getadelt habe“, murmelte er.
Es erstaunte Merry, dass er seine Worte von vorhin als Tadel bezeichnete. Es hatte sich nicht wie die Art von Tadel angehört, die sie selbst für gewöhnlich verteilte. Allerdings, musste sie einräumen, hatte sich seine Ermahnung, obwohl sie keinerlei Spitze gehabt hatte, tatsächlich wie eine Rüge angefühlt. Sie fragte sich, ob sie
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