Die Braut aus den Highlands
Laird gegeben, doch in Wahrheit war er es nur dem Namen nach. Die Bediensteten und Recken kamen mit ihren Sorgen und Fragen stets zu meiner Mutter oder mir.“
„Sie kamen zu Euch, selbst als sie noch lebte?“, hakte er nach. „Ihr habt ihr damals schon unter die Arme gegriffen?“
Merry schwieg einen Moment und nickte dann langsam. „Mutter war lange krank, ehe sie starb. Sie tat, was sie konnte, doch zum Ende hin war sie oft zu matt und schwach. Ihr Kopf war jedoch immer klar, und so sagte sie mir, was zu tun sei, und ich tat es für sie.“
„Also habt Ihr im Grunde nie jemanden gehabt, auf den Ihr Euch stützen konntet, richtig?“
„Ich hatte meine Mutter“, fuhr Merry auf.
„Aber sie war siech, und Ihr habt ihr geholfen statt umgekehrt“, stellte er mit sanfter Stimme fest.
Merry blickte finster. „Aber sie war nicht immer krank. Als ich noch klein war, war sie gesund und wohlauf. Und es war ja nicht ihre Schuld, dass sie leidend wurde. Sie hat ihr Bestes gegeben.“
„Natürlich, aber …“
„Außerdem gab es ja noch Kade“, fiel Merry ihm ins Wort.
Das ließ Alex verstummen. Sie sah ihm an, dass ihm der Name etwas sagte, er ihn aber nicht so recht einordnen konnte. „Kade ist der älteste meiner drei Brüder“, erklärte sie. „Und der Beste von ihnen.“
„Ja, jetzt entsinne ich mich“, murmelte Alex. Seine Miene hellte sich auf, als sein Gedächtnis die noch fehlenden Teile preisgab. „Er ist bei Eurem Onkel aufgewachsen, wenn ich mich recht erinnere.“
„ Aye , Mutter hat ihn noch als kleinen Jungen zu Onkel Simon geschickt. Ich habe immer den Verdacht gehegt, dass sie den Einfluss meines Vaters auf ihn fürchtete. Wenn ich sehe, was aus Brodie und Gawain geworden ist, nehme ich an, dass sie recht daran tat, ihn fortzugeben.“
Alex nickte. „Ist er älter als ich?“
Merry dachte kurz nach. „ Aye “, erwiderte sie schließlich. „Zwei Jahre, glaube ich. Brodie kam zwei Jahre nach ihm, und Gawain folgte wiederum zwei Jahre nach Brodie. Danach wurde ich geboren.“
„Brodie und ich, wir waren beide fünf, als Ihr zur Welt kamt und unsere Väter den Ehevertrag schlossen“, erzählte Alex. „Hat sich Kade nicht schon vor mir den Kreuzrittern angeschlossen?“
„ Aye . Vor sechs Jahren, kurz bevor Mutter starb“, entgegnete Merry widerstrebend.
Das Schweigen, das folgte, war voller unausgesprochener Worte, doch Merry ermunterte ihn nicht dazu, sie zu sagen. Sechs Jahre war es nun her, dass Kade in die Ferne gezogen war, um im nie enden wollenden Krieg gegen die Heiden zu kämpfen. Noch schwerer wog jedoch, dass sie das letzte Mal vor fünf Jahren von ihm Nachricht erhalten hatte. Sie fürchtete, er könne tot sein, doch ehe nicht einer seiner Gefährten ihr dies persönlich mitteilte, würde sie an dem Glauben festhalten, dass er am Leben war. Sie konnte nicht anders. Er war ihr von den Brüdern der liebste. Gemeinsam mit ihrer Mutter hatte sie mindestens einmal im Jahr den langen Weg zu Onkel Simon auf sich genommen, und Kade war jedes Jahr für eine Woche nach Hause gekommen. Während dieser Besuche war er immer freundlich und hilfsbereit gewesen, und sie hatten einander oft Botschaften geschickt.
Ihr Vater, Brodie und Gawain waren ihr aufgrund ihres Lasters, der Trunksucht, stets liederlich und töricht vorgekommen, und ihre Mutter war zwar liebreizend und klug gewesen, aber durch die Krankheit geschwächt. Somit war Kade immer der Leitstern der Familie gewesen – stark, gescheit und nüchtern. Merry hatte zu ihm aufgesehen und ihn bewundert, und als ihre Mutter starb, hatte sie von ganzem Herzen gewünscht und gebetet, er möge nach Hause kommen und die Bürde auf sich nehmen, die es bedeutete, zugleich Vater und Brüder zu hüten und Stewart zu führen. Doch ihre Gebete waren nicht erhört worden, und tief in ihr saß die Furcht, der Grund dafür könne sein, dass ihr Bruder gar nicht mehr am Leben war.
„Er kann immer noch zurückkehren.“
Alex’ Stimme war sanft. Merry blickte auf und spürte erst jetzt, dass ihr Tränen im Gesicht standen. Peinlich berührt von diesem Zeichen der Schwäche hob sie die Hand, um sie fortzuwischen, doch Alex kam ihr zuvor, strich ihre Hand beiseite und trocknete ihr die Augen. Danach hob er ihr Kinn und küsste sie.
Einen Moment lang gab sich Merry regungslos der zarten Berührung seiner Lippen hin, schlug jedoch die Augen wieder auf, als er den Kopf hob. Ehe sie noch einen Blick auf seine Miene erhaschen konnte, zog
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