Die Braut der Bestie (German Edition)
sich auf den Stuhl neben dem Bett und schaute auf ihre Hände, die sie in ihrem Schoß verschränkt hatte. Was mochte der alte Graf von ihr wollen?
„Ich freue mich, dass ich dich noch einmal sehen darf, ehe ich sterbe“, begann er und Gisela schaute ihn erstaunt an.
Sie wusste nicht, was sie darauf antworten sollte. Erwartete er überhaupt eine Antwort? Was sagte man zu einem Mann, der im Sterben lag?
„Es ist viel Zeit vergangen, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben. Du bist erwachsener geworden, und wenn ich das sagen darf, noch schöner.“
„Ich ... Danke“, murmelte sie errötend.
Er lachte.
„Und du errötest noch immer wie ein junges Mädchen.“
Eine Weile herrschte Schweigen und sie fragte sich, warum er sie hatte sprechen wollen. Sie rutschte unbehaglich auf dem Stuhl herum und wünschte sich, sie könnte wieder zurück nach Rabenfeld zu ihrem Bruder und Ylfa. Die letzten drei Jahre war es ihr sehr gut ergangen. Wenngleich das für alle offen sichtbare Glück ihres Bruders und Ylfa sie ein wenig traurig gestimmt hatte. Wie schön musste es sein, jemanden zu haben, den man wirklich liebte und der einen zurückliebte. Sicher, die beiden hatten auch ihre Streitigkeiten und Missverständnisse, doch die waren meist schnell wieder bereinigt und Gisela wusste, dass ihr Bruder alles für seine Frau und seine Kinder tun würde. Immer wieder fragte sie sich, ob es mit Brice auch so geworden wäre. Doch all das Grübeln nutzte nichts. Sie war die Frau von Alberic. Die Bestie von Trugstein hatte sie drei Jahre in Ruhe gelassen, doch nun? Was hatte er nun mit ihr vor? Sein Blick vorhin hatte ihr Angst gemacht, aber auch eine seltsame Unruhe in ihr ausgelöst.
„Du bist nicht gern hier, nicht wahr, mein Kind?“, unterbrach der alte Graf ihre Gedanken.
„Doch, ich ...“, begann sie hilflos.
„Nein“, unterbrach er sie. „Lass uns ehrlich miteinander sein. Versprich mir, dass du mir gegenüber immer ehrlich bist. Ich verspreche dir im Gegenzug, dass du keine Konsequenzen dafür zu fürchten hast. In Ordnung?“
Er sah sie aus scharfen Augen an und sie nickte.
„Gut. Beginnen wir mit der Hochzeit vor drei Jahren. Hat mein Sohn dir wehgetan? Bist du deswegen abgereist?“
„Nein!“ Sie schüttelte den Kopf. „Er hat mir nicht ... Er verhielt sich sehr ... anständig. Ich ... ich bin nicht abgereist, vielmehr hat dein Sohn ... Er sandte mich zurück.“
Der alte Mann nickte.
„Hat er dir gesagt, warum?“
Sie schüttelte den Kopf.
„Hast du eine Ahnung, warum du wieder hier bist?“, fragte der alte Graf.
„Dein Sohn ließ nach mir schicken, doch ich weiß nicht, warum.“
„
Ich
habe deine Rückkehr angeordnet“, erklärte der Graf. „Ich möchte, dass ihr beiden jungen Leute eure Verbindung ehrt, wie ihr vor Gott gelobt habt. Es ist nicht richtig, dass Mann und Weib getrennt leben. Mein Sohn braucht einen Erben.“
Gisela erbleichte und der Graf musterte sie stirnrunzelnd.
„Du fürchtest dich. Er hat dir doch wehgetan.“
„Nein, wirklich nicht. Es ist nur ...“
„Du findest es nicht erfreulich, bei deinem Gatten zu liegen“, stellte er fest. „Nun, das ergeht leider vielen Frauen so. Jedoch ist es deine gottgegebene Pflicht, deinem Mann zur Verfügung zu stehen, um einen Erben zu zeugen. Ich bin sicher, mein Sohn wird so viel Rücksicht auf dich nehmen, dass er dich nicht mehr belästigen wird, wenn es vollbracht ist.“
Gisela schluckte.
„Ich ... ich werde mich nicht vor meinen Pflichten drücken“, erwiderte sie schwach.
Der Graf nickte.
„Schön. Aber wenn mein Sohn sich dir gegenüber irgendwie grob verhalten sollte, dann scheu dich nicht, mich aufzusuchen. Ich werde dann mit ihm reden. Ich finde, ein Mann sollte seinem Weib immer mit Respekt begegnen, auch wenn gewisse Pflichten zu erfüllen sind.“
„Ähm, ... danke“, murmelte Gisela unbehaglich.
„Dann geh, meine Liebe, und erhol dich erst einmal ein wenig von der langen Reise.“
Gisela erhob sich, froh, die Unterredung endlich hinter sich gebracht zu haben.
„Danke“, sagte sie. „Das werde ich.“
Der Graf ergriff ihre Hand und schenkte ihr ein Lächeln.
„Du bist eine gute Frau. Ich würde mich freuen, wenn diese Ehe funktionieren würde. Gib meinem Sohn ein wenig Zeit und zeige dich verständnisvoll und zugänglich. Ich bin sicher, er wird schon noch erkennen, was für ein Juwel er da an seiner Seite hat.“
Gisela nickte nur, denn sie wusste nicht, was sie darauf antworten
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