Die Braut der Bestie (German Edition)
Moment saß der Schmerz noch so tief, dass es sie manchmal fast am Atmen zu hindern schien. Sie hatte so viele Tränen vergossen, dass sie sich jetzt vollkommen leer fühlte. Sie war dankbar, dass der Jarl keine weiteren Fragen gestellt hatte.
Das Tor öffnete sich und ihr Ochsenkarren passierte das Tor als Erstes, die Wikinger folgten ihr nach. Ihre Schwägerin kam die Treppe heruntergerannt und stieß einen Freudenschrei aus, als sie Gisela erblickte. Ehe sie es sich versehen konnte, wurde sie in eine heftige Umarmung gerissen.
„Du lebst! Ich bin vor Sorge fast verrückt geworden. Wo sind Fulk und dein Mann? Kommen sie nach? Geht es ihnen gut?“
Gisela starrte ihre Schwägerin aus weit aufgerissenen Augen an.
„Du wusstest von meiner Entführung?“
„Ja, dein Gatte kam hierher und bat Fulk um seine Unterstützung, dich zu retten. Sind sie denn nicht mit euch?“
Gisela schüttelte den Kopf.
„Oh“, machte Ylfa, dann zuckte sie mit den Schultern und schenkte Gisela ein warmes Lächeln. „Komm erst mal rein und erzähl mir alles.“
Dann fiel Ylfas Blick auf ihren Vater, der grinsend etwas abseitsstand, und sie riss sich von Gisela los, um sich dem Hünen in die ausgebreiteten Arme zu werfen.
„Du hier?“, rief sie lachend und weinend zugleich. „Du hast sie gerettet?“
„Ich konnte doch nicht zulassen, dass deiner kleinen Schwägerin ein Leid geschieht“, meinte der Jarl lachend.
„Kommt alle in die Halle. Es gibt reichlich Ale und was für eure Mägen wird sich auch auftreiben lassen“, rief Ylfa den Wikingern zu.
Die Männer jubelten und lachten, dann schnappte Ylfa sich Gisela und führte sie in die Halle. Sie setzten sich und die Mägde beeilten sich, die Gäste zu bewirten. Als alle versorgt waren, wandte sich Ylfa leise an Gisela.
„Möchtest du mit mir oben reden?“
Gisela nickte. Sie freute sich über ihre Rettung, doch hier in dieser lustigen Männerrunde fühlte sie sich fehl am Platz und es gab so vieles, was ihr auf der Seele drückte. Wenn es jemanden gab, mit dem sie sprechen würde, dann war es Ylfa.
Sie erhoben sich und Gisela folgte ihrer Schwägerin die Treppe hinauf zu ihrem alten Gemach. Ylfa schloss die Tür hinter ihnen und setzte sich auf das Bett, Gisela auffordernd ansehend.
„Sprich“, sagte Ylfa. „Was ist passiert, dass du so miserabel aussiehst? Es ist nicht die Entführung. So viel steht fest.“
Gisela stockte. Plötzlich war sie sich nicht mehr sicher, ob sie von ihrem Problem mit Alberic erzählen wollte. Was sollte es nutzen? Auch Ylfa würde die Tatsachen nicht ändern können und Giselas Entschluss, in ein Kloster zu gehen, stand ohnehin fest. Dort würde sie Zeit haben, ihre Wunden zu lecken.
„Ja, du hast recht“, antwortete sie schließlich tonlos. „Ich ... ich werde in ein Kloster gehen, Ylfa.“
„Was?“, kreischte Ylfa und sprang vom Bett auf, um Gisela bei den Armen zu packen.
Gisela wagte nicht, ihrer Schwägerin in die Augen zu sehen, so starrte sie auf ihre Füße. Auf der Überfahrt hierher hatte sie sich ihre Entscheidung hin und her überlegt und sie war sich schließlich so sicher gewesen. Doch jetzt, hier vor Ylfa, merkte sie, wie sie wankte. Alles in ihr wollte eine Chance auf Glück. Dieses Glück, welches ihr Bruder mit Ylfa hatte. Doch Gisela konnte nicht damit leben, dass der Mann, den sie liebte, seine Bedürfnisse bei einer anderen Frau stillte. Seine Enthüllung, er würde sie fesseln wollen und Dinge mit ihr anstellen, die kein Mann mit seiner Gattin anstellen sollte, hatte sie erschreckt. Doch sie war willens gewesen, es zu versuchen. Sie wollte diejenige sein, die alle seine Bedürfnisse stillte. Aber er hatte ihr mehr als deutlich gemacht, dass er sie für inadäquat hielt.
„Warum?“, fragte Ylfa bestürzt. „Warum willst du in ein Kloster? Was ist mit deinem Gatten? Ich dachte, es hätte alles gut funktioniert zwischen euch. Ich meine, du hast jede Nacht in seinem Bett verbracht und Fulk und ich dachten ...“
„Das dachte ich auch“, fuhr Gisela auf und riss sich los, um zum Fenster zu gehen und nach draußen zu starren. Sie hörte, wie Ylfa näher kam und dicht hinter ihr stehen blieb.
„Was ist vorgefallen?“, fragte Ylfa leise. „Hat er dir wehgetan? Männer sind manchmal ...“
„Nicht körperlich, wenn es das ist, was du meinst“, antwortete Gisela tonlos.
„Er hat dein Herz gebrochen“, stellte Ylfa mit wütender Stimme fest. „Ich muss mich in ihm getäuscht haben. Ich dachte, er
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