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Die Braut des Florentiners - TB 2006/2007

Titel: Die Braut des Florentiners - TB 2006/2007 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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kennt dich zwar nicht, aber er habe Geschichten über dich gehört von Leuten, die aus Florenz kamen. Er wollte dich kennenlernen.« Sie maß ihn mit einem beinahe spöttischen Blick. »Ich schätze, er hat so einen schartigen alten Burschen erwartet, wie er selber einer ist, und nicht so etwas wie dich.«
    Lorenzo war sprachlos. »Er hat sich nichts anmerken lassen. Er ist mit meinen Männern nach Florenz geritten; er war verletzt«, sagte er dann und verschwieg, dass sie sich im Unfrieden getrennt hatten. »Ich nehme an, er hat dort nicht viel Zeit verschwendet. Mein Herr hat bestimmt eine Gruppe ausgerüstet, die jetzt schon wieder auf dem Weg hierher ist.«
    Ihre Brauen zogen sich zusammen. »Das kann ich nicht akzeptieren.«
    »Keine Sorge, es wird keinen Angriff geben, bei dem Sie in Gefahr kommen könnten. Wir werden vorher weg sein.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Du hast mich nicht verstanden. Ich lasse mich nicht von hier wegschleppen.«
    Lorenzo spähte in die Dunkelheit unter dem Blätterdach hinauf. Er dachte, Donner gehört zu haben. Auf dem Weg hatte er Gesprächsfetzen aufgeschnappt, die Schwester Magdalena und ein paar Dörfler ausgetauscht hatten; es war um diese Art von Nebel gegangen, der nun schon den zweiten Tag über dem Land lag und versprach, irgendwann ein Unwetter zusammenzubrauen. Kam es jetzt? Lorenzo verdrehte die Augen bei der Aussicht, eine Nacht im Freien zu verbringen, während sich ein Gewitter über dem Lagerplatz austobte. Wahrscheinlich würde eine Prügelei um die trockenen Plätze im Inneren des Trosswagens ausbrechen.
    »Ich werde Sie nicht wegschleppen«, sagte er zerstreut. »Ich besorge Ihnen sogar ein eigenes Pferd, sobald wir in Sicherheit sind.«
    »Ich gehe hier nicht weg«, sagte sie.
    Lorenzo blinzelte. Der Donner war lauter geworden. Er rollte förmlich heran.
    »Sie gehen hier nicht weg?« , fragte er und erkannte, wie dumm er sich anhörte.
    »Was soll ich in Florenz bei Ser Domenico Bianchi junior?« Lorenzo hatte den Namen seines jungen Herrn noch nie mit einer derartigen Verachtung gehört, und dabei rief der Erbe des Hauses Bianchi in der Regel bei jedem zweiten Menschen, mit dem er sprach, Verachtung hervor. »Ser Domenico ist ein Junge! Was soll ich mit einem Jungen? Er ist ein Schlappschwanz, so wie alle meine Brüder und mein Vater. Den ganzen Tag: Geld, Geld, Geld! Wo kann man was so billig wie möglich einkaufen, um es anderswo so teuer wie möglich loszuwerden? Welches Bankhaus im Deutschen Reich gibt Kredite zu niedrigen Zinsen, und welcher Konkurrent ist gerade in Geldnot, sodass er diesen Kredit zu viel höheren Zinsen übernimmt? Und mit so einem soll ich leben? Was soll ich tun? Den ganzen Tag meine Haare bleichen, weil in Florenz blond der letzte Schrei ist? Überwachen, dass auch die richtigen Perlen auf meine Schuhriemen genäht werden? Ausprobieren, ob helles oder dunkles Rot sich besser auf meinen Wangen macht? Das akzeptiere ich nicht!«
    Lorenzo lachte. »Einen Augenblick dachte ich, Sie meinen es ernst, Monna Clarice. Tatsächlich gibt es nichts Schlimmeres als das Leben auf der Straße. Warten Sie erst mal ab, bis das erste Unwetter Sie völlig durchnässt hat und Sie tagelang keine Möglichkeit haben, Ihre Sachen zu trocknen.« Er deutete nach oben, wo der Donner nun so laut rollte, dass man ihn auch drüben beim Feuer über das Prasseln der Scheite hören musste. »Hören Sie?«
    »Wir würden nicht auf der Straße leben«, zischte sie.
    Lorenzo starrte in die Dunkelheit über ihren Köpfen. Etwas stimmte nicht. Etwas stimmte nicht mit dem Donner. Er konnte ihn nicht nur hören, sondern auch fühlen. Als er die Hand auf den Boden drückte, schien dieser zu zittern.
    »Wir werden ein kleines Haus haben. Ich werde die leichten Arbeiten selbst machen. Ich werde sie lernen. Wir haben nur uns beide – und später die Kinder. Niemand wird mich hinter vier Mauern sperren, weil es unschicklich ist, als Frau zu häufig aus dem Haus zu gehen. Ich werde ihm eine Partnerin sein und nicht nur sein Schmuck. Und nachts … hör zu, du … du Knecht!« Lorenzos Blick zuckte überrascht zu ihr, und was sie gesagt hatte, tröpfelte langsam in sein Bewusstsein, während er gleichzeitig hörte, was sie noch zu sagen hatte, und er vergaß für ein paar Momente, dass der Donner stetig grollte und stetig näher kam und der Boden immer mehr zu zittern schien, »… nachts schenken wir uns Lust, so oft wir wollen, und ich werde ihn zum Schreien bringen, so wie er

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