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Die Braut des Florentiners - TB 2006/2007

Titel: Die Braut des Florentiners - TB 2006/2007 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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Lorenzo sah sich um. Er glaubte, einen der Männer auf Wache zu sehen, der dort hinten zwischen den Bäumen seine Runde abschritt, aber das lag nur daran, dass er ungefähr wusste, wo die Runde verlief. Er seufzte. »Sie sind nur deswegen in Cortos Hände gefallen, weil der Geleitschutz, der sie nach Florenz hätte bringen sollen, zu spät am Treffpunkt auftauchte.«
    Sie betrachtete ihn schweigend. Es war kaum Licht vorhanden hier im Schatten des Trosswagens, doch es reichte Lorenzo aus, um sie zum ersten Mal genauer ansehen zu können. Sie war hübsch, wenn man ein herzförmiges Gesicht mit vollen Wangen, große Augen, ein zierliches Näschen, einen kleinen Mund mit akzentuiert geschwungenen Lippen und gekräuseltes Haar hübsch fand, das überall unter ihrer Kappe hervorlugte, als habe sie es gerade erst mühsam darunter zurückzustopfen versucht. Dass sich hinter dem reizenden Äußeren ein reizbares Wesen mit einer Giftzunge verbarg, war auf den ersten Blick nicht zu erkennen. Wenn sie erst in Florenz lebte, würde man ihre Schönheit preisen, ein paar vertrottelte Poeten würden Sonette zu dichten beginnen, und irgendeiner der bekannten Maler würde bei Ser Domenico junior vorsprechen und darum bitten, seine Gemahlin porträtieren zu dürfen, was den jungen Herrn so aufblasen würde, dass man ihn am Boden würde festbinden müssen, um ihn am Davonfliegen zu hindern. Lorenzo war von ihrem Aussehen unberührt; tatsächlich musste er blinzeln, weil sich plötzlich ein anderes Gesicht vor ihres zu schieben schien, eines, das von Schleier und Gebende der Schwesterntracht eingerahmt wurde und das einen Maler zum Porträtieren reizen würde, der die Schönheit von Entschlossenheit, Unbeugsamkeit und tatkräftigem Mitgefühl zu erkennen imstande war. Clarice wand sich unbehaglich unter seinem Blick; als sie das verrutschte Tuch in ihrem Dekolleté hastig zurechtstopfte, wurde ihm erst bewusst, wie zerzaust sie aussah.
    »Wenn es Sie interessiert: Antonio Bandini und ein weiterer seiner Männer haben überlebt. Ihre Magd hat leider den Tod gefunden – sie ist in ihrer Panik einen Felsvorsprung hinuntergefallen.«
    Ihre Lider zuckten. Sie räusperte sich.
    »Woher weißt du das?«, flüsterte sie. »Ich dachte, Corto hätte dich auf der Straße aufgelesen?«
    »Sagen wir mal, ich habe mich auflesen lassen.«
    »Wer bist du?«
    »Mein Name ist Lorenzo Ghirardi. Ihr künftiger Schwiegervater hatte mich ausgeschickt, um Sie nach Florenz zu geleiten. Wir sollten Sie von Antonio Bandini und seinen Männern übernehmen, aber wie gesagt …«
    Ihre Blicke huschten über sein Gesicht, um zu erkennen, ob er die Wahrheit sprach. Sie war so fassungslos, dass sie sogar ihre übliche Maske aus Unnahbarkeit und Herablassung vergaß. Lorenzo konnte förmlich den einzigen Gedanken sehen, der in ihrem Hirn aufblendete: Was hat dieser Verrückte vor?
    »Was hast du vor?«, fragte sie.
    »Ich hole Sie hier raus. Heute Nacht ist die Gelegenheit günstig. Ich habe Sie nicht eher angesprochen, weil ich bislang keine Chance für das Gelingen meines Planes sah.« Jedenfalls keine, bei der ich nicht einem Mann, den ich gerne zehn Jahre früher kennengelernt hätte, ein Messer zwischen die Rippen hätte jagen müssen. »Corto hat ein so enges Netz an Wachen eingeteilt, dass jeder von den Männern zweimal drankommt. Das gilt auch für mich. Wenn es so weit ist, gebe ich blinden Alarm; das wird nicht nur Cortos Männer, sondern auch die Dörfler aufwecken, und in der Panik, die dabei entsteht, flüchten wir beide. Mein Pferd ist schnell; der Vorsprung, den wir gewinnen, bis sich das Chaos hier gelegt haben wird, reicht uns allemal, und …«
    »Du willst was tun?«, unterbrach sie ihn.
    Lorenzo holte Atem. »Ich befreie Sie. Es ist nicht ohne Gefahr, aber ich habe berechtigte Hoffnung, dass …«
    Clarice hob die Hand. Sie musterte ihn erneut, diesmal mit einer Miene, aus der er Mitleid herausgelesen hätte, wenn es nicht so vollkommen unwahrscheinlich gewesen wäre, dass sie ausgerechnet jetzt und mit ihm Mitleid empfand.
    »Bist du wirklich Lorenzo Ghirardi?«
    »Ja. Wenn Sie einen Beweis brauchen … Ich habe hier von Ser Bianchi …«
    »Lass nur.« Über ihr Gesicht huschte ein kühles Lächeln. »Lorenzo Ghirard… Ser Bianchi hatte dich meinem Vater angekündigt. Das war der Grund, weshalb der alte Antonio Bandini schließlich zugesagt hat.«
    »Das verstehe ich nicht.«
    »Bandini hat die ganze Zeit über von dir geredet. Er sagte, er

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