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Die Braut des Florentiners - TB 2006/2007

Titel: Die Braut des Florentiners - TB 2006/2007 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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war und die dem einen der zwei überlebenden Angreifer die Fußsohlen rösteten, während T. G. immer wieder bellte: »Wo sind deine Kumpels, he? Wo sind deine Kumpels?«; und die andere, die den zweiten Gefangenen zwischen sich hin und her stieß und ihn mit Fußtritten traktierte, wenn er zu Boden fiel und sich nicht schnell genug aufrappelte.
    Aus dem Augenwinkel sah Bandini, dass Buonarotti von Pietro Trovatore festgehalten wurde. Buonarottis finsteres, platt geschlagenes Gesicht glühte vor Wut. Bandini biss die Zähne zusammen. Er drückte die verstümmelte Hand auf den Brustkorb des Gefallenen vor ihm und riss mit der anderen den nächsten Bolzen heraus. Der Körper des Mannes fühlte sich knochig an. Er tastete ihm über die Rippen und konnte jede einzelne davon fühlen. Der graubraune Kittel, die formlose Stoffkappe, die schwieligen Hände, die Zähne, die wie vereinzelte Grabsteine im aufgelassenen Kirchhof seines im Tod offen stehenden Mundes standen, das Netz von Falten um seine Augen herum … Bandini wurde sich plötzlich bewusst, dass der leere Blick des Toten direkt auf ihn gerichtet war. Er drückte ihm die Lider zu und starrte die hohlen Wangen und den dürren Hals des Mannes an. Als er erkannte, dass seine Hand ganz ohne sein Zutun in seiner Gürteltasche zu wühlen begonnen hatte, um zwei Münzen zu finden, die er dem Getöteten auf die geschlossenen Lider legen konnte, zuckte er zurück. Plötzlich fehlten ihm die Nerven, die restlichen unversehrten Bolzen aus dem Körper zu ziehen.
    Er stand so schnell auf, dass das Blut aus seinem Kopf wich und er einen Augenblick wie erstarrt dastand, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Dann schritt er über den Toten hinweg und auf die Gruppe um T. G. zu, der versuchte, den besinnungslos gewordenen Gefolterten mit heftigen Ohrfeigen aufzuwecken.
    »Hör auf damit«, sagte Bandini. »Und deine Freunde da drüben sollen auch aufhören. Wenn noch weitere von den Kerlen im Unterholz steckten, haben sie Fersengeld gegeben.«
    T. G. musterte Bandini über die Schulter. »Kann man nie wissen, Konsul.«
    »Das sind keine Banditen«, sagte Bandini. »Das sind Bauern, denen man die Pacht gekündigt hat oder deren letztes Stück Vieh gestorben ist oder deren Höfe geplündert worden sind und die keinen anderen Ausweg mehr sahen, als ihrerseits jemanden zu überfallen. Falls noch welche irgendwo versteckt waren, wissen sie jetzt, dass sie uns in Ruhe lassen sollten.«
    T. G. musterte ihn noch immer. Er hatte es nicht der Mühe für wert befunden, aufzustehen, um mit Bandini Auge in Auge zu sprechen. Der Gefolterte stöhnte.
    »Banditen«, sagte Bandini mit Betonung, »sind feige. Sie hätten nie zu zehnt eine schwer bewaffnete Gruppe von über einem Dutzend Männer angegriffen. Die hier sahen hingegen keine andere Wahl, und sie hatten auch keine Ahnung, wie man einen Überfall vorbereitet.« Er stieß mit dem Fuß gegen einen Spieß, dessen Spitze lediglich über dem Feuer gehärtetes, angeschärftes Holz war. »So, wie sie auch keine vernünftigen Waffen hatten.«
    »Sie kennen sich ja aus mit Banditen, Konsul.«
    »Nicht so gut wie du.«
    T. G. warf einen Blick in die Runde. Seine Augen funkelten. Plötzlich lachte er. »Deswegen haben Sie uns ja mitgenommen, nicht wahr? Weil wir so gut Bescheid wissen.« Er ließ den Mann, dessen Kragen er gepackt hatte, einfach los. Der Mann schlug mit dem Hinterkopf auf den Boden und stöhnte erneut. T. G. stand auf und gab ihm einen Fußtritt. »Heute ist dein Glückstag, Scheißkerl.« Er wischte sich mit der Hand über die Nase und putzte die Hand dann an seinem Wams ab. »He, Kardinal, hör auf damit!«, rief er schließlich zu den anderen Männern hinüber.
    Einer der Männer, der die Faust in die Haare des zweiten Gefangenen gekrallt hatte und diesen so aufrecht hielt, um ihm besser ins Gesicht schlagen zu können, hielt inne. »Warum?«
    T. G. schwieg einen Augenblick. »Weil der, den wir uns hier vorgenommen haben, um Gnade für seinen Kumpel gefleht hat. Sein Kumpel ist nämlich in Wahrheit sein Sohn, stell dir vor.«
    »Das ist kein Grund«, sagte der Kardinal. Die Männer lachten.
    Bandini stapfte zu ihnen hinüber. »Der Grund ist, dass ich gesagt habe, ihr sollt aufhören«, sagte er zwischen den Zähnen. Der Gefangene starrte ihn mit verdrehten Augen an. Auch er war mager und so schmutzig wie die anderen, doch man konnte sehen, dass er noch keine sechzehn Jahre alt sein konnte, ein Bursche, der vielleicht sogar

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