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Die Braut des Florentiners - TB 2006/2007

Titel: Die Braut des Florentiners - TB 2006/2007 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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abgegangen. Und wenn Sie sich beeilt hätten. So gesehen ist sie genauso ein Schwachkopf wie Sie, nur, dass sie schon dafür bezahlt hat.« Er sah wieder nach oben und zog eine Grimasse. »Wenn Sie hier runterspringen so wie sie, werden Sie sie sicher in dem Kreis der Hölle treffen, der für die Schwachköpfe reserviert ist.«
    »Sie kennen sich ja gut aus, wenn’s um Schwachköpfe geht«, sagte Lorenzo.
    Der Mann musterte ihn eine ganze Weile. Sein Gesicht – hager, voller Falten, die unter der senkrecht stehenden Sonne wie Gräben und Furchen wirkten – war unter der Bräune von der Farbe nassen Lehms und mit Schweißperlen übersät. Die Augenklappe bedeckte eine alte Narbe, die sich darunter hervor über die Stirn bis unter den Kopfverband zog und in der anderen Richtung über die halbe Wange. Er legte die Armbrust beiseite, und Lorenzo sah, dass sich an seiner linken Hand nur noch der Daumen befand, die Finger waren kurze, unterhalb des ersten Glieds endende Stummel.
    »Helft uns, sie hochzuschaffen«, sagte er und setzte sich hart auf einen Stein. »Wir haben genug geschuftet. Klettert an dem Seil runter, so sind wir auch hinabgestiegen.« Er wischte sich mit der verstümmelten Hand den Schweiß vom Gesicht und starrte angewidert in die feuchte Handfläche. »Ich bin Antonio Bandini, der Treckführer, der euch monna Clarice hätte übergeben sollen.«
    »Antonio Bandini?«, echote Franceschino, der Barbier. » Der Antonio Bandini?«
    »Wie viele gibt’s wohl, die so heißen?«, brummte Lorenzo.
    »Du lieber Gott«, sagte Franceschino.
    Lorenzo spähte über die Schulter hinunter auf den Grund des Abbruchs zu den drei Gestalten, die dort auf sie warteten. Er versuchte zu ergründen, ob er darüber erleichtert war, dass die Tote sich nicht als Clarice Tintori entpuppt hatte, aber tatsächlich war es ihm völlig unklar, was er empfand. Sein ganzes Wesen war eine hallende Anklage, und welche bösen Worte Niccolò auch immer in den Sinn kamen oder Ser Bianchi noch einfallen würden, keines davon war so schlimm wie die Schimpfworte, die Lorenzo selbst für sich fand.
    »Pass auf, die Wand ist brüchig«, sagte Lorenzo zu Franceschino. »Ich folge dir dichtauf. Bandini hat es geschafft, obwohl er angeschlagen ist, da wird es uns auch gelingen, heil hinunterzukommen.«
    »Bandini«, sagte Franceschino nicht ohne Ehrfurcht. »Weißt du, was man über ihn sagt, capitano ?«
    »Franceschino wird Bandini nach oben helfen; danach bringe ich die Tote rauf«, erklärte Lorenzo seinen Männern. »Bandinis Mann ist unverletzt, er kann sich selber helfen. Wenn wir ein zweites Tau hätten, könntet ihr uns sichern. Es ist nicht hoch, aber es reicht dafür, in die Hölle zu fahren, wenn man abstürzt.« In den Kreis, der für die Schwachköpfe reserviert ist. »Passt also auf, wenn wir über die Kante gehen, das ist am gefährlichsten.«
    »Es heißt, Bandini wäre der Einzige, der mit Konrad von Landau und der Schwarzen Schar fertig werden könnte«, bemerkte Franceschino.
    »Aber er tut es nicht, weil die Mütter sonst niemanden mehr haben, mit dem sie ihre Kinder ängstigen können«, sagte Lorenzo.
    »Er tut es nicht, weil der verfluchte Konrad es nicht wagt, Antonio Bandini im ehrlichen Kampf gegenüberzutreten.«
    »Na, so ein Pech«, sagte Lorenzo. »Gehst du jetzt, oder hat dein Lied über Antonio Bandini noch eine Strophe?«
    Franceschino packte das Tau und begann damit, rückwärts über die Kante zu steigen. Lorenzo wartete, bis Franceschino weit genug unten war, dass ihre wechselnden Griffe am Tau sie nicht gegenseitig aus dem Takt bringen würden, dann begann auch er mit dem Abstieg. Er fragte sich, ob er der Erste war, der aus freien Stücken und mithilfe eines Seils in die Hölle hinabstieg.

Kapitel 4.
    D er Kapitelsaal war das Herz der Klosteranlage; zusammen mit der Kirche bildete er den Mittelpunkt und zugleich die Achse des Kreuzes, das die sakralen Bauten der Anlagen beschrieben. In der Regel diente der Kapitelsaal Beratungen, die von hinreichender Wichtigkeit waren, dass die Gemeinschaft aller Schwestern darüber zu befinden hatte, oder den Einkleidungen der Novizinnen; die Klostergemeinschaft wählte dort die Äbtissin und tat so, als hätte ihre Entscheidung Einfluss darauf, wer im nahen Mönchskloster Abt würde und somit ihr oberster Vater.
    Magdalena trat in den Saal ein und versuchte, sich ihre stechenden Bauchschmerzen nicht anmerken zu lassen. Schwester Radegundis’ Worte hatten den Schmerz

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