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Die Braut des Florentiners - TB 2006/2007

Titel: Die Braut des Florentiners - TB 2006/2007 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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lange Pausen lagen. Abgesehen davon hätte er schon tot sein können. Buonarotti ließ seinen Kopf langsam zurücksinken und wischte sich dann die Hände im Gras ab. In Giulianos Gesicht lieferten sich unwillkürliches Mitleid und der Gedanke, dass hier einer der Männer lag, denen seine Kameraden zum Opfer gefallen waren, einen stummen Streit; Lorenzos Männer sahen reihum betroffen aus, Menschen, die einen schrecklichen Vorgang beobachteten, ohne eingreifen zu können. Bandinis Züge waren zu einer Grimasse verzerrt, aber das waren sie schon, seit seine Kopfverletzung ihn in die Knie gezwungen hatte. Rings um sie her sangen Grillen, sirrten die Zikaden, kroch und krabbelte und hüpfte Leben oder schwang sich durch die Luft.
    »Kürzen wir sein Leiden ab«, schlug Niccolò vor, der offenbar über Bandinis Zurechtweisung nachgedacht hatte. Als er die Blicke der anderen auf sich ruhen sah, ballte er eine Faust. »Er ist doch ohnehin schon an der Schwelle. Ein Schlag gegen den Kopf reicht wahrscheinlich.«
    »Immer voran, wackerer Mann«, sang Pietro Trovatore und verzog den Mund. Er trat beiseite und tat so, als wolle er Niccolò den Vortritt lassen. Niccolòs Augen wurden groß.
    »Das ist nicht meine Aufgabe«, sagte er. »Ghirardi ist der capitano .«
    Jemand zischte. Lorenzo gab den bohrenden Blick Bandinis zurück, der ihn die ganze Zeit über gemustert hatte.
    »Richtig«, sagte Lorenzo. »Ich bin der capitano .«
    Er legte Buonarotti eine Hand auf die Schulter. Buonarotti blickte auf und machte dann den Platz an der Seite des Verwundeten frei. Lorenzo schaute auf ihn hinab. Der Junge starrte ihn an. Einatmen – Pause – Ausatmen – lange Pause. Lorenzo erinnerte sich an die Fische, die er früher aus dem Bach geholt hatte, und wie sie manchmal, selbst wenn man ihnen mit dem Messergriff den Schädel zertrümmert hatte, noch minutenlang krampfhaft nach Luft schnappten, wenn das, was ein Fisch anstelle einer Seele hatte, längst in der Dunkelheit angekommen war, während der Körper sich noch gegen das Sterben wehrte. Er nahm den Griff seines Schwerts in die rechte Hand.
    »Um Gottes willen, capitano «, sagte Pietro. Lorenzo blickte nicht auf. Einatmen – Pause – Ausatmen. Der Wein, den sie dem jungen Mann hatten einflößen wollen, warf Bläschen auf seinen Lippen. Lorenzo drückte das Schwert beiseite, damit es ihn nicht behinderte, und kniete sich neben dem Mann auf den Boden.
    »Ego te absolvo« , sagte er. »Was immer du an Bösem getan hast in der Welt, wird bald ein höherer Richter wiegen. Welchen Weg du auch immer geschritten bist, du hast dich selbst dafür entschieden, denn der Mensch ist in seinen Entscheidungen frei. Vielleicht wärst du irgendwann umgekehrt, wenn du genug Zeit gehabt hättest. Du bist an der Schwelle; kein irdischer Richter hat mehr Gewalt über dich. Tröste dich damit, dass Gott der Herr gnädiger ist als wir Menschen und verstehen wird, warum du getan hast, was immer du tatest, weil er es auch war, der dir die Fähigkeit gegeben hat, frei darüber zu befinden. Was uns betrifft, wir vergeben dir.« Er machte das Kreuz über dem Sterbenden. »Was wir im Leben tun, findet sein Echo in der Ewigkeit.«
    Lorenzo zwang sich ein Lächeln ab und sah dem jungen Mann ins Gesicht. Die tränenglitzernden Augen starrten ihn unverwandt an. Nach einigen Augenblicken wurde Lorenzo klar, dass das krampfhafte Atemholen aufgehört hatte. Irgendwann zwischen dem Beginn seiner Rede und jetzt war der Junge gestorben, ohne erkennen zu lassen, dass auch nur ein Wort davon bei ihm angekommen war. Lorenzo öffnete seine Börse und suchte nach zwei kleinen Münzen. Eine Hand schob sich in sein Blickfeld und hielt ihm zwei Kupfer-Denari hin. Er sah auf. Antonio Bandini kniete auf der anderen Seite des Leichnams und begegnete seinem Blick mit zusammengebissenen Zähnen. Er machte eine auffordernde Geste. Lorenzo nahm die Münzen aus Bandinis Hand, drückte dem Toten sacht die Augen zu und legte die Münzen auf die geschlossenen Lider. Dann richtete er sich auf und musterte seine Männer. Sie gafften alle den jungen Mann an, als hätten sie noch nie einen Toten gesehen.
    »Sie haben ihn einfach zurückgelassen«, sprach Franceschino schließlich aus, was alle dachten. »Obwohl er noch nicht mal tot war.«
    »Entscheiden Sie selbst, ob Sie ihn mit Ihren Männern begraben wollen oder in einem eigenen Grab«, sagte Lorenzo zu Antonio Bandini. Er wandte sich ab und stiefelte zu seinem Pferd hinüber. Bandini

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