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Die Braut des Florentiners - TB 2006/2007

Titel: Die Braut des Florentiners - TB 2006/2007 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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sagte Lorenzo. »Ihr Schädel mag nicht eingeschlagen sein, aber angeknackst ist er sicherlich. Sie kämen keinen halben Tag weit. Und was unseren Haufen hier betrifft«, er machte eine Bewegung über das Lager hin, »so hätte er gegen die Angreifer keine Chance, schon gar nicht, nachdem die Kerle im Besitz all Ihrer Waffen sind und Clarice als Geisel haben. Wir sind ihnen eins zu zwei unterlegen. Sie, mein Alter, werden mit meinen Männern ganz gemächlich nach Florenz reisen und zusehen, dass Ihr Schädel wieder zusammenwächst.«
    Bandini kniete auf allen vieren am Boden und stierte mit seinem blutunterlaufenen Auge zu ihm hoch. Sein Körper zuckte von den Spasmen, mit denen sein Magen sich auszuleeren versuchte. Unter dem Kopfverband sickerte ein dünnes Rinnsal Blut heraus, ein weiteres tröpfelte plötzlich aus seiner Nase hervor.
    »Und Sie«, stöhnte Bandini heiser, »was haben Sie vor?«
    »Ich ziehe allein los und befreie Clarice, was haben Sie gedacht?«

Kapitel 6.
    A ntonio Bandini versuchte in die Höhe zu kommen. Als Franceschino nach seinem Arm griff, stieß er ihn beiseite. Das Blutrinnsal lief unter seinem Kopfverband hervor über seine gesunde Wange, das Blut aus seiner Nase zerplatzte in roten Blasen vor seinen Nasenlöchern. Er grunzte laut, als er sich auf die Beine quälte.
    »Das werden Sie nicht tun«, stöhnte er. »Ich habe Clarice noch nicht an Sie übergeben, also ist sie in meiner Verantwortung. Und diese Dreckskerle müssen zur Rechenschaft gezogen werden – wie wollen Sie das als einzelner Mann …« Er ächzte. Seine Knie gaben nach. Pietro Trovatore und Franceschino griffen nach ihm, aber Niccolò war schneller. Bandini wehrte ihn dieses Mal nicht ab. Er keuchte und versuchte, sich zu straffen. Sein Auge tränte. »Sie werden nichts erreichen … Sie werden die einzige Chance, die wir haben, zunichtemachen.«
    »Ghirardi, wie können Sie dem Mann nicht …«, begann Niccolò.
    »Capitano« , sagte eine Stimme in Lorenzos Rücken ruhig. Lorenzo spähte über seine Schulter. Maffeo, Uberto und Bandinis Mann Giuliano standen vor den zu Begrabenden und sahen auf sie hinab. Buonarotti kniete vor einem der reglosen Körper. Er hatte sein finsteres Gesicht auf Lorenzo gerichtet. »Hier lebt noch einer.«
    Der Überlebende war ein junger Mann mit fransigem Bart und langem Haar. Sein Gesicht war geschwollen und sah aus, als hätte es jemand mit Fußtritten traktiert. Seine Augen waren offen und starrten sie an, zuckten von einem zum anderen. Lorenzo und seine Männer starrten zurück. Plötzlich holte der Junge pfeifend Atem, dann lag er still. Einen langen Augenblick später stieß er die Luft wieder stöhnend aus. Ihm zuzusehen war schmerzhaft. Buonarotti deutete auf seinen Unterleib. Sein Hemd war dunkel und triefend nass von Blut.
    »Er lag allein neben den anderen und machte plötzlich die Augen auf«, sagte Buonarotti. »Wer von euch Trotteln hat die Kerle untersucht und gesagt, sie seien alle hinüber?«
    Bandini torkelte heran und drängelte sich durch die Reihe. Er sah nicht weniger elend aus als der junge Mann auf dem Boden. Giuliano hob den Kopf und sah seinen Anführer an. »Das ist einer von denen«, murmelte er.
    »Kannst du was für ihn tun, Buonarotti?«, fragte Lorenzo.
    Buonarotti zog das durchweichte Hemd vom Körper des Jungen weg. Es riss in seinen Händen wie nasses Papier. Die Männer atmeten ein. Sie alle hatten die zerrissene Bauchdecke gesehen, von Einstichen übersät. Die Wunden waren vom gestockten Blut längst verstopft, aber keiner zweifelte daran, dass die Blutungen innerlich weitergingen. Buonarotti breitete die Fetzen des Hemdes wieder über den geschundenen Leib und legte die Hände in den Schoß.
    »Gebt ihm was zu trinken«, sagte Lorenzo.
    »Nein«, rief Niccolò. »Bei solchen Verletzungen darf man auf keinen Fall etwas zu sich …« Er schwieg, als sich die Augen des Verwundeten auf ihn richteten.
    »Er sieht nicht dich an, Junge, sondern den Tod, der hinter uns steht und ihn über unsere Schulter beobachtet«, krächzte Bandini. »Wir können ihn nicht retten, wir können’s ihm nur leichter machen.«
    Buonarotti versuchte, dem Sterbenden den letzten Wein einzuflößen, den sie hatten, aber die Flüssigkeit lief aus seinen Mundwinkeln und nach hinten in seine Haare. Er sprach kein Wort. Seine Blicke huschten weiterhin zwischen den Männern hin und her, und sein Brustkorb hob und senkte sich mit den pfeifenden, ruckartigen Atemzügen, zwischen denen

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