Die Braut des Florentiners - TB 2006/2007
Mädchen vollends in Panik geriet und kreischend losrannte.
Die Gesetzlosen starrten ihr einen Augenblick lang verblüfft hinterher: eine schlanke Gestalt, die mit wedelnden Armen und wehendem Kleid davonrannte, schreiend und heulend, pumpende Beine, ein fliegender Rock, Haar, das sich auflöste und wie ein blonder Schleier hinter ihr hertanzte. Dann setzten ihr zwei von den Angreifern nach; Bandini fing einen Blick eines seiner Männer auf …
» nein !«, schrie er oder versuchte es zu schreien.
… doch was immer er hoffte aufzuhalten, hatte sich bereits in Bewegung gesetzt.
Zwei Männer vom Geleitzug wirbelten herum, griffen nach den beiden, die der Magd nachsetzten, und rissen sie zu Boden – stürzten mit ihnen zusammen und begannen auf sie einzudreschen …
Der Glatzköpfige fluchte und schrie einen Befehl. Bandini sprang auf ihn zu, obwohl er wusste, dass er keine Chance hatte und dass er und seine Männer nun doch verloren waren, weil eine ängstliche Ziege die Nerven verloren hatte.
Einer der beiden, die auf die Verfolger der Magd gestürzt waren, riss sich los, taumelte ein paar Schritte zurück und fiel dann wie eine Lumpenpuppe zu Boden. Sein Kamerad sprang auf und starrte ihn an, seinen Gegner reglos auf der Erde liegen lassend, da drang plötzlich die Spitze eines Spießes unter seinem Brustharnisch aus seinem Leib, und er fiel nach vorn.
Aus dem Augenwinkel sah Bandini, wie einer seiner Männer – Giuliano – Clarice packte, sie an sich riss wie ein Kind, mit ihr auf den Kutschbock sprang und an den Zügeln zerrte, sodass die Pferde vor dem Reisewagen in ihrem Geschirr in die Höhe stiegen.
Dann stellte er fest, dass der Glatzköpfige ihm ausgewichen und er ins Leere gerannt war, und hörte den Mann brüllen, jemand solle den Reisewagen aufhalten.
Ein weiterer von Bandinis Männern ging in die Knie und versuchte, den Bolzen aus seiner Kehle zu zerren, noch während seine Augen nach hinten rollten.
Der Reisewagen kam nur ein Dutzend Schritte weit, dann kenterte er über die Vorderachse, Clarice und der Kutscher flogen durch die Luft wie Spielzeug. Und der Glatzkopf fuhr herum, gerade als Bandini die Hände nach seinem Hals ausstreckte. Bandini sah noch den eisernen Schuh eines Lanzenschaftes heranfliegen und spürte ohne Schmerz, wie er mit seinem Schädel zusammenprallte.
»Scheiße«, sagte Bandini und fuhr sich mit der verstümmelten Hand vorsichtig über den Kopfverband. Sein Gesicht troff jetzt vor Schweiß. »Ich kam wieder zu mir, als Giuliano mich schüttelte. Außer ihm und mir waren alle tot.« Er sah trüb zu den schaufelnden Männern hinüber, wo Lorenzos Leute eine Pause machten, Giuliano aber verbissen weitergrub. »Giuliano hatte die Besinnung verloren, sonst hätten sie ihn auch kaltgemacht. Mich ließen sie liegen, weil dieser Glatzkopf sicher dachte, er habe mir den Schädel eingeschlagen. Nachdem wir unsere Knochen sortiert hatten, gingen wir im Wald auf die Suche nach der verfluchten Ziege von einer Magd – es konnte ja sein, dass die Schufte es sich erspart hatten, den Wald nach ihr durchzukämmen, wenn ich es auch nicht glaubte. Aber man lässt ja nie einen seiner Leute allein zurück, wenn die Chance besteht, dass er noch lebt.«
Niccolò presste die Lippen zusammen und versuchte, nicht zu Michèle hinüberzuschauen.
»Sie lebte aber nicht mehr«, sagte Lorenzo und zerrte an seinem Sattel. Er saß fest genug. Dann ließ er seine Blicke über die Waffen schweifen, die sie ordentlich zusammengestellt hatten.
»Entweder ist sie einfach weitergerannt, bis sie in den Abgrund fiel, oder die Kerle haben sie dort hinuntergehetzt.« Bandini händigte den Weinschlauch blindlings dem Nächstbesten aus und stand auf. »Also los«, sagte er. »Ich bin wieder auf dem Damm. Ich denke, Sie haben nichts dagegen, Ghirardi, wenn ich das Kommando übernehme – ich habe meine Aufgabe, die Kleine bei Ihnen abzuliefern, noch nicht erfüllt. Wir teilen uns auf – Sie folgen mir mit Giuliano und den anderen, sobald das Grab fertig ist, und ich reite mit dem Rest Ihrer Leute voraus.« Seine Stimme war mit den letzten Worten immer leiser und verschliffener geworden. Sein Gesicht war kalkweiß, die Narbe auf seiner Wange ein blauroter Striemen, der sich über seine Haut zog wie aufgemalt. Er sah Lorenzo erstaunt an, dann knickte er ein, ging in die Knie, beugte sich vornüber und erbrach sich stöhnend. Lorenzos Männer starrten ihn entsetzt an.
»Sie gehen nirgendwohin, Bandini«,
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