Die Braut des Kreuzfahrers
macht mich sehr stolz, Herr, dass Ihr meinen Vater so schätzt … «
» Ja, ich bin ihm zu großem Dank verpflichtet, Tiessa « , fuhr er fort, als habe er ihren Einwurf gar nicht gehört. » Und gerade deshalb muss ich in seinem Sinne handeln. «
Jetzt ist die Sache klar, dachte sie. Mein Vater hat ihm sein Leid mit der widerspenstigen Tochter geklagt, und jetzt bekomme ich den Richtspruch des Grafen zu hören. Nur zu – ich werde Ivo dennoch nicht heiraten. Nicht einmal König Philipp oder Richard Löwenherz könnten mich dazu …
Gottfried blickte sie noch immer an, und sie schrieb den eigenartig wunden Ausdruck seiner Augen der Müdigkeit und dem Fieber zu.
» Versteh mich recht, Tiessa « , sagte er in leisem, eindringlichem Tonfall. » Ich will und muss im Sinne deines Vaters entscheiden und doch zugleich gegen seinen Willen. Denn ich kann eine Heirat mit Ivo Beaumont unmöglich gutheißen. «
Hatte sie sich verhört? Aber natürlich – der Graf hatte Ivo noch nie leiden können. Wieso hatte sie das vergessen? Er war auf ihrer Seite. Tatsächlich war er trotz seiner Absonderlichkeiten ein guter Menschenkenner.
» Ich will ihn auch nicht heiraten, Herr. Auf keinen Fall will ich das. Auch wenn ich ihn früher einmal … «
Sie stockte, denn vor lauter Begeisterung hatte sie mehr gesagt, als sie hatte verraten wollen. Mehr, als der Graf eigentlich wissen musste.
» Das ist mir bekannt, Tiessa « , gab er mit dem Anflug eines Lächelns zurück. » Die Liebe kann unseren Verstand verwirren, niemand entgeht diesem Wahn, auch der Klügste nicht. «
Er schob das beschriebene Pergament unter eines der Bücher, dann strich er eine kitzelnde Haarsträhne zurück und fuhr fort zu sprechen.
» Du hast dich rechtzeitig besonnen, Tiessa, und das war gut so. Ivo Beaumont ist ein haltloser Mensch, der dich nur wegen deiner Mitgift und des zu erwartenden reichen Erbes geheiratet hätte. Hüte dich vor ihm, Tiessa, denn diesem Mann ist nicht zu trauen. «
Das war nun wieder übertrieben. Ivo Beaumont war ein Lügner und ein Feigling, er ging zu den Huren, was ein Grund war, ihn zu verabscheuen. Mehr aber nicht.
» Ja, Herr … «
» Höre weiter und unterbrich mich nicht! « , verlangte er ungeduldig und machte einen Versuch, die Beine auszustrecken. Es misslang, um ein Haar hätte er das Tischlein mit den Büchern umgestoßen. Vermutlich bereitete ihm das Fieber Gliederschmerzen, er hätte sich längst auf sein Lager legen und einen kühlen Trunk nehmen sollen.
» Die Stadt Akkon wird in wenigen Tagen in unseren Händen sein. Dann werden die Schiffe auch wieder den Hafen verlassen können, und etliche der Kreuzfahrer werden in die Heimat zurückkehren. Gewiss werden auch Frauen darunter sein. «
Aha – daher wehte der Wind. Sie ahnte, was jetzt kommen würde, und sie täuschte sich nicht. Allerdings übertraf seine Entscheidung alle ihre Erwartungen.
» Ich will, dass du dich einer Reisegruppe anschließt und ins Perche zurückfährst. Dazu werde ich dich mit allem Notwendigen und auch mit einer Summe Geldes ausstatten und dir außerdem zwei Knechte und eine Magd mitgeben. So Gott will, werde ich gemeinsam mit deinem Vater in wenigen Monaten folgen, und wir sehen uns alle gesund in der Heimat wieder. Dann will ich dafür sorgen, dass du einen guten Ehemann bekommst, Tiessa. «
Sie stand hilflos unter seinem fragenden Blick und wusste nicht zu antworten. Was er ihr anbot, war unglaublich großzügig, und doch konnte sie nicht darauf eingehen.
» Ich danke Euch, Herr. Aber ich bleibe bei meinem Vater. Ganz gleich, wohin er auch geht, ich werde ihn nicht verlassen. Das bin ich meiner verstorbenen Mutter schuldig. «
Er konnte nicht gleich antworten, da ihn ein Schüttelfrost durchfuhr und er damit beschäftigt war, das Zittern seiner Glieder zu beherrschen.
» Starrsinnig wie eh und je! « , schimpfte er. » Aber auch hier will ich meine Entscheidung in deinem Sinne und zu deinem Wohl treffen, und selbst wenn sie dir nicht gefällt, so wirst du dennoch gehorchen! «
Er sprach keineswegs im Befehlston eines hohen Herrn, sondern leise und wie ein Mensch, der eine unangenehme Aufgabe wider Willen erfüllen muss. Sie beschloss, einfach nicht darauf einzugehen und stattdessen schlau über etwas anderes zu reden.
» Ihr macht Euch so viel Mühe, Herr « , sagte sie mit sanfter Stimme. » Und doch sehe ich, wie Euch das Fieber plagt. Erlaubt mir, einen Trank zuzubereiten, der Erleichterung schaffen wird.
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