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Die Braut des Kreuzfahrers

Die Braut des Kreuzfahrers

Titel: Die Braut des Kreuzfahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilke Mueller
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unbedingt noch mit Euch sprechen, bevor er sich schlafen legt. «
    Tiessas Unbehagen stieg an. Wenn die Sache so wichtig war, dann hatte sie ganz sicher mit jenem Ritter zu tun, der sie so schamlos beleidigt hatte. Wenn ihr nur einfallen wollte, woher sie ihn kannte. Sie waren einander schon einmal begegnet, da war sie sich ganz sicher, und sie konnte sich auch erinnern, dass es eine schlimme Begegnung gewesen war …
    » Tretet ein, Tiessa … «
    Bertran hielt die dunkelblaue Zeltbahn zur Seite, die mit weißen und roten Fäden bestickt war. Der hölzerne Schild des Grafen hing an der Zeltwand an einer Lederschlaufe. Er hatte eine sanft gebogene, dreieckige Form, und auf weißem Grund waren drei rote Winkel übereinander angeordnet.
    » Tiessa! Endlich! Weshalb hast du so lange gesäumt? «
    Sie kam aus der gleißenden Mittagshelle und konnte im dämmrigen Zelt zunächst schlecht sehen, dann jedoch erfasste ihr Blick den Herrn von Perche. Er saß auf einem niedrigen Hocker, der seine langen Beine zu einer ziemlich unbequemen Haltung zwang, vor ihm stand ein Klapptisch aus schwarzem Holz, auf dem einige Bücher lagen.
    » Verzeiht mir, Herr. Es ist sehr unruhig im Lager. Wie es scheint, gingen die Unterhändler wieder fort, ohne dass eine Übereinkunft erzielt werden konnte … «
    Jetzt, da sich ihre Augen besser an das Dämmerlicht gewöhnt hatten, sah sie, dass auf dem Tisch auch ein kleines, verschließbares Tintengefäß stand, aus dem eine Gänsefeder ragte. Er hatte mit kleiner, emsiger Schrift auf einen weißen Pergamentbogen geschrieben.
    » Ohne Ergebnis? « , sagte er und fuhr sich mit der Hand über das Gesicht, als müsse er aus einem Traum erwachen. » Das ist schade. In der Stadt wütet der Hunger, und Saladins Kämpfer wollen noch nicht aufgeben! «
    Tiessa fand, dass er ziemlich übernächtigt und auch etwas abwesend wirkte. Aber sein Bedauern und sein Mitleid mit den Menschen in der Stadt kamen aus tiefstem Herzen, und das gefiel ihr sehr. Vielleicht war Gottfried von Perche ja einer der wenigen Ritter, die nicht von der Sünde der Gier erfasst waren.
    » Wird es den Menschen in Akkon denn besser gehen, wenn sie uns die Tore öffnen? « , fragte sie unsicher.
    Seine Züge nahmen jetzt einen seltsamen Ausdruck an, den sie nur schwer deuten konnte. Machte er sich lustig über die naive Frage oder war ihm dabei beklommen zumute? War es Mitleid mit ihrer Ahnungslosigkeit? Oder der Vorwurf, dass ein Mädchen wie sie, das nichts von Krieg und Kampf verstand, hier im Lager nichts zu suchen hatte?
    » Sie werden zumindest Lebensmittel erhalten. «
    » Aber … wird man sie nicht töten? Ihren Besitz nehmen? Und die Frauen … «
    » Das ist zwar ritterlicher Brauch, doch eines Kreuzfahrers unwürdig. Die Gier nach weltlichen Gütern hat keinen Platz auf einem Kreuzzug, ebenso wenig wie Hass und Zwietracht. «
    Sie nickte erleichtert über diese Antwort, die ihr ebenfalls sehr gefiel, wenn sie auch fürchtete, dass nicht alle Ritter des Perche so dachten. Immerhin hatte er ihre Fragen ernst genommen. Schon wollte sie weitere Fragen stellen, da ergriff er hastig das Wort.
    » Du weißt, wie sehr ich deinen Vater schätze, Tiessa. Jean ist dem Grafen Rotrou, meinem Vater, und später auch mir ein treuer und zuverlässiger Angestellter gewesen. Ja, ich glaube sogar, dass ich ohne ihn in große Schwierigkeiten gekommen wäre, als mein Vater ins Heilige Land reiste und mir die Herrschaft über das Perche übertrug. Ganz zu schweigen von der Zeit, in der ich krank darniederlag. Ohne Jean Corbeille wäre es uns allen gewiss schlecht ergangen, ich bin ihm zu Dank verpflichtet … Zu großem Dank … «
    Worauf wollte er mit diesen langen Reden hinaus? Tiessa, die eben noch Sympathie für ihren Herrn verspürt hatte, wurde es jetzt unbehaglich zumute. Wieso sprach er von ihrem Vater, als sei er schon nicht mehr unter den Lebenden? Und weshalb blickte er sie dabei nicht an, sondern starrte immer nur auf eines der Bücher, die vor ihm auf dem Tisch lagen? Wer kam auf die Idee, so etwas Unnützes wie diese Folianten ins Heilige Land zu tragen? Nein, Gottfried von Perche war schon ein merkwürdiger Mensch.
    Jetzt, da er einen Moment innehielt, hob er den Blick zu ihr, und ihr wurde plötzlich klar, dass er fieberte. Natürlich, weshalb hatte sie das nicht gleich bemerkt? Als er jetzt den Kopf zurücknahm, musste er das feuchte Haar zurückstreichen, das an Stirn und Wangen klebte, und seine Hand zitterte dabei.
    » Es

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