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Die Braut des Kreuzfahrers

Die Braut des Kreuzfahrers

Titel: Die Braut des Kreuzfahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilke Mueller
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ergründet.
    » Auf jeden Fall haben wir nicht umsonst gekämpft « , bemerkte Beatrice in versöhnlichem Ton. » Denkt doch daran, dass wir bald wieder im Besitz des heiligen Kreuzes sein werden, das einst der fromme Kaiser Konstantin besaß. Es ist die wundersamste Reliquie der gesamten Christenheit, sie wird uns stärken auf dem Weg nach Jerusalem. «
    » Und natürlich die zweihunderttausend Goldstücke, die Saladin zahlen muss « , meldete sich eine andere Dame aus Burgund zu Wort. » Neben allem anderen … «
    Tiessa wusste recht gut, was die Dame mit » allem anderen « meinte. Es war das Beutegut, auf das jeder Ritter neben dem Sold, den der König ihm zahlte, Anspruch hatte und das sich die meisten vermutlich längst beschafft hatten. Hatte auch Gottfried von Perche und seine Ritter dabei mitgetan? Beklommen blickte sie immer wieder zu den Gebäuden rechts und links der Gassen hinüber und versuchte, in die offen stehenden Hauseingänge hineinzuschauen. Wenn von dort lautes Schelten oder Jammern auf die Gasse drang, klopfte ihr Herz voller Unruhe. Hin und wieder wechselte sie einen Blick mit der Magd Marie, die neben ihr einherschritt und eine kleine Kiste mit den Kleinodien ihrer Herrin trug.
    » Das sind arme Schweine « , murmelte die Magd. » Es ist nicht schön, ausgeplündert und von Haus und Hof gejagt zu werden, weiß Gott, das ist ein böses Schicksal. «
    » Na und? « , fiel eine Magd aus Burgund ein. » Sie haben es damals mit den Christen genauso gemacht. Und noch ärger. So ist das eben im Krieg, der Verlierer bezahlt und der Sieger steckt ein. «
    » Ein böses Schicksal ist das « , beharrte Marie.
    Tiessa wusste, dass Marie Eltern und Verwandte verloren hatte, als Graf Rotrou gegen Heinrich Plantagenet zog. Damals war Marie noch ein Kind gewesem, doch sie hatte die schrecklichen Erlebnisse niemals vergessen.
    In den schmalen Gassen waren sie immer wieder gezwungen, zur Seite zu treten, wenn ihnen ein Reiter oder eine Gruppe bezechter Kämpfer entgegenkamen. Einmal stürzten zwei Ritter aus einem Gebäude, beschimpften einander in unziemlicher Weise und begannen schließlich aufeinander einzuschlagen wie die Knaben. Bald darauf war die Gasse voller prügelnder Leute, denn die Getreuen der beiden Ritter liefen mit lautem Gebrüll herbei, um ihren Herren beizustehen. Erst die energischen Rufe des Fulco von Villeneuve, der die Herren gemahnte, vor den adeligen Damen kein solch schlimmes Beispiel unchristlicher Zügellosigkeit zu bieten, ließ die Streitenden wieder zur Vernunft kommen. Wie man hörte, ging es um einen kleinen, aber kostbar ausgestatteten Palast, den beide Herren als Wohnung beanspruchten.
    » Der englische König und seine Damen sind in den Königspalast bei der Nordmauer eingezogen « , berichtete eine Burgunderin mit Neid. » Seine Schwester Johanna und die junge Ehefrau Berengaria von Navarra scheinen sich ja prächtig miteinander zu verstehen. Nun, das ist kein Wunder, denn Johanna gleicht ganz und gar ihrer Mutter, der lasterhaften und herrschsüchtigen Eleonore von Aquitanien. Und die arme Berengaria ist ein stilles, sanftes Wesen, die sich der anderen gerne fügt. «
    » Der französische König hat das ehemalige Quartier der Tempelritter an der Südspitze der Halbinsel bezogen – weit weg von Richard Löwenherz « , vermeldete Beatrice, die diese Neuigkeiten gestern von ihrem Ehemann Gilles von Chenet erfahren hatte.
    Tiessa hatte sich während des Handgemenges in der schmalen Gasse erschrocken in einen Hauseingang geflüchtet und es den anderen Mägden überlassen, die aufgeregten Maultiere festzuhalten. Während Fulco die Frauen und ihr Gefolge weiter durch verwinkelte Gassen und über kleine Plätze ihrem Quartier entgegenführte, ging Tiessa dicht neben Marie her. Die Magd aus dem Perche hatte eine handfeste Art, mit unerwarteten und beunruhigenden Situationen umzugehen. Sie machte nicht viel Gehabe darum, sondern packte an, wo es nötig war. Tiessa beneidete sie darum und ärgerte sich über die eigene Schreckhaftigkeit. Weshalb ließ sie sich so einschüchtern? Weshalb konnte sie nicht wie Marie das Richtige tun, wenn es darauf ankam?
    Das Quartier, das man für den Grafen von Perche und sein Gefolge vorgesehen hatte, lag im Süden der Halbinsel gleich bei der Kirche St. Andreas, nicht weit von dem Wohnsitz des französischen Königs. Tiessa erschien das massive, helle Gebäude wie eine kleine Festung, schmucklos und abweisend, in mehreren Stufen aufgemauert,

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