Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Braut des Kreuzfahrers

Die Braut des Kreuzfahrers

Titel: Die Braut des Kreuzfahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilke Mueller
Vom Netzwerk:
tiefem Schlaf erwachte, fühlte er sich zu Tode erschöpft aber fieberfrei. Fulco von Villeneuve saß neben Bertran an seinem Lager und berichtete, dass auch der gestrige Angriff gescheitert sei. Heute aber hätten die Verteidiger endlich aufgegeben. Die Bedingungen seien ausgehandelt, die Stadt würde den Kreuzrittern ihre Tore öffnen.

26
    D ies also war nun der Sieg. Langersehnt und mit großen Opfern erkämpft. Jesus Christus hatte über die Heiden triumphiert. Dem englischen König Richard Löwenherz war es gelungen, Sultan Saladin diese wichtige Hafenstadt abzunehmen – ein Anlass zu großer Freude unter den Christen. Tiessa bemerkte erst spät, dass diese Freude mit Gewalt und Entsetzen gepaart war.
    Als bekannt wurde, dass die Stadt endlich kapitulierte, war lauter Jubel im Lager der Christen ausgebrochen, Dankesmessen wurden abgehalten und die Freudenfeuer brannten die ganze Nacht über. Tiessa wurde von der allgemeinen Fröhlichkeit angesteckt, zumal der Graf von Perche seit dem Morgen auf dem Weg der Besserung schien. Es war, als habe mit den Verteidigern der Stadt auch das tückische Fieber, das ihn an den Rande des Todes gebracht hatte, die Waffen gestreckt und sich ergeben. Tiessa hatte ihren Patienten Bertrans Pflege überlassen und war zum Zelt von Yolanda und Beatrice gelaufen, vorbei an jubelnden, schwatzenden und grölenden Männern, von denen nicht wenige in ihrem Siegestaumel bereits dem Wein zugesprochen hatten. Auch die beiden adeligen Damen waren voller Freude über die gute Nachricht, vor allem, weil man nun gottlob bald ein anständiges Quartier beziehen konnte und die Tage im Zelt, wo man von Fliegen, Sandflöhen und sogar Schlangen geplagt wurde, gezählt waren.
    » Ich sollte dich ja davonjagen « , sagte Yolanda mit gespielter Empörung. » Untreu bist du mir gewesen. Beatrice musste mir den Schleier stecken, und Marie, diese dumme Person, hat mir vier Ärmel und eine Cotte beim Waschen ruiniert. «
    » Aber Herrin … «
    » Schweig! Aus dem Lager sollte ich dich verbannen, damit dich die Sarazenen einfangen und als Sklavin verkaufen. «
    » Jetzt übertreibst du aber wirklich, Yolanda « , mischte sich Beatrice ein.
    » Du kümmere dich um deine eigene Magd! «
    Yolanda hatte an diesem Abend zahlreiche Aufträge für Tiessa. Mal sollte sie ihr das Haar kämmen, dann wieder andere Schuhe herbeibringen, mehrfach verlangte sie nach Mandeln und Zuckerwerk, das Tiessa bei den Händlern einkaufen musste. Vor allem aber waren Gewänder, Tücher und allerlei Kleinigkeiten in die Truhen zu packen, denn in wenigen Tagen würde man in die Stadt einziehen.
    » Welch ein großartiger Sieg « , rief Yolanda immer wieder voller Begeisterung. » Zwei Jahre lang haben christliche Ritter Akkon belagert, und nun ist die Stadt in unserer Hand. Das war ein Zeichen Gottes, Tiessa. Nur noch wenige Wochen, dann ist auch das heilige Jerusalem befreit. «
    Ihre Freude war ansteckend, auch Beatrice teilte sie. Tiessa, die schon befürchtet hatte, dass ihre Herrin sie bestrafen würde, erhielt stattdessen ein langes Hemd von gutem Leinen, Schuhe aus weichem Kalbsleder und ein fast neues, ärmelloses Überkleid zum Geschenk. So ausgestattet ging sie gegen Mittag hinunter zum Bach, um Wasser zu holen. Sie schwatzte ein wenig mit den Frauen und Knappen, die dort umherstanden, und schüttelte den Kopf über das, was sie zu hören bekam. Die Knappen redeten von goldenen Schatullen voller Edelsteine und Münzen, die dort in den Häusern versteckt seien, und das Hohngelächter der Mägde konnte den gierigen Glanz in ihren Augen nicht vertreiben.
    Mit zwei gefüllten Eimern ging sie wieder zurück, nahm jedoch einen Umweg, um bei dieser Gelegenheit im Zelt des Grafen von Perche nach dem Rechten zu sehen und ihm – wenn nötig – frisches Wasser dazulassen. Überall in den Zelten herrschte Aufbruchsstimmung, auch die Händler auf dem großen Platz räumten ihre Waren auf Karren, um sie morgen in die Stadt zu bringen. Sie waren aufgeregt, und es gab allerlei Streitereien, weil einige von ihnen schon in der Nähe des Lagertores Aufstellung nahmen, um beim Einzug in die Stadt unter den Ersten zu sein. Galt es doch, einen der Läden zu ergattern, deren bisherige, muselmanische Besitzer davongejagt wurden.
    Tiessa sah schon die blaue Kuppel des gräflichen Zeltes zwischen den anderen Unterkünften, da trat ihr ein Mann in den Weg. Erst auf den zweiten Blick erkannte sie ihn – Ivo Beaumont trug ein langes hellgrünes

Weitere Kostenlose Bücher