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Die Braut des Kreuzfahrers

Die Braut des Kreuzfahrers

Titel: Die Braut des Kreuzfahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilke Mueller
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stand. Kurz darauf erfassten seine vom Wein leicht getrübten Augen Tiessa.
    » Da ist ja das Hürchen « , grölte er. » Hast mich lange warten lassen, du Schöne. Jetzt hast du Pech – mir sticht eine andere in die Augen, die muss ich zuerst haben. «
    Unbändiger Zorn stieg in Tiessa auf – wie konnte er es wagen, sie so zu beleidigen? Wie konnte er in dieser Weise mit einer jungen Frau umspringen? War er ein Ritter oder ein gemeiner Hurenbock?
    Noch stand sie bebend vor Aufregung da, da besann sich Roger de Briard. Er gab seinem Opfer einen Stoß, sodass sie taumelte und mit dem Rücken gegen die Mauer prallte, und bewegte sich langsam zum Treppenaufgang. Scherben zerknackten unter seinen Stiefelsohlen, er stieß ein zerbeultes Messinggefäß mit dem Fuß beiseite, das über den Fußboden rollte und mit hellem Klang gegen eine Truhe schlug.
    » Weg da, Knabe. «
    » Tut ihr nichts! Sie … Sie ist die Magd des Grafen von Perche. «
    Roger hatte den Knaben mit einem einzigen Schlag beiseitefegen wollen, jetzt aber hielt er inne, zumal ihn ein Schluckauf plagte.
    » Gottfried … von Perche? Da schau an – also haben mich meine Augen doch nicht getrogen, als ich bei ihm im Zelt war. «
    Er stand unschlüssig auf der Stelle. Die Hand, die er zum Schlag erhoben hatte, sank jetzt herab. Er schwankte, und Tiessa roch seinen nach Wein stinkenden Atem.
    » So, so – der fromme Gottfried hat ein Liebchen « , kicherte er. » Ein ganz besonderes sogar, ein freches Aas, eine Füchsin, die beißen will. Er sollte ihr öfter sein Stöcklein zwischen die Beine stoßen, der heilige Gottfried von Perche. «
    Tiessa vernahm die boshaften Worte nur am Rande, denn ihre Aufmerksamkeit wurde von der jungen Sarazenin in Anspruch genommen. Sie war für einige Sekunden in sich zusammengesackt, hob dann aber den Kopf und strich sich das lange schwarze Haar aus dem Gesicht. Helles Blut lief von einer Stirnwunde über ihre linke Wange, doch sie achtete nicht darauf, sondern kroch auf allen vieren zu einem am Boden liegenden Körper, den Tiessa in dem ganzen Durcheinander zuerst gar nicht wahrgenommen hatte.
    » Macht euch davon, bevor ich meine Knechte auf euch hetze! « , tönte die raue Stimme des Roger de Briard in ihren Ohren. » Und sag dem Grafen von Perche, dass ich ein Edelmann bin und sein Liebchen nicht antasten werde. Wenn sie mir allerdings noch einmal querkommen sollte … «
    » Ganz sicher nicht, Herr. «
    Bertran bewegte sich langsam rückwärts und bemühte sich dabei, Tiessa aus der Gefahrenzone zu schieben. Zugleich sah sie, wie die Sarazenin den Körper behutsam auf die Seite drehte und laut zu schluchzen begann. Ob dort ein Mann oder eine Frau leblos am Boden lag, war nicht zu erkennen, das offene Haar der Sarazenin hing wie ein Schleier davor. Oh Gott – weshalb lief sie denn nicht davon? Weshalb blieb sie dort am Boden hocken und schluchzte in unbändiger Verzweiflung?
    » Ich werde alles getreulich ausrichten « , sagte Bertran und nahm jetzt erst die schützenden Arme herunter. » Und nichts für ungut, Herr von Briard … «
    » Verpisst euch « , knurrte Roger.
    Er rülpste vernehmlich und wandte ihnen den Rücken zu, um sich wieder mit seinem Opfer zu befassen. Sein Gang war breitbeinig wie der eines Seemannes, doch da er ein geübter Zecher war, ging er dennoch rasch und zielsicher. Noch bevor Tiessa den Schrei der Unglücklichen vernahm, hatte sie Bertran zur Seite gestoßen und sich an ihm vorbei in den Raum gezwängt.
    » Tiessa! Nein! Gott im Himmel! «
    Alles geschah blitzschnell und ohne Nachdenken, fast so, als sei es eine andere, die handelte, und nicht sie selbst: ein schwerer Messingleuchter in ihrer Hand, die Gestalt des kräftigen Mannes, der unbeweglich auf der Stelle verharrte, den Oberkörper leicht vorgebeugt, die Arme nach der jungen Frau ausgestreckt. Dann sein Fall vornüber, der dumpfe Aufprall seines Körpers, das Blut, das aus seinem krausen Haar über Schläfe und Nacken sickerte.
    » Was hast du getan? « , flüsterte Bertran. » Sie werden uns alle aufhängen. «
    Sie erwachte aus der Erstarrung und sah zwei Knechte aus einem Nebengemach herbeilaufen, ein Knappe folgte ihnen. Alle drei starrten mit vor Entsetzung weit aufgerissenen Augen auf ihren Herrn, der blutend und wie tot am Boden lag.
    » Weg hier. Komm. So komm doch … «
    Sie stürzte auf die Sarazenin zu, fasste ihre Hand und fürchtete schon, die junge Frau würde in ihrer Verwirrung Widerstand leisten, doch sie raffte

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