Die Braut des Kreuzfahrers
sagte die junge Sarazenin, die erschöpft in einer Ecke auf dem Boden saß und von Marie einen Becher mit Wasser erhalten hatte.
» Kennst du dich mit diesen Kräutern aus? «
» Nur mit einigen. Doch es ist Habbah al-baraka dabei, die schwarzen Staubgefäße helfen gegen das Fieber. «
Tiessa hatte die weißen, fünfblättrigen Blüten schon bewundert, jetzt lernte sie, wozu man die Pflanze nutzen konnte. Die Staubgefäße mussten gepflückt und mit einem Mörser zerquetscht werden. Das schmierige, dunkle Öl, das so gewonnen wurde, war das Heilmittel.
» Es ist nicht viel, aber du kannst es überall in der Stadt kaufen. Es gibt eine große Zahl von Heilkräutern in den Läden. «
Tiessa war im Zweifel, ob Yolanda dieses Öl zu sich nehmen würde. Sie war von anderer Art als der Graf Gottfried, der alle ihre Tränke brav geschluckt hatte.
» Wie ist dein Name? « , fragte sie die Sarazenin.
» Dinah. «
» Wieso sprichst du unsere Sprache, Dinah? «
» Mein Mann lehrte sie mich. Er war ein Franke und kam als Pilger in unser Land. «
Tiessa vergaß ihre Sorgen und setzte sich neben die junge Frau, beobachtete neugierig, wie sie mit dem Mörser die kleinen schwarzen Krümel bearbeitete, und hörte ihrer leisen, warmen Stimme zu. Sie sprach das Französische ohne Fehler, doch mit einem fremden Zungenschlag, der die Worte schön und rund hervorbrachte.
» Sein Name war Gilbert de Montfort, ein großer Mann mit rotem Haar, das schon ergraut war, als er mich zu seiner Frau nahm. Er kaufte Salben und allerlei Heilkräuter im Laden meiner Eltern in Tyros, dort sah er mich und wir gewannen einander lieb. Als er um mich warb, gaben ihm meine Eltern die Tochter, obgleich er ein Giaur war, denn er besaß Reichtümer und ein Haus in Akkon, jenes Haus, in dem du mich gefunden hast. Er war gut zu mir, und ich liebte ihn, doch Allah wollte uns beiden keine Kinder schenken … «
» Was ist aus ihm geworden? « , fragte Tiessa beklommen.
» Er starb vor einem Jahr, als er die Stadt gegen die Kreuzfahrer verteidigte. «
Das erschien Tiessa reichlich seltsam. Ein Pilger aus Frankreich beschloss, im Heiligen Land zu bleiben, er nahm sich eine muselmanische Frau, aber – so versicherte ihr Dinah – er machte keinen Versuch, sie zum Christentum zu bekehren.
» Weshalb hat er die Stadt gegen die Kreuzfahrer verteidigen wollen? Wir sind doch seine Landsleute? «
Dinah lächelte, schüttelte den Kopf und meinte, sie wisse es nicht. Er sei schon sehr lange von seiner Heimat fortgewesen und viel umhergereist, bevor er sich in Akkon niederließ. Was ihn von daheim fortgetrieben hatte, davon habe er nie geredet.
» Als er starb, schickte mein Vater meinen jüngeren Bruder mit einem der Handelsschiffe nach Akkon, damit ich nicht ohne Schutz war. Said hat sich mutig dem fränkischen Ritter entgegengestellt, doch Allah wollte, dass er durch das Schwert des Franken fiel. «
» Roger de Briard hat deinen Bruder getötet? «
Tiessa sah hilflos zu, wie sie weinte, und erst nach einer Weile wagte sie es, die fremde Frau tröstend in die Arme zu schließen. So also war es in der Welt eingerichtet – Roger de Briard durfte ungestraft töten, denn er war ein Ritter und als Sieger in die Stadt eingezogen. Er durfte auch ungestraft eine Frau vergewaltigen, ihr Haus durchwühlen, ihr Eigentum zerschlagen und ihre Besitztümer stehlen. Doch sie, Tiessa, die versucht hatte, Dinah zu beschützen, würde nun möglicherweise als Mörderin verurteilt werden.
Welche Strafe erhielt wohl eine Magd, die einen Ritter erschlug? Den Tod? Würde man sie in aller Öffentlichkeit hinrichten? Den Kopf abschlagen? Sie hängen? Ach, vielleicht war man ja gnädig und peitschte sie nur mit Ruten aus, um sie dann blutend und mit zerfetzten Kleidern aus der Stadt zu jagen …
Konnte sie sich denn gar nicht verteidigen? Sie hatte es aus Versehen getan. Es war ein Unfall gewesen. Sie hatte ihn nur davon abhalten wollen, sich auf Dinah zu stürzen. War es nicht so, dass ein Kreuzfahrer keusch leben sollte? Wenn man es so sah, dann hatte sie Roger de Briard vor einer schlimmen Sünde bewahrt …
Oh Gott – wer konnte ihr denn nur helfen? Ihr Vater gewiss nicht, der würde krank vor Sorge werden, wenn er davon erfuhr. Sie musste sich im Gegenteil überlegen, wie sie ihn tröstete. Es blieb nur Graf Gottfried – er würde die leidige Geschichte sowieso bald erfahren, da war es noch besser, wenn er sie aus ihrem Mund hörte.
Sie führte Dinah in das Zimmer,
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