Die Braut des Kreuzfahrers
schützen uns beide. «
Corba beruhigte sich rasch. Auch wenn ihre Gefühle sie oft überwältigten, so vergaß sie doch niemals, dass sie die Herrin des Hauses war und keine Schwäche zeigen durfte. Sanft drückte sie die Tochter noch einmal an sich, bevor sie sich von ihr löste. Dann wischte sie die Tränen fort und griff nach dem Korb, um ihn hinauszutragen. Ihre Stimme war jetzt wieder klar und ihre Bewegungen ruhig.
» Wir werden eine Kerze für die Heilige Jungfrau stiften und Ivo Geschenke zum Dank geben, Tiessa. Jetzt komm und scheuche die Hühner fort, wenn ich die Tür öffne. Und beeile dich mit dem Zusammenbinden, wir müssen noch die Abendmahlzeit richten … «
Während Tiessa das gierige Federvieh abwehrte, warf sie einen missgünstigen Blick auf Millie, die leider mit dem Waschen schon fertig war und die gewaschenen Tücher und Gewänder überall im Hof zum Trocknen aufhängte. Was stellte sie sich nur so an, ihre pingelige Schwägerin – es war ja kaum etwas zerrissen, nur eines der Bettlaken hatte ein Loch bekommen, das konnte geflickt werden. Millie stand mit dem Rücken zu ihr und schüttelte eifrig ein nasses Hemd aus. Tiessa sah mit Befriedigung, dass Corba zu ihr hinüberging, um ihr einige kurze Worte zu sagen. Vermutlich ermahnte die Mutter Millie, den Mund zu halten und die Geschichte nicht etwa in der Nachbarschaft herumzutratschen.
Tiessa griff sich eine vorwitzige braune Henne, die an ihr vorbei in die Küche schlüpfen wollte, und hatte schon fast die Tür zugeschoben, als sie auf der anderen Seite des Palisadenzauns einen Fußgänger entdeckte. Es war Ivo. Er hatte den Mantel abgenommen und trug ihn zusammengelegt über der Schulter. Als er den Eingang zum Hof durchschritt, blieb er stehen, strich das Haar aus der Stirn und blickte sich um.
Tiessa schloss hastig die Tür. Sie wollte auf keinen Fall, dass er glaubte, sie habe nach ihm Ausschau gehalten. Rasch hockte sie sich auf den Boden, um das Scharleikraut zu bündeln, doch während ihre Hände arbeiteten, spitzte sie die Ohren. Hühnergegacker, Barro begrüßte den Ankömmling mit Gekläff, dann war Corba zu hören, die Ivos Namen rief. Die Mutter sprach mit ihm. Sie würde sich jetzt wohl überschwänglich für die Rettung der Tochter bedanken. Auch Ivo sagte einige Worte. Sie klangen freundlich, fast schüchtern, das übergroße Lob war ihm hörbar peinlich.
Tiessa warf die gebundenen Kräuter in einen Korb und richtete sich auf. Sie hatte das Gefühl, schwer atmen zu können, was ganz sicher an dem intensiven Geruch des Scharlei lag. Ivo war am Morgen gemeinsam mit dem Vater auf die Burg gegangen, da Jean ihn seinem Herrn Gottfried von Perche vorstellen wollte. Weshalb kam er jetzt allein, ohne den Vater, zurück? Gottfried von Perche war zwar ein guter Herr – zumindest der Vater sagte das –, aber er sollte auch eigenartig sein, nicht jeder kam mit ihm zurecht.
Draußen auf dem Hof scheuchte die Mutter das Federvieh davon und öffnete die Küchentür mit einem hastigen Ruck.
» Sieh, wer gekommen ist, Tiessa! «
Ivo wusste nicht recht, wohin er die Füße setzen sollte, denn fast der ganze Küchenboden lag voller Kräuter. Er machte weite Schritte, um keines der Blättchen zu zertreten, und behauptete lachend, die Frauen wollten ihn in die Irre führen und seine Sinne mit Kräuterduft betäuben. Dabei seien diese Mittel gar nicht notwendig, allein die Gegenwart zweier so schöner Damen versetze ihn schon in Verwirrung.
» Denk dir nur, Tiessa! Der Graf wird Ivo in seinen Dienst nehmen! « , rief Corba fröhlich.
Er hatte jetzt den Blick auf Tiessa gerichtet und schien neugierig, wie sie die Nachricht aufnehmen würde. Sie lächelte, es gefiel ihr – ja, sie war sogar erleichtert.
» Ich komme, um mein Pferd und mein Gepäck zu holen « , erklärte er. » Mein Quartier wird ab jetzt oben in der Burg sein. «
Immer noch sah er sie an, fast schon zu lange, denn es wurde ihr plötzlich sehr warm.
» Ich gratuliere! « , sagte sie freundlich. » Wie es scheint, hat unser Herr Gefallen an Euch gefunden. Obgleich es ein wenig schade ist, dass Ihr nun nicht mehr unser Gast seid. «
» Das bedaure ich auch! « , fiel Corba ein. » Tiessa, lass jetzt die Kräuter liegen und hilf Ivo, sein Gepäck zu richten. Ich habe noch zu tun, bin aber gleich zurück. «
Tiessa begriff, dass die Mutter einige Dinge zusammensuchen wollte, die als Geschenk für ihn taugten. Sie nickte und lief die Stiege hinauf, um Ivos Beinlinge
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