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Die Braut des Kreuzfahrers

Die Braut des Kreuzfahrers

Titel: Die Braut des Kreuzfahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilke Mueller
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verteidigte. Davor die Reiter. Zur äußersten Linken die Tempelritter in den weißen Waffenröcken mit rotem, aufgenähtem Kreuz, dann die Leute aus der Bretagne und aus Anjou, die Truppen aus Guyenne unter Guido von Lusignan. In der Mitte wollte der König selbst mit seinen englischen und normannischen Rittern kämpfen. Rechts von ihm kamen die Flamen, dann die Franzosen unter Hugo von Burgund. Hier sollte auch der Graf von Perche mit seinen Leuten Aufstellung nehmen. Gleich neben ihnen, zur äußersten Rechten, stritten die Ritter im schwarzen Waffenrock, die Hospitaliter. Womit allen anschaulich vor Augen gehalten wurde, auf welche Kämpfer der König am meisten vertraute, nämlich auf die beiden Ritterorden und auf seine eigenen angevinischen Truppen.
    Vor den Reitern standen gewöhnlich die Fußkämpfer und Bogenschützen, die die ersten feindlichen Angriffe auffingen und dann auf Befehl zur Seite wichen, um den voranstürmenden Gepanzerten den Weg freizugeben. Unter den Bogenschützen war Bertran, der sein Fieber überwunden hatte und sich vor Aufregung kaum zu fassen wusste. Obgleich er nur ein Knappe war und noch sehr jung, hatten die Bogenschützen ihn in ihre Kreise aufgenommen, und einige ältere Krieger waren sogar der Meinung, dass aus ihm noch einmal ein Meisterschütze werden sollte.
    Gottfried stieg in den Sattel und richtete die Lanze senkrecht gen Himmel, während er zu dem ihm zugedachten Platz hinüberritt. Es war nicht einfach, denn allerorten wimmelten Fußkämpfer und Knechte herum, die noch die letzten Gerätschaften zusammenpackten, Reiter fluchten, andere beteten, ein Waschweib, das sich verirrt hatte, kreischte laut, weil sie fast unter ein Pferd gekommen wäre. Gottfried mahnte Bertran, auf den Befehl der Reiter zu achten und rasch zur Seite zu weichen, denn wenn die Gepanzerten voranstürmten, trampelten sie alles nieder, das in ihrem Weg war. Bertran nickte mehrfach, aber Gottfried war klar, dass der Junge viel zu aufgeregt war, um sich seine Worte zu Herzen zu nehmen.
    Noch waren nicht alle auf ihren Stellungen, da ritt schon der Heerführer mit dem Herzog von Burgund an den Reihen der Kämpfer entlang, und Gottfried vernahm seine kräftige, helle Stimme. Er war ein Magier, dieser Mann, der so prächtig im roten Waffenrock daherritt und die drei Löwen auf seinem Schild trug. Jeder sah zu ihm hin, alle Blicke saugten sich an ihm fest, und man konnte an den Gesichtern erkennen, wie Mut und Zuversicht auf die Kämpfer übersprangen. Solange dieser Bursche ihnen voranritt, würden sie ihm folgen, blind, begeistert, bedingungslos – selbst wenn dieser Ritt in den Tod führte.
    Gottfried spürte die vibrierende Kraft, die von dieser gewaltigen Menge an Kämpfern ausging, deren Teil er nun war. Hinter den Bergen war die Sonne aufgegangen, irgendwo in diesem goldfarbenen Licht stand der Feind, Sultan Saladin, der Sieger von Hattin.
    » Dort « , sagte jemand. » Sie kommen … «
    Eine Reitergruppe löste sich aus der goldüberfluteten Ebene und stürmte auf die Hospitaliter zu. Pfeile hagelten vom Himmel, Kriegsgeschrei erfüllte die Morgenluft, doch die Kreuzritter hielten stand.
    » Ruhe bewahren « , hörte Gottfried den Herzog von Burgund. » Das ist nur Geplänkel. Wir greifen erst an, wenn Saladins Hauptheer zu sehen ist. «

35
    S ie erwachte davon, dass jemand laut und verzweifelt ihren Namen rief. Kühle Dämmerung umgab sie, es roch nach Schimmel und Moder, über ihr glitzerte ein Streifen Morgenlicht, das durch eine schmale Luke in den kleinen Raum fiel, ohne den Boden zu erreichen.
    » Tiessa – hörst du mich? Tiessa, Tie… «
    Das war Dinah, ihre Freundin Dinah, die jetzt einen erschrockenen Laut hören ließ, als habe sie jemand gestoßen oder geschlagen. Tiessa sah sich verwirrt um. Der Schlaf war tief gewesen, und es fiel ihr nicht leicht, sich davon zu befreien.
    » Ich bin hier, Dinah. Hier in diesem Verschlag. «
    Sie hatte die Nacht zusammengekauert auf dem nackten Fußboden verbracht, zuerst mit wild schlagendem Herzen, denn sie glaubte, jeden Augenblick könne jemand zu ihr hineinkommen, um sie zu vergewaltigen. Als jedoch nichts dergleichen passierte, war sie vor Erschöpfung eingeschlafen.
    » Tiessa! Sie bringen uns fort, ich weiß nicht, wohin. Tiessa, hörst du mich? Tiessa! Tiessa! «
    » Ich höre dich, Dinah! «
    Sie sprang auf und versuchte, die Tür zu öffnen, doch da es auf ihrer Seite weder Schloss noch Riegel gab, brach sie sich nur zwei Fingernägel

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