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Die Braut des Kreuzfahrers

Die Braut des Kreuzfahrers

Titel: Die Braut des Kreuzfahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilke Mueller
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lobten. Nur dass die Kräftige schlechte Zähne und die Schmale eine Narbe am Kinn hatte. Immerhin erschienen sie Tiessa nicht gefährlich, sie fasste Mut und erhob sich. Es staubte heftig, als sie ihre Kleider abklopfte, und nun ließ die schmale Frau endlich einige Worte hören.
    » Allahu akbar « , sagte sie leise und blickte fragend zu ihrer Gefährtin hinüber. Die sprach ebenfalls im Flüsterton und verstummte mitten im Satz, als sich eine dritte Gestalt näherte.
    Es war die Alte mit dem Vogelgesicht, deren Stimme Tiessa schon durch die Tür hindurch vernommen hatte. Jetzt war sie noch durchdringender, sie zeterte und keifte, wedelte mit den Armen, und obgleich Tiessa kein einziges Wort verstehen konnte, war der Sinn ziemlich eindeutig. Die beiden jungen Frauen zogen die Schultern zusammen und liefen mit gesenkten Köpfen davon. An ihrer statt erschienen mehrere Diener unterschiedlichen Alters, die von der Alten mit Beschimpfungen und Befehlen überschüttet wurden.
    Später war Tiessa klar, dass sie in diesem Moment die Chance zur Flucht verpasste, doch sie war viel zu verwirrt und letztlich auch zu neugierig, um einen klaren Entschluss zu fassen. Erst als einer der Diener, ein junges Bürschlein in bunter Jacke und weißer Pumphose, mit einem langen Strick zurückkehrte, begriff sie, dass es übel für sie ausgehen würde.
    » Nein! Lasst mich! Nehmt eure dreckigen Finger von mir! «
    Sie waren fünf an der Zahl, zwei Graubärte, ein Glatzkopf und zwei junge Burschen, die fast noch Knaben waren, doch keiner hatte den Mut, voranzugehen. Schließlich wagte es der Glatzköpfige, Tiessas Arm zu fassen, während die beiden Alten mit dem Strick hantierten. Vermutlich hätten sie sich bei einer Ziege wesentlich geschickter angestellt, doch die hübsche, junge Frau jagte ihnen aus irgendeinem Grund eine höllische Angst ein. Die beiden Graubärte behinderten sich gegenseitig, das Seil verwickelte sich, und da Tiessa wie eine Tobsüchtige um sich schlug, entstand ein wildes Handgemenge. In Tiessas Ohren gellte die Stimme der alten Frau, die unablässig irgendwelche Befehle kreischte und ihre Diener damit noch mehr verwirrte, als es sowieso schon der Fall war. Erst als die beiden Knaben in den Kampf eingriffen, war es um Tiessa geschehen. Man hielt ihr beide Arme fest und der Glatzköpfige wagte sogar, ihr langes Haar zu fassen. Dann spürte sie zu ihrem Entsetzen, wie sich das Seil um ihren Hals legte.
    » Hilfe « , keuchte sie. » Um Gottes willen. Ich bin keine Diebin. Ich habe niemandem etwas zuleide getan. Ich habe … «
    Man zerrte sie ins Freie, wo der Hund sich kläffend in die Gruppe mischte und an Tiessa hochsprang. Zwei braune Zicklein flüchteten mit zornigem Gemecker, eine Henne wäre um ein Haar zertreten worden. Tiessa schrie und stemmte sich gegen ihre Widersacher, sie wand sich verzweifelt, doch man hatte ihr den Strick eng um den Hals gebunden und den Knoten fest angezogen. Unter einem Feigenbaum machte man Halt. Vier der mutigen Männer hielten sie fest, während einer der beiden Knaben sich mit dem anderen Ende des Seils zu schaffen machte.
    Das also hatte dieser hinterhältige Kerl mit ihr vorgehabt. Weshalb hatte er ihr dann nicht gleich den Kopf abgeschlagen? Wahrscheinlich war sein Hass auf die Christen so groß, dass er sie lieber hängen wollte – die schimpflichste aller Todesarten, die Strafe für Verräter, Diebe und Mörder.
    » Lasst mich wenigstens noch ein Gebet sprechen, hört ihr nicht, ich will zu Gott beten, zu Allah. «
    Plötzlich wichen alle zurück, ließen sie mit dem Strick um den Hals stehen. Als sie geistesgegenwärtig das Seil fasste und nach oben sah, begriff sie endlich. Was hatte sie eigentlich gefürchtet – das Bäumchen war ja viel zu niedrig, als dass man einen Menschen daran hätte aufknüpfen können. Sie hatten das Ende des Seiles um den Stamm gewickelt und sie auf diese Weise wie ein widerspenstiges Kalb festgebunden.
    Im ersten Moment war sie unendlich erleichtert, denn sie hatte tatsächlich geglaubt, ihr letztes Stündlein sei gekommen. Dann kam sie sich allerdings schrecklich lächerlich vor, mehr noch, es war erniedrigend, wie ein Tier festgebunden vor diesen Leuten zu stehen und in ihre zufrieden grinsenden Gesichter zu schauen. Was für ein boshaftes Pack. Besonders diese hässliche Alte, die ganz offensichtlich das Sagen hatte und die sie noch in der Nacht – dumm und ahnungslos wie sie gewesen war – für einen Engel gehalten hatte. Jetzt

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