Die Braut des Kreuzfahrers
ereilten ihre Ritter dennoch, und die Wege waren voll von toten Männern und Pferden … «
Er hielt inne, weil er den Abscheu in ihren Zügen bemerkte, und jetzt wurde ihm klar, dass sie als Christin wohl nicht allzu viel Begeisterung für seine Heldentaten aufbringen konnte.
» Hör nicht auf das Murmeln des Greises « , sagte er grämlich. » Meine Zeit ist dahin, jüngere Männer reiten jetzt in den Kampf, hochmütige Jünglinge. Sie werfen mir vor, ein Lügner zu sein. Und doch ist jedes meiner Worte wahr, Tiessa. «
» Du kennst meinen Namen? « , fragte sie erstaunt.
Er schmunzelte, weil es ihm gelungen war, sie zu verblüffen. Gewiss, er kenne ihren Namen, er wisse sogar, dass ihr Vater der Großwesir des Grafen von Frankreich sei. Das habe sein Sohn Mehmed ihm gesagt.
» Mehmed? Ist das der Burgherr? «
» Der Burgherr ist Jussuf Ibn Abbas « , entgegnete er mit Stolz. » Aber auch Mehmed, der mein ältester Sohn ist. Ein großer Krieger ist Mehmed, und ein weiser Mann, ein kluger Mann, ein schöner Mann … Allah hat mir einen guten Sohn gegeben … «
Er begann, von den Heldentaten seines Sohnes zu erzählen, und Tiessa hörte eine Weile zu, unsicher, ob sie ihm glauben konnte oder ob er einfach nur ein fantastischer Aufschneider war. Manchmal verhaspelte er sich und verwechselte die Namen, dann wieder mischte er fremde Worte in die Erzählung, sodass sie Mühe hatte, den genauen Sinn zu erfassen. Doch seine Gesten und der unablässige Tanz der dunklen Augenbrauen waren faszinierend. Tiessa hatte in ihrem ganzen Leben nur einen einzigen Menschen gekannt, der diesem Erzähler das Wasser reichen konnte. Das war Ambroise.
» Wie ein Fisch ist Mehmed durch das Wasser getaucht, eine halbe Stunde hat er die Luft angehalten, dann schwamm er auf dem Rücken eines glotzäugigen Meerestieres, eines der großen Fischwesen, die Allah dort unten auf dem Grund des Ozeans umherwimmeln lässt. «
Tiessa brauchte eine kleine Weile, um zu begreifen, dass Mehmed nach der missglückten Verhandlung mit Richard Löwenherz als Bote zu Saladin geschickt worden war. Er musste tatsächlich ein geschickter und ausdauernder Schwimmer sein, denn er war in der Nacht an den englischen Schiffen vorbei zu Saladin gelangt. Der Sultan hatte der Stadt Akkon zwar nicht mehr helfen können, doch Mehmed al Faruk – wie er mit vollem Namen hieß – hatte auf diese Weise sein Leben gerettet. Ansonsten wäre er ganz sicher unter den dreitausend Männern und Frauen gewesen, die Richard Löwenherz enthaupten ließ.
» Ich sehe, dass dein Sohn ein Held ist « , schmeichelte sie. » Weshalb aber hält er mich hier gefangen? Bin ich ein Ritter? Ein Kämpfer? Ich bin nur ein Mädchen und schade niemandem. «
Jussufs Lippen kräuselten sich amüsiert, er wollte eine Antwort geben, doch er kam nicht dazu. Die Alte war aus dem Haus getreten, und ihre scheltende Stimme verbot jede weitere Unterhaltung. Ganz offensichtlich gefiel es ihr nicht, dass Jussuf sich mit der Gefangenen unterhielt. Sie warf mit einem ledernen Gegenstand nach Tiessa, die dem Geschoss gerade noch ausweichen konnte.
» Fatima sagt, du musst arbeiten, wenn du essen willst « , übersetzte Jussuf. » Mit dem Eimer sollst du Wasser vom Bach holen. «
Erschrocken realisierte Tiessa, dass sie nicht nur eine Gefangene war, sie war eine Sklavin und hatte zu gehorchen. Würde man sie schlagen, wenn sie sich weigerte? Vielleicht sogar zu Tode prügeln? Unsinn, man würde sie einfach verhungern lassen.
» Aber … dort ist doch ein Brunnen « , sagte sie zu Jussuf. » Wieso soll ich das Wasser aus dem Bach holen? «
Er übersetzte ihren Einwand und erntete zornige Blicke. Darauf tat er einen leisen Seufzer, hob hilflos die Schultern und erklärte, dass Fatima dies so entschieden habe. Er stützte sich auf die Schulter des Jungen, als er sich erhob, dann klopfte er den Staub aus der weiten Hose und ging mit kleinen, raschen Schritten davon.
Tiessa blieb mit der Alten zurück und stellte verblüfft fest, dass diese Burg nicht von Mehmed al Faruk und auch nicht von Jussuf Ibn Abbas beherrscht wurde, sondern von dieser kleinen, giftigen Alten, die Fatima genannt wurde.
Oben auf der Dachterrasse standen die drei Frauen mit Dienerinnen und Kindern, um Tiessas Demütigung beizuwohnen. Vermutlich machte es ihnen Freude, einmal nicht das arme Opfer dieser dürren Tyrannin zu sein. Ob Fatima ihren Sohn Mehmed wohl auch so beherrschte? Es war anzunehmen.
Tiessa erhob sich langsam,
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