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Die Braut des Kreuzfahrers

Die Braut des Kreuzfahrers

Titel: Die Braut des Kreuzfahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilke Mueller
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gelten hatte. Gottfried spürte den brennenden Blick des jungen Mannes, der heiter schien, in Wirklichkeit aber herausfordernd und anmaßend war. Der Blick eines Menschen, der eine Verletzung in sich trug, die sein ganzes Leben lang bluten würde. Er grub in seinem Gedächtnis, konnte sich jedoch zu seinem Leidwesen nicht an ihn erinnern.
    » Im Haus eines meiner Angestellten? «
    Ambroise warf einen raschen Blick hinüber zum König, um sicher zu sein, dass Löwenherz ihn weder vermisste noch einen Auftrag für ihn hatte. Dann setzte er sich im Schneidersitz Gottfried gegenüber. Er war bewundernswert gelenkig, dieser braunhäutige Mensch, vermutlich konnte er auch Akrobatenstückchen vorführen, sich in der Luft überschlagen oder über ein gespanntes Seil gehen. Jedenfalls schien ihm diese Art zu sitzen wenig auszumachen, während Gottfried dabei immer wieder die langen Beine einschliefen.
    » Im Haus des Verwalters Jean Corbeille. «
    Ein kleiner Schrecken durchfuhr Gottfried, ein Empfinden, als habe er sich aus Unachtsamkeit an einer Kerzenflamme verbrannt, doch es gelang ihm, seine äußere Ruhe zu bewahren. Dieser junge Kerl, der sich Ambroise nannte und ein Liebling des Königs war, hatte mit Tiessa unter einem Dach gelebt.
    » Bist du ein Verwandter von Jean Corbeille? « , fragte er.
    Es war keine echte Frage, denn ihm war klar, dass er schon wegen seines fremdartigen Aussehens nicht aus Jeans Familie stammen konnte. Doch er musste irgendetwas fragen, um seine Verlegenheit zu verbergen. Tiessa. Er hatte die ganze Zeit über mühsam versucht, die Gedanken an sie fortzuschieben, sich stattdessen immer wieder seine Ehefrau Richenza ins Gedächtnis gerufen, nach der er Sehnsucht haben durfte. Das Kind musste inzwischen zur Welt gekommen sein, und er wusste nicht einmal, ob er eine Tochter oder einen Sohn hatte.
    » Ein Verwandter? « , lachte Ambroise. » Aber nein. Einer wie ich, ein Herumtreiber und Fantast, ein Taschenspieler und Rosstäuscher … «
    Er lachte so herzhaft, dass Wilhelm von Préaux neben ihnen davon angesteckt wurde, obgleich er kaum begriffen hatte, wo eigentlich der Witz steckte.
    » So einer wie ich, der wächst wie ein Unkraut im Gemüsegarten. Das reißt man aus und wirft es auf den Mist, aber weil man den Mist als Dünger wieder aufs Beet kippt, wird man das Unkraut niemals los. «
    Gottfried lächelte, fand den Scherz jedoch ziemlich schal. Ambroise spürte es sofort und hörte auf damit, sich selbst zu verspotten.
    » Wie geht es dem alten Jean Corbeille? Er zog doch mit Euch ins Heilige Land, oder nicht? «
    » Er starb vor einigen Wochen in Akkon. «
    Ambroise schien bedrückt von dieser Nachricht, wodurch er ein wenig in Gottfrieds Wertschätzung stieg. Möglicherweise hatte er trotz aller Unwägbarkeiten einen guten Kern. Seinen ehemaligen Herrn schien er zumindest gemocht zu haben.
    » Und das Mädchen? «
    Gottfried zögerte, es fiel ihm schwer, über Tiessa zu sprechen, weil jeder Gedanke an sie die mühsam verschlossenen Kammern öffnete. Kammern, die man besser nicht betrat. Er hatte Glück, in diesem Augenblick klatschte der Gastgeber in die Hände, und eine Reihe kleiner Bürschlein machte sich daran, die Reste der Speisen zur Seite zu räumen. Nach orientalischer Gewohnheit hatte man die Schüsseln und Platten auf geflochtenen Matten am Boden aufgestellt.
    » Jetzt werden die Geschenke ausgetauscht « , freute sich Wilhelm. » Lass sehen, was es diesmal ist. «
    Er berichtete vergnügt, dass Richard ihm beim letzten Gelage zwei vergoldete Räucherbecken, einen kostbaren grünen Brokat und eine hübsche Sklavin zugeteilt habe. Das Mädelchen sei sehr willig gewesen, habe ihm drei Nächte lang alle Freuden des Paradieses beschert, in der vierten Nacht jedoch sei die Treulose mit einem pisanischen Kaufmann davongefahren.
    Gottfried tat, als gefalle ihm diese Geschichte, und er rückte ein wenig näher an Wilhelm heran, doch Ambroise hatte seine Augen auf ihn geheftet, und sein Blick brannte sich in Gottfrieds Wange.
    » Was ist mit Tiessa? Ich sah sie in Akkon – ist sie noch dort? «
    Wo – in aller Heiligen Namen – hatte er Tiessa wohl in Akkon gesehen? In den Gassen, als sie Einkäufe machte? Hatte er sie gar angesprochen? Das war möglich, schließlich waren sie alte Freunde. Gottfried wehrte sich gegen die aufkeimende Eifersucht, redete sich ein, dass es die Sorge um Tiessas Wohl war, die ihn misstrauisch werden ließ. War schon Ivo Beaumont ihrer nicht wert, dieser

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