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Die Braut des Kreuzfahrers

Die Braut des Kreuzfahrers

Titel: Die Braut des Kreuzfahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilke Mueller
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Augen verschleiert.
    » Da läuft unsereinem doch das Wasser im Munde zusammen, wie? « , sagte Wilhelm von Préaux, der neben ihm mit gekreuzten Beinen auf dem Teppich saß. Er ließ offen, ob er mit diesem Ausspruch die Tänzerinnen oder das Gefrorene meinte, das er aus einer kleinen Schale schlürfte. Gottfried neigte den Kopf und lächelte zustimmend, dann griff er – mehr aus Verlegenheit – zu einem Stück des klebrigen, süßen Backwerks, über das sich weißliche Zuckerfäden wie fein gesponnene Wolle spannten.
    Ein Zufall oder vielmehr eine Laune des englischen Königs hatte ihn hierher ins Zeltlager der Sarazenen nach Lydda geführt. In Jaffa war er von Löwenherz und seinen Getreuen in einer Gasse versehentlich fast niedergeritten worden. Die Herren kamen von einem Ausflug in der Umgebung, bei dem es zur allergrößten Freude des Königs ein kleines Scharmützel mit den Sarazenen gegeben hatte. Löwenherz war bester Stimmung, redete den Grafen von Perche als den Ehemann seiner Nichte und lieben Verwandten an und forderte ihn auf, sich am kommenden Tag seinem Gefolge anzuschließen.
    » Ihr habt Gelegenheit, Euch im ritterlichen Kampfspiel mit einem Sarazenenfürsten zu messen « , rief er lachend. » Aber wie ich Euch einschätze, werdet Ihr eher Gefallen an den Musikern finden, die al-Adil mir versprochen hat. «
    Es war ein seltsames Gefühl, im Gefolge des englischen Königs in das ausgedehnte Feldlager der Sarazenen einzureiten, sich sozusagen in die Höhle des Löwen zu begeben, nur durch das ritterliche Wort al-Adils vor Übergriffen der Krieger geschützt. Hatte er sich damals, als er noch in seiner Burg saß, träumen lassen, dass es unter den Sarazenen so etwas wie ritterliche Ehre gab? Dass sie die sieben Künste, darunter auch die Musik pflegten? Gewiss nicht – er hatte im Grunde erwartet, einen Haufen blutgieriger, tumber Heiden anzutreffen.
    Er war neugierig auf die ritterlichen Spiele gewesen, es gab jedoch nur ein wenig Geplänkel. Die Sarazenen zeigten ihre Reitkünste, die Christen versuchten, es ihnen gleichzutun. Ein richtiges Turnier wurde zum Ärger des englischen Königs nicht daraus, das verhinderte schon der lästige Regen, der die Wiesen der Umgebung in Schlamm verwandelt hatte. Es war schon November, und wie man ihm sagte, würde es wohl noch einige Monate lang regnen.
    Das Zelt, in dem Saladins Bruder al-Adil sie bewirtete, war eines der größten und prächtigsten, das Gottfried je unter die Augen gekommen war, von tiefem Rot, innen ganz und gar mit goldbestickten Stoffen ausgekleidet und mit kostbaren Teppichen ausgelegt. Selbst der englische König hatte beim Eintreten anerkennend die schön geschwungenen Augenbrauen gehoben und seinem Übersetzer Humfried von Toron anerkennende Worte gesagt, die dieser sogleich in fließendem Arabisch an al-Adil weitergab.
    Humfried hockte auch jetzt neben Richard Löwenherz, der sich in angeregter Unterhaltung mit dem kleinen, schnurrbärtigen al-Adil befand und den aufregenden Tänzerinnen nur am Rande Beachtung schenkte. Gottfried hatte aus der Entfernung beobachtet, dass der englische König offenkundig ein wenig Arabisch sprach, auch Saladins Bruder schien ein paar Worte Fränkisch zu kennen, sodass die beiden Herrscher zur Not auch ohne Übersetzer zurechtgekommen wären. Humfried hatte dennoch rote Wangen vor Anstrengung, da er seine Ehre dareinlegte, seinem Herrn und König so perfekt wie nur irgend möglich dienstbar zu sein. Gottfried musste sich immer wieder selbst zur Ordnung rufen, denn die unwillkürliche Abneigung, die er gegen diesen hübschen und in seiner ritterlichen Erziehung vorbildlichen jungen Mann empfand, war durch nichts begründet. Im Gegenteil, der blonde Humfried von Toron, der einst mit Isabella von Jerusalem verheiratet gewesen war, benahm sich freundlich gegen jedermann. Darüber hinaus besaß er angenehm wenig Ehrgeiz, immerhin war seine von ihm geschiedene Ehefrau die Erbin der Königswürde und inzwischen – gegen ihren Willen – mit Konrad von Montferrat verheiratet. Gottfried vermutete allerdings, dass der hübsche Humfried viel zu feige gewesen war, um sich auf einen Streit mit dem grimmigen Graubart Konrad einzulassen. Der Übersetzer hatte etwas Weibisches an sich, das war es, was ihm an diesem Mann nicht gefiel.
    Al-Adil hatte seinen Gästen Speisen im Überfluss geboten. Man aß auf den Teppichen sitzend – nirgendwo hatte Gottfried so etwas wie einen Schemel oder gar einen Stuhl entdecken

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