Die Braut des Kreuzfahrers
ausgerollt, und dabei waren fünf Mädchen zu Tage gekommen, die in den dicken Geweben eingewickelt waren. Sie hatten sich zwar von Kopf bis Fuß verhüllt, jedoch nicht verschleiert. Begreife einer diese Sarazenen.
» Jungfrauen sind das nicht « , bemerkte jemand mit Sachverstand. » Höchstens die Kleine da links, die so ängstlich wie ein Rehlein ausschaut. «
» Da würde ich nichts drauf geben, Freund. So ein Rehlein kann mit allen Wässerlein gewaschen sein … «
» Mir gefällt die Große in der Mitte. Die weiß ganz sicher, wo’s langgeht. «
» Hüften wie eine Hindin, Brüstlein wie Granatäpfel. «
» Mir ist die rechte lieber. Die hat reife Melonen, die dringend geerntet werden müssen. «
» Ja, ich glaube, da ist keine dabei, für die du zärtliche Verse dichten müsstest. «
» Gottlob nicht … «
Gottfried hatte zwar gewusst, dass bei orientalischen Herrschern auch schöne Sklavinnen ein beliebtes Geschenk waren, doch er selbst war noch nie zuvor bei einer solchen Gelegenheit zugegen gewesen. Es erschien ihm barbarisch, so wie die Gewohnheit der Sarazenen, Sklaven zu halten und mit ihnen zu handeln, überhaupt eine schlimme Sünde war. Im christlichen Abendland hatte die Kirche die Sklavenhaltung schon vor langer Zeit geächtet und verboten. Umso schlimmer fand er die unbefangenen Reden der Ritter, die doch Christen waren und diese jungen Frauen eigentlich aus dem Joch der Sklaverei erlösen mussten.
» Was ist los mit dir, Gottfried von Perche? « , rief Wilhelm und schlug ihm mit schwerer Hand freundschaftlich auf die Schulter. » Du machst ein Gesicht, als stünden da vorn fünf alte Weiblein mit dürren Beinen und hängenden Brüsten. Zier dich nicht und sage offen, welches Hürchen dir gefällt. «
» Keine! «
Wilhelms Hohngelächter schien aus einem tiefen, leeren Fass zu kommen. Er vollführte noch einen weiteren Schlag auf Gottfrieds Schulter, weil der Witz so großartig gewesen war, dann ließ er ihn in Ruhe, und Gottfried war froh darüber. Er hatte den Ritter Wilhelm von Préaux für seinen Mut und die Hingabe an seinen Herrn bewundert. Vor wenigen Tagen war Löwenherz auf einem seiner leichtsinnigen Ausflüge in einen Hinterhalt der Sarazenen geritten. Um ein Haar nur wäre er in Gefangenschaft geraten, hätte nicht Wilhelm von Préaux laut gerufen, er sei der König, worauf die Muselmanen sich auf ihn stürzten und Löwenherz Gelegenheit hatte, zu entkommen. Als die Sarazenen ihren Irrtum bemerkten, ließen sie Wilhelm zum Glück wieder frei.
Der Rest dieses Gelages war später in Gottfrieds Erinnerung verschwunden, möglicherweise geschah nichts weiter Aufregendes, vielleicht waren aber auch seine Gedanken daran schuld, die ihn ganz und gar vereinnahmten. In seinem Kopf bewegten sich beängstigende Bilder von jungen Christinnen, die muselmanischen Seeräubern in die Hände fielen und als Sklavinnen verkauft wurden. War es nicht leichtsinnig gewesen, Tiessa zurück ins Perche zu schicken? Er wurde sich rasch klar darüber, dass die Furcht vor der Sünde sein Handeln bestimmt hatte. Er wollte sicher sein, dass er Tiessa nicht wiedersah – zumindest nicht im Heiligen Land. Im Perche würde es leichter sein, ihrer Anziehungskraft zu widerstehen, dort war Richenza, die er in den Nächten aufsuchen konnte und die ein Kind von ihm hatte. Nein, er hatte richtig gehandelt, Tiessa war ein kluges und mutiges Mädchen, Gott der Herr würde seine Hand über sie halten. Hätte er sie beispielsweise nach Tyros geschickt, wo die Frauen einiger Kreuzritter einquartiert waren, dann wäre sie jetzt mit diesen Damen nach Jaffa gereist und befände sich in gefährlicher Nähe zu ihm …
Nach dem großartigen Sieg des Kreuzfahrerheers bei Arsuf saßen die christlichen Ritter nun schon seit Wochen in Jaffa, bauten die Stadtbefestigungen wieder auf und ließen es sich wohlergehen. Einige waren sogar nach Akkon gefahren, um dort ihre Liebchen wieder aufzusuchen, nach denen sie große Sehnsucht hatten. Gottfried war mehr als unzufrieden mit dieser Situation – wie wollte König Richard dieses Heer von Faulenzern und Hurenböcken nach Jerusalem führen? Zumal die Regenzeit angebrochen war und alles um sie her sich in Sumpf und Schlamm verwandelte.
Auch als sie spät in der Nacht aus Lydda zurück nach Jaffa ritten, regnete es in Strömen, sodass die schönen Brokatstoffe und Ledersachen nass und unbrauchbar wurden. Gottfried hielt eine der Frauen vor sich im Sattel – er hatte dieses Geschenk
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