Die Braut des Kreuzfahrers
da war es noch viel weniger.
» Sie ist zurück ins Perche gereist. «
Ungläubig starrten ihn die dunklen Feueraugen an. Drüben am Zelteingang blökten Schafe, ein Präsent von al-Adil an die Kreuzfahrer. Die Reihenfolge, in der die Geschenke übergeben wurden, entsprach ihrem Wert: die einfachen Dinge zu Anfang, das Kostbarste zum Schluss. Das konnte eines der großartigen arabischen Pferde sein. Eine fein geschmiedete Wehr. Ein Schwert mit einer Damaszenerklinge …
» Ins Perche? Allein? «
» Mit einer Freundin und Dienerschaft « , murmelte Gottfried widerwillig.
» Wann? «
Das Blöken der geschenkten Schafherde nahm überhand, und man trieb die zottigen Besucher aus dem Zelt. Ein paar braune Ziegen, die sich gierig über die Speisen hermachen wollten, bekamen Stockschläge zu spüren.
» Wann! « , beharrte Ambroise.
» Kurz nachdem das Heer Akkon verließ. «
Drüben hatte sich Löwenherz zu ihnen umgewendet. Sein Blick traf Ambroise, ein Zucken der linken Augenbraue gebot dem Spielmann, zu seinem Herrn zu eilen. Ambroise gehorchte.
» Ein Glückskind, dieser Kerl « , bemerkte der Ritter Wilhelm schmunzelnd. » In Akkon erhielt Löwenherz ihn von al-Adil zum Geschenk. Gerade rechtzeitig, bevor er die muselmanischen Geiseln hinrichten ließ. Hätte sich Ambroise danach noch in al-Adils Umgebung befunden … «
Er machte eine eindeutige Geste, indem er die flach ausgestreckte Hand dicht an seinem Hals vorbeiführte. Gottfried nickte und beobachtete, wie die Knappen des englischen Königs jetzt die mitgeführten Geschenke ins Zelt trugen. Man stapelte die Sachen auf einem Haufen, damit Löwenherz den passenden Gegenstand auswählen und feierlich überreichen konnte. Inzwischen waren die Gespräche erstorben. Alle drehten sich so, dass sie das spannende Schauspiel verfolgen konnten, einige waren sogar aufgestanden, um besser sehen zu können. Humfried von Toron hatte seine große Stunde, denn die Geschenke wurden nicht nur in die Höhe gehalten, damit jeder sie bewundern konnte, der Geber schmückte sie auch mit Geschichtlein und Erklärungen aus, lobte ihren Wert und machte allerlei witzige Bemerkungen über ihren Gebrauch. Silberne Becher und Gefäße wechselten den Besitzer, kostbare Sättel, bestickte Beutel, golddurchwirkte Gewänder, Elfenbeinschnitzereien und emaillierte Broschen. Gottfried war verblüfft, welche Kostbarkeiten Richard Löwenherz auf dieser Fahrt erworben hatte, um sie jetzt leichten Herzens wieder zu verschenken. Auch dicke Folianten mit Einlegearbeiten auf den Buchdeckeln waren darunter, um deren Besitz Gottfried Leben und Seligkeit verpfändet hätte. Doch auch al-Adil ließ sich nicht lumpen, er ließ Körbe mit Gewürzen und Weihrauchklumpen hereintragen, goldene Schüsseln und schön gewirkte, glänzende Stoffe, dazu auch krumme Säbel mit eingelegten Griffen, eine Kiste aus schwarzem Ebenholz mit silbernen Beschlägen, in der sich bunt schimmernde Edelsteine befanden.
» Alle Schätze Salomons « , murmelte ein Ritter. » Fehlt nur noch … «
Löwenherz erhielt eine schneeweiße junge Stute, ein feuriges Tier, das man mit zärtlichen Reden dazu brachte, durch den Zelteingang zu gehen. Die Stute sog den Duft der Räucherbecken, Speisen und der vielen Männer mit weiten Nüstern ein und strebte dann rückwärts, denn in dem stickigen Zelt war es ihr nicht geheuer. Der englische König hatte beim Anblick des schönen Pferdes glänzende Augen bekommen, was Wilhelm von Préaux zu einem Seufzer veranlasste.
» Dieses Stütlein wird er ganz bestimmt für sich behalten, jede Wette darauf … «
Richard Löwenherz beantwortete die Gabe mit einem fein geschliffenen Schwert, die Schwertscheide war mit Seide bezogen und mit Edelsteinen geschmückt. Daraufhin winkte al-Adil seinen Dienern, und man trug mehrere zusammengerollte Teppiche herein. Es mussten ganz besonders schöne Stücke sein, vielleicht sogar aus Seide gewebt, um den bereits überreichten Geschenken noch die Krone aufzusetzen.
Die Teppiche wurden behutsam abgelegt und von al-Adil mit allerlei Reden angepriesen, die in der Übersetzung sehr blumig und überschwänglich klangen. Die fränkischen Ritter hatten sich jetzt alle erhoben, man drängte sich, um bessere Sicht zu haben, und Gottfried vernahm dicht neben sich ein genüssliches Schmatzen. Als er den Kopf zur Seite wandte, um zu sehen, wer dieses unpassende Geräusch hervorgebracht hatte, ertönte plötzlich lautes Gebrüll. Man hatte die Teppiche
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