Die Braut des Kreuzfahrers
als Geisel gefangennehmen, schlimmstenfalls auch töten. Aber wenn die Herrschaft Toron bis vor einigen Jahren christlich gewesen war, konnten dort nicht nur Muselmanen leben. Es musste auch christliche Bewohner geben, die ihm Obdach und Rat geben würden.
In seinem Quartier versetzte er das Haus in Aufruhr und bedrängte Konrad, einen wegkundigen Begleiter aufzutreiben. Man schickte Leute aus, denn Gottfried bot demjenigen, der ihn zur Burg des Mehmed al Faruk führen konnte, eine große Summe.
» Das ist gefährlich, Herr « , sagte Konrad. » Sie sagen, dass Mehmed al Faruk einer von Saladins besten Kämpfern ist. Er hat die Belagerung von Akkon überlebt und ist später mit Saladin nach Jerusalem gezogen, um die Stadt gegen die Christen zu verteidigen. «
Gottfried starrte den Knaben an. War es möglich, dass dieser muselmanische Emir Tiessa noch unberührt gelassen hatte, da er unablässig in Saladins Heer kämpfte? Als ihm klar wurde, dass Tiessa sich seit Monaten in der Gewalt dieses Mannes befand, sank seine Hoffnung. In dieser langen Zeit würde der muselmanische Teufel ganz sicher Gelegenheit gefunden haben, seine Burg aufzusuchen. Vielleicht war Tiessa längst vor Scham und Kummer gestorben, vielleicht hatte Mehmed die widerspenstige Sklavin auch getötet. Gott im Himmel – wenn sie nur lebte. Wenn sie doch klug genug gewesen war, sich in ihr Schicksal zu ergeben! Was nutzte aller Stolz, wozu die mädchenhafte Scham, die Abscheu vor der Sünde, wenn man diese Tugenden mit dem Leben bezahlte?
» Sei unbesorgt, Tiessa « , murmelte er vor sich hin, während er in seinem Raum aufgeregt hin- und herlief. » Ich werde dich niemals verachten ob dieser Sünde, denn ich weiß, welche Qualen du gelitten hast, durch welche Hölle du gegangen bist. Ich will dich aus dem Elend führen, selbst wenn es mein Leben kostet, und wenn wir erst wieder in der Heimat sind, dann sorge ich für dich. Kein Ehemann soll dich demütigen, dir dein Unglück vorhalten und jammern, keine Jungfrau geheiratet zu haben. Du wirst in meiner Burg wohnen und ich will … «
» Herr? «
Es war Konrad, der mit eingezogenen Schultern und unsicherem Blick in den Raum trat, denn er konnte sich nicht erklären, was in seinen Herrn gefahren war. Noch heute Mittag war er wie gewohnt ruhig und eher schweigsam gewesen, obgleich er seltsame Fragen stellte. Jetzt aber hatte ihn eine solch krankhafte Hast ergriffen, dass man fürchten musste, er sei von einem bösen Fieber befallen, oder – was noch viel schlimmer gewesen wäre – sein Geist habe sich umnachtet.
» Wir haben einen Mann aufgetrieben, der Euch führen kann. Er ist der Schwager des Hausbesitzers und stammt aus der Herrschaft Toron. Die Burg des Mehmed al Faruk kennt er gut, er war sogar mit dessen Vater befreundet. «
» Das ist ja wunderbar! « , rief Gottfried und riss vor Begeisterung die Arme hoch. » Wo ist er? «
Konrad klapperte ein paarmal verwirrt mit den Augendeckeln, dann wandte er sich um und zerrte einen älteren Mann in den Raum. Er trug eine Pumphose und ein Obergewand, das ihm bis an die Knie reichte, wie es die Muselmanen liebten, dazu einen weißen fleckigen Turban.
» Bist du ein Christ oder ein Muselman? « , wollte Gottfried wissen.
» Man nennt mich Hulno, Herr, und ich bin ein Christ « , versicherte der Mann. » Ihr staunt wegen meines Gewands, nicht wahr? Auch trage ich mein Barthaar lang – aber all dies hat nichts mit meinem Glauben zu tun. «
» Es ist gut « , fiel ihm Gottfried rasch ins Wort. » Ich will morgen in aller Frühe aufbrechen, halte dich also bereit. «
Im Grunde war es ihm vollkommen gleichgültig, ob dieser Mann Christ, Jude oder Muselman war. Wenn er ihn nur zur Burg des Mehmed al Faruk brachte. Er bemerkte, dass Hulno ihn mit klugen grauen Augen abschätzend betrachtete, und wurde sich des ungewöhnlichen Benehmens bewusst, das er an den Tag legte. Weshalb wollte ein französischer Ritter mit aller Gewalt und in großer Eile die Burg eines muselmanischen Emirs aufsuchen?
» Ich habe mit Mehmed al Faruk einen Handel abzuschließen « , erklärte er seinem Gegenüber. » Es geht um etwas, das uns beiden sehr am Herzen liegt. Daher will ich nicht säumen. «
Hulno stellte keine weiteren Fragen, gab nur zu bedenken, dass es besser sei, Rüstung und Schwert zu verbergen, um nicht unnötig Misstrauen zu erregen. Das sah Gottfried ein.
Sie benötigten drei volle Tage bis Akkon, was vor allem daran lag, dass die beiden Maulesel, die
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