Die Braut des Kreuzfahrers
Zähne, die Süßigkeit wird ihm Schmerzen bereiten. «
An anderen Tagen vertraute er den Laden seinen Dienern an und ging fort, um erst spät in der Nacht zurückzukommen. Es waren die Tage, an denen er zu Patienten gerufen wurde. Das waren reiche Bürger der Stadt oder sogar Höflinge aus der Zitadelle. Einmal erzählte er auch, dass der Leiter des Spitals ihn zu Rate gezogen habe. Wie es schien, hatte er sogar Zugang zu den Frauen im Harem, die sonst kein fremder Mann zu sehen bekam.
Sie beeilte sich, die eklige Pampe mit ein wenig Honig und viel Öl geschmeidiger zu machen, und füllte das Zeug in einen kleinen Tontiegel. Darauf kam ein Deckel, den sie mit Wachs verschloss, dann händigte sie die Arznei Chalif Omar aus, der die Botengänge für Petrus Habakus erledigte. Es war der junge Bursche, den der Arzt am Tag ihrer Ankunft mit dem Rührlöffel verprügelte, ein Ägypter, den seine Eltern in die Sklaverei verkauft hatten und der sich gutmütig in alles fügte, was sein Herr anordnete. Tiessa konnte sich mit Chalif inzwischen einigermaßen verständigen, und sie mochte ihn gern. Die beiden anderen Diener waren Schwarze, die aus dem finstersten Afrika stammten und vor denen Tiessa zuerst große Furcht gehabt hatte. Erst nach einer Weile hatte sie begriffen, dass diese wilden Gesellen, die wie die leibhaftigen Teufel aussahen, in Wirklichkeit vollkommen harmlos waren. Sie hießen Esra und Musil, waren Brüder und albern wie große Kinder. Niemand konnte über ein Missgeschick, einen umgekippten Korb, ein Loch im Schuh oder eine Zwiebelknolle, die davonrollte, so lange und so ausgiebig lachen wie die beiden schwarzen Sklaven.
Tiessa hatte es nicht schlecht getroffen. Petrus Habakus war zwar ein wenig unberechenbar, er hatte seine Launen, besonders wenn er seine schlimmen Kopfschmerzen hatte, doch alles in allem war das Leben als Sklavin lange nicht so schrecklich, wie sie gefürchtet hatte. Hier im Haus des Arztes ging es ihr wesentlich besser als auf der Burg des Mehmed al Faruk, wo die boshafte Fatima sie mit einem Strick an den Feigenbaum gebunden hatte. Außerdem verlangte Petrus Habakus keinerlei Liebesdienste von ihr, wie Mehmed es getan hatte. Der seltsame Arzt schien keine Frau zu brauchen, er verbrachte die Nächte allein auf seinem Lager, oder in Gesellschaft seiner Bücher, die ihm mehr bedeuteten als lebendige Menschen. Tiessa hatte eine Weile gebraucht, um herauszufinden, dass er viele dieser Bücher selbst verfasst und mit Zeichnungen versehen hatte. Es waren Schriften zu solch seltsamen Themen wie » Über das Asthma « , » Über die Augenleiden « oder » Über die Purgativa « , aber auch andere, die ihr besser gefielen wie sein Buch über die » Flügelträger und Flatterwesen « , in dem er viele Vögel beschrieben und gezeichnet hatte. Er hatte ihr erzählt, dass er schon als kleiner Knabe den Wunsch verspürt hatte, wie ein Vogel fliegen zu können.
» Na endlich! Setz dich dorthin. Die Farben habe ich schon angerührt, du kannst sofort beginnen. Nimm die rote Farbe für die Blüten, die Knospe ist ein wenig dunkler, dort ist noch etwas Braun. «
Sie ließ sich auf einem Schemel nieder und zog einen der feinen Haarpinsel aus dem Wassertopf, um seine Geschmeidigkeit zu prüfen. Petrus Habakus hatte sich in vielen Dingen den Gebräuchen der Muselmanen angepasst, doch das Sitzen auf dem Boden mit gekreuzten Beinen liebte er nicht. Er hatte sich Stühle und Hocker bauen lassen und schrieb nicht an einem Pult, sondern benutzte dazu den breiten Tisch, auf dem ständig einige aufgeschlagene Folianten herumlagen.
Er hatte eine Blume gezeichnet, die sie recht gut kannte. Es war eine Päonie, die eine üppige rote Blüte und mehrere Knospen trug, eine Pflanze, die auch die Mutter daheim im Garten gezogen hatte. Die Knollen musste man bei Nacht ausgraben, sie halfen gegen Kinder- und Frauenleiden und auch gegen die Gicht. Die Samen heilten die Fallsucht, man verbrannte sie und ließ den Kranken den Rauch einatmen. Überhaupt gab es etliche Heilkräuter, die ihr von der Mutter her vertraut waren, wie roter Mohn, Minze, Beifuß, Wegerich oder Brennnessel. Aber auch andere, von denen sie noch nie zuvor gehört hatte. Aloe, ein hässliches Gewächs mit spitz zulaufenden fleischigen Blättern, das Harz des Weihrauchs, die Blüte des Granatapfelbaums, der bittere Ingwer, der saure, rote Sumach, das duftende gelbe Myrrhe-Harz, die länglichen, scharf schmeckenden Samen des Tamarindenbaums. Es gab
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