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Die Braut des Kreuzfahrers

Die Braut des Kreuzfahrers

Titel: Die Braut des Kreuzfahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilke Mueller
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Petrus und entfernte ein Härchen von der Gänsefeder, das ihn beim Schreiben gestört hatte. » Ein Galeerensklave und ein verfluchter Dieb. Ein Herumtreiber und ein Söldner, der die Seiten wechselt. Ein Quacksalber und Leutebetrüger … «
    Tiessa war diese Aufzählung nicht neu, er hatte ihr schon oft einzelne Episoden aus seinem bewegten Leben beschrieben. Seine umfassenden Kenntnisse über die Krankheiten und Arzneien hatte er als junger Mann bei einem ägyptischen Arzt erworben, einem Juden, den er Moses Maimonides nannte. Er war der einzige Mensch, von dem Petrus Habakus mit Achtung und sogar mit einer Art von Zuneigung redete. Alle anderen Figuren seiner Erinnerung schienen boshaft, dumm oder brutal gewesen zu sein. Auch von sich selbst redete er oft schlecht, was Tiessa höchst merkwürdig fand.
    » Würdest du mir glauben, wenn ich dir sage, dass ein solcher Kerl wie ich zu den höchsten Ehren gelangen wird? Dass die Höflinge und Feldherren dort drüben in der Festung Bücklinge vor ihm machen werden? Dass man ihn mit Gold und Kostbarkeiten überschütten wird? He? Würdest du mir das glauben, Tiessa? «
    Es war eine seltsame Mischung aus Triumph und Furcht in seinem Gesichtsausdruck, und Tiessa wusste nicht recht, was sie davon halten sollte. War das ein Scherz? Manchmal redete er solch krauses Zeug, um sie auf die Probe zu stellen und sich dann über ihre Verwirrung lustig zu machen.
    » Warum nicht? « , meinte sie nach kurzem Zögern. » Ist nicht auch das Kind, das in der Krippe lag, zum Himmel aufgefahren und sitzt jetzt zur Rechten Gottes? «
    » Eine kluge Antwort! « , rief er. » Du bist eine kleine Philosophin, Tiessa. Für diese Antwort sollte ich dir die Freiheit schenken. «
    » Eine gute Idee. «
    Er lachte auf die ihm eigene Weise, kurz und abgehackt, ein Gelächter, das sich nur mit großer Mühe aus seinem Inneren herausquälte. Dann schoss seine Hand plötzlich nach vorn, und er hatte die lästige Fliege in seiner Faust. Tiessa konnte das Insekt in seinem dunklen Gefängnis summen hören.
    » Noch heute Abend wird man mich auf die Zitadelle rufen « , flüsterte er ihr verschwörerisch zu. » Ich weiß es aus sicherer Quelle, Mohammed Chalif, der Leiter des Spitals, hat es mir zugeflüstert. «
    » Auf die Zitadelle? « , flüsterte sie. » Doch nicht etwa zu … «
    » Zu ebendiesem « , raunte er. » Der Sultan selbst wird mich zu sich rufen. «
    » Ist er denn krank? «
    » Er leidet unter einem Fieber, das immer wieder ausbricht. Vor einigen Jahren war es so schlimm, dass er nur knapp mit dem Leben davonkam, das war kurz vor seinem großen Sieg bei den Hörnern von Hattin. Nun will die Krankheit ihn aufs Neue verschlingen. «
    » Aber Ihr werdet ihn heilen? «
    Die Fliege in seiner Hand summte nicht mehr. Als er die Faust öffnete, lag das Insekt reglos auf seiner Handfläche. Petrus blickte mit düsterer Miene auf das tote Flügeltier, bevor er es voller Abscheu auf den Boden warf.
    » Heilen? « , murmelte er. » Heilen kann nur Gott. Helfen kann ich. Lindern. Verzögern, was unvermeidlich ist. Saladin ist nicht mehr jung, Tiessa. «
    » Ich verstehe. Ihr könnt erreichen, dass das Fieber für eine Weile sinkt und er sich erholen kann. «
    » Genau das « , nickte er zufrieden. » Du bist die klügste Sklavin, die ich je besaß. Ich sollte dich verheiraten – was hältst du davon? «
    Er machte einige Vorschläge, fragte, wie ihr Chalif Omar gefiele oder ob sie lieber mit Esra oder Musil eine Ehe eingehen wollte. Vielleicht mit allen beiden? Nein? Wie schade!
    » Du kommst mich teuer, schöne Tiessa. Ich werde dir also einen Ehemann kaufen müssen. «
    » Danke, aber ich will nicht heiraten. «
    Er hatte großen Spaß an seinen Scherzen. Erst als die schon totgeglaubte Fliege vom Fußboden aufstieg und dicht an seiner Nase vorbeisummte, hörte er auf zu kichern.
    » Das verdammte Biest hatte zwei Leben « , murmelte er verblüfft.
    Es war kaum zu verstehen, dass ihn dieses harmlose Vorkommnis vollkommen aus der Fassung brachte, doch seine Stimmung schlug um, er verzog grämlich die Miene und befahl Tiessa, ihre Arbeit unverzüglich zu Ende zu führen. Er selbst vertiefte sich in sein Buch, ein Werk über die Anwendung des Theriak und seine Inhaltsstoffe, das er auf Arabisch und zugleich auf Latein verfasste.
    Der Leiter des Spitals hatte offenbar gute Beziehungen zum Hof des Sultans, denn seine Voraussage traf ein. Kaum war die Dämmerung gefallen, da erschien ein Bote, ein Mann

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