Die Braut des Kreuzfahrers
mittleren Alters, der auf einem prächtigen Schimmel ritt, und Petrus Habakus folgte ihm zur Zitadelle.
Tiessa hockte mit Esra und Musil in der Küche, während Chalif Omar im Laden noch einige Kunden bediente. Natürlich hatte sie Petrus Habakus versprechen müssen, kein Wort über seinen ehrenvollen Auftrag verlauten zu lassen. Niemand sollte wissen, dass Sultan Saladin krank war, deshalb war der Bote auch nicht direkt vor dem Haus vom Pferd gestiegen, sondern auf einem kleinen Platz in der Nähe, wo er in einem Laden Zuckerwerk einkaufte.
Esra buk Fladen aus Mehl und Wasser, füllte sie mit Fleisch oder Gemüse und rollte sie dann zusammen. Tiessa hatte sich zuerst an die fremden Gewürze gewöhnen müssen, die Esra reichlich benutzte, doch inzwischen lief ihr das Wasser im Mund zusammen, wenn der Duft seiner Köstlichkeiten durch das Haus zog.
» Wir bald sehr reich! « , sagte Esra in einem Sprachmischmasch, das sie untereinander gebrauchten. » Sidi geht Zitadelle. Kommt zurück – viele Besants. Wir alle Burnus mit Gold und Silber! «
Er bleckte die Zähne und biss in eine seiner Teigrollen. Auch sein Bruder Musil, der neben dem Feuer saß und einen Schöpflöffel aus Holz schnitzte, lachte und meinte, es könne sein, dass ihr Herr ganze Säcke voller Edelsteine mit zurückbringe.
» Ihr habt Würmer im Kopf, alle beide! «
Doch auch Chalif, der gleich darauf aus dem Laden kam, um sich seinen Anteil an der Mahlzeit zu holen, war der Ansicht, dass goldene Zeiten bevorstünden.
» Kein Haus. Kein Laden. Wir in Palast wohnen. El Hakim ist groß und berühmt. Wir viele Sklavin haben. Chalif Omar heiratet schöne Mädchen … «
Er träumte davon, einen Harem zu besitzen. Wovon er all die Frauen ernähren und kleiden würde, schien ihn wenig zu kümmern. Reichtum war ein Geschenk Allahs, er fiel vom Himmel wie der Regen, der die Erde fruchtbar machte. Tiessa ließ ihn reden und dachte darüber nach, dass diese Menschen hilflos wie kleine Kinder auf ihren Herrn angewiesen waren. Er ernährte und kleidete sie, er traf alle Entscheidungen, wies ihnen ihre Arbeit zu und sorgte für sie, wenn sie alt und krank waren. Hätte Petrus Habakus seine drei Sklaven in die Freiheit entlassen, wäre es ihnen vermutlich schlimm ergangen. Sie selbst dachte allerdings darüber nach, ob sie die günstige Lage nicht dazu nutzen sollte, ihn um ihre Freiheit zu bitten. Wenn er tatsächlich zu solch hohen Ehren am Hof des Sultans gelangte – konnte er dann nicht großmütig sein? Er hatte doch selbst in seinem wechselvollen Leben erfahren, wie schlimm es für einen frei geborenen Menschen war, in eine solche Abhängigkeit zu geraten.
Petrus Habakus kehrte erst spät in der Nacht zurück. Er rumorte im Laden herum, kroch in den niedrigen Kellerraum, wo er verschiedene Ingredenzien seiner Arzneien aufbewahrte, dann erschien er in der Küche und begann laut zu schelten.
» Faules Pack! Wollt ihr schlafen, wenn euer Herr arbeitet? «
Alle fuhren erschrocken auf und warteten auf seine Befehle, denn ohne Zweifel mussten jetzt die Arzneien für den Sultan zubereitet werden. Doch Petrus wies sie nur an, das Feuer neu zu entfachen und einige Töpfe und Tiegel bereitzustellen. Danach schickte er sie aus der Küche und drohte sogar, jeden, der auch nur die Nasenspitze in den Raum steckte, mit dem Feuerhaken zu verprügeln.
Verunsichert zog sich die Dienerschaft zurück. Da man gewohnt war, in der Küche zu schlafen, musste sich jeder nun einen neuen Platz für die Nacht suchen. Chalif Omar verkroch sich im Laden, Esra und Musil bezogen ihr Nachtlager in einem Schuppen hinter dem Haus, Tiessa wählte den Raum, in dem Petrus seine Bücher und Papiere aufbewahrte. Dort kauerte sie sich auf dem Teppich zusammen und lauschte besorgt auf die Geräusche, die aus der Küche kamen. Töpfe wurden hin- und hergeschoben, Mörser in Tätigkeit gesetzt, einmal zischte es, weil eine Flüssigkeit ins Feuer gelaufen war, dann wieder vernahm sie tiefes Stöhnen, ein irdener Tiegel zerbrach, ein metallischer Gegenstand, vermutlich der Stößel aus schwerem Messing, fiel vom Tisch auf den Fußboden.
Aus irgendeinem Grund schien Petrus Habakus die Zubereitung der Arznei nicht leicht von der Hand zu gehen. Weshalb er wohl stöhnte? Hatte er Sorge, nicht die richtige Rezeptur zu finden? Die große Chance zu verpassen, der Leibarzt des Sultans zu werden? Sie erinnerte sich plötzlich daran, wie bleich sein Gesicht gewesen war, als er vorhin in die Küche
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