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Die Braut des Kreuzfahrers

Die Braut des Kreuzfahrers

Titel: Die Braut des Kreuzfahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilke Mueller
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behalten. Wurden sie misstrauisch und konfiszierten gar die Alraune, würden sie sich vielleicht das Lob ihrer Vorgesetzten verdienen, der Teufelsapfel mit seiner Zauberwirkung würde dann jedoch in andere Hände wandern.
    Sie konnten nichts tun, außer zu warten. Tiessa spürte Gottfrieds Hand, die sich auf ihren Arm legte, sie hörte, dass er ein leises Gebet sprach, sie selbst blieb stumm. Der Regen fiel so stark wie selten in Damaskus. Das Wasser lief an Häusern und Mauern herunter, schoss in gelben Rinnsalen die Gassen entlang und trug allerlei Unrat mit sich fort. Die wenigen Menschen, die man in den Straßen sah, schützten sich mit Mänteln und Kappen vor der Nässe und hatten es eilig, an einen trockenen Ort zu gelangen. Nur die Bettler und Krüppel waren der Nässe schutzlos ausgeliefert, sie scharten sich am Eingang einer Moschee zusammen und warteten gottergeben, dass sich die Wolken wieder verzogen.
    Eine Ewigkeit schien zu vergehen, bis Chalif allein aus dem Torraum trat. Er grinste breit und winkte ihnen.
    » Schnell weiterlaufen und nicht schauen zurück. «
    Es war leichter gesagt als getan, da eines der Maultiere seine Last an der Mauer abgestreift hatte und erst wieder neu beladen werden musste. Esra und Musil keuchten vor Anstrengung, und als sie das widerspenstige Tier endlich aus dem Torbereich herausgezerrt hatten, fielen sie zornig über Chalif her. Ein Dummkopf sei er, der drei schlechte Tiere anstelle eines guten gekauft habe. Man könne froh sein, dass der Händler ihm nicht eine Ziege anstatt eines Maultieres angedreht habe.
    » Lasst ihn in Ruhe! «
    Sie gingen zu Fuß, verkauften unterwegs Heilmittel und Gewürze und erwarben dafür Gemüse, Mehl und Olivenöl, auch Hühnerfleisch und einmal sogar Fisch. Die ersten Nächte verbrachten sie unter freiem Himmel, bis Tiessa von einer Gruppe byzantinischer Kaufleute einige große Tücher erhandelte, die man wie ein Zelt aufspannen konnte.
    » Was für ein Glück, dass dieser Petrus Habakus all diese Seltsamkeiten eingekauft und bei sich gehortet hat « , bemerkte Gottfried heiter. Er bewunderte Tiessa für ihr Handelsgeschick und ihre Fähigkeit, sich mit einem abenteuerlichen Sprachkauderwelsch, Gesten und Zeichen überall verständlich zu machen. Er selbst hielt sich aus ihren Geschäften heraus, und wenn er mit Fremden sprach, dann nur, um sich nach dem Weg zu erkundigen.
    In den Nächten lagen sie unter den aufgespannten Tüchern und hielten einander umfangen. Was sie miteinander flüsterten, war oft krauses Zeug, sie kicherten und lachten, atmeten den Geruch des anderen und redeten sich ein, dass es immer so bleiben würde. Was sollte sie jetzt noch trennen, da ihre Körper einander gefunden hatten, da sie sich so oft und ausgiebig berührten und Besitz voneinander genommen hatten? Und auch in ihrem Denken berührten sie einander, sie hegten die gleichen Hoffnungen und Sehnsüchte und hatten die gleichen Enttäuschungen erlitten. Nun, da sie zwei Liebende waren, sprachen sie auch über Dinge, die sie bisher niemandem offenbart hatten.
    » Glaubt Ihr, dass Jerusalem den Tod so vieler Menschen wert ist? « , wollte sie von ihm wissen.
    » Ich glaubte es, als ich hierherkam. Doch seitdem ist viel geschehen, das mich zweifeln lässt. «
    Er dachte nicht in allem so wie sie, er war ein Ritter, der zum Kampf erzogen worden war. Das Schicksal der Menschen, die durch diese Kämpfe Leib und Leben, Haus und Hof verloren, die heimatlos mit ihren Familien durch das Land zogen – es rührte ihn zwar, doch sein Mitleid war nicht so tief wie das ihre. Viel schlimmer war für ihn die Erkenntnis, missbraucht und betrogen worden zu sein.
    » Ich wäre gern gestorben, wenn mein Tod zur Eroberung der Heiligen Stadt beigetragen hätte « , gestand er. » Noch vor einigen Wochen war ich zutiefst enttäuscht, dass Richard Löwenherz beschloss, die Heilige Stadt nicht anzugreifen und stattdessen zurückzumarschieren. Lach mich aus – aber ich habe heimlich geweint, und ich war nicht der Einzige im Heer. «
    » Ich lache Euch nicht aus – aber ich bin unendlich froh, dass Ihr nicht um Jerusalem gestritten habt. «
    Er griff in ihr Haar und zog ihren Kopf dichter zu sich heran, um sie mit einem Kuss zu strafen. Sie litt die Strafe, ohne sich dagegen zu empören.
    » Soll Jerusalem ruhig den Muselmanen gehören « , beharrte sie. » Wenn Ihr nur am Leben seid. «
    » Lass das den Papst nicht hören « , meinte er lächelnd.
    » Ich werde es ihm nicht sagen.

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