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Die Braut des Kreuzfahrers

Die Braut des Kreuzfahrers

Titel: Die Braut des Kreuzfahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilke Mueller
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der die Stadt Tyros erbaut war. Nur undeutlich sah man die Mauerzinnen, einige Kuppeln und Turmspitzen, alles andere deckte bläulicher Dunst. Es regnete. Als sie den Strand erreichten, flatterten ihre nassen Gewänder in einem heftigen Sturm.
    Sie mussten die Nacht im Windschatten der Stadtmauer verbringen. Der Versuch, das Zelt aufzubauen, scheiterte schon beim ersten Ansatz, der Wind riss so heftig an dem Tuch, dass es ihnen um ein Haar davongeflogen wäre. Fröstelnd lagerten sie alle dicht nebeneinander, froh, dass die beiden Esel den Sand von ihnen abhielten, und kauten hartes Brot und trockene Feigen.
    » Wie anders hat uns diese Stadt damals empfangen « , sagte Gottfried.
    » Ja, ich erinnere mich « , gab Tiessa schmunzelnd zurück. » Unser Schiff wollte in den Hafen einfahren, doch sie hatten eine eiserne Kette gespannt … «
    » Du hast recht – das hatte ich fast vergessen. Ich weiß nur, dass einige von uns voller Rührung und Freude den Boden küssten, denn wir betraten nach langer Reise endlich das Heilige Land. «
    » Und die Ritter fieberten danach, die Stadt Akkon zu befreien. «
    Es war längst dunkel geworden, am Himmel jagten schwarze Wolkenheere vorüber, nur selten zeigte sich der runde Mond. Die Wellen schlugen mit solcher Macht gegen den Strand, dass man fürchten musste, das Meer könne die Halbinsel vom Land abtrennen und sie alle miteinander verschlingen. Chalif schluckte immer wieder Sand und hustete. Esra und Musil waren klüger, sie hatten ihre Turbantücher auch um die Gesichter gewickelt, sodass nur ein schmaler Schlitz für die Augen blieb. Alle zitterten vor Kälte und sehnten den Morgen herbei. Man konnte nur hoffen, dass die Torwächter der Stadt frühzeitig auf den Füßen waren, um sie einzulassen, damit sie sich in der Stadt ein trockenes Quartier suchen konnten. Nur Tiessa wusste, dass sie in Geldnot kommen würden. Die Heilmittel waren fast alle verkauft, und für das wenige, das sie noch mit sich führten, würde sie nun Zoll zahlen müssen. Da sie jedoch kein Geld hatten, würde man einen Teil der Ware einbehalten – somit verblieb ihnen fast nichts. Müde lehnte sie sich an Gottfrieds Schulter und spürte, wie er sie in die Arme nahm und sie mit seinem Körper vor Wind und Regen schützte.
    » Ich liebe dich « , hörte sie ihn flüstern. » Du bist die kostbare Beute, die ich mir auf dieser Fahrt erworben habe, meine Hoffnung, mein Schatz, mein Licht, das mir in finsterer Nacht leuchten wird. «
    Sie hatte Mühe, seine Worte zu verstehen, da sie das Brausen der Elemente übertönte, doch sie ahnte, dass auch er die Trennung fürchtete und sich an Worten und Versprechen festklammerte. Sie würden vergehen, so wie der Sturm seine Stimme verwehte.
    Am Morgen hatte sich der Wind gelegt, und der Himmel war bis auf einige zarte Schleierwölkchen klar und tiefblau. In unschuldiger Pracht erhob sich die Sonne hinter den Bergen, loderte rot und goldfarben um die Kuppen und Gipfel und setzte die Befestigungen von Tyros in Flammen. Sie wärmte den kältesteifen Reisenden den Rücken, während sie vor dem Stadttor warteten, um endlich, nach mancherlei Fragen und misstrauischen Erkundigungen, in die Stadt eingelassen zu werden. Wie Tiessa schon vermutet hatte, wurden ihre Waren durchsucht, auf Qualität geprüft und ein Teil davon gleich als Zoll einkassiert.
    Gottfried, der wegen seines adeligen Standes bisher niemals eine solche Behandlung erfahren hatte, war zornig wie selten in seinem Leben. Waren sie etwa noch unter Muselmanen? Nein, sie waren unter Christenmenschen, unter ihresgleichen, und doch wagte man es, den Grafen von Perche wie einen Landstreicher und Herumtreiber zu behandeln. Wo er denn Pferd und Rüstung habe? Knappe und Gefolge? Vor allem sein Schwert, ohne das er kein Ritter sei. Mit diesem schartigen Türkensäbel könne er hier niemanden beeindrucken.
    Tiessa musste eingreifen, sonst wäre er mit seinem Türkensäbel über den dreisten Torwächter hergefallen. Erst die Versicherung, sie seien allesamt treue Anhänger von Konrad von Montferrat und dem französischen König, entschärfte die Lage.
    » Seid froh, dass es hier nicht zugeht wie in Akkon « , erzählte man ihnen.
    » Was ist in Akkon geschehen? «
    Der Torwächter schob liebevoll die soeben konfiszierten, schwarzen Mumienknöchlein in der Schachtel hin und her.
    » Die Pisaner, die freche Meute, haben sich der Stadt bemächtigt und wollten den Lusignan zum König von Jerusalem machen. Drei Tage

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