Die Braut des Kreuzfahrers
Schwarzen ähnelten sich eigentlich alle in irgendeiner Weise, und er hatte immer Schwierigkeiten gehabt, sie voneinander zu unterscheiden. Dieser hier war eifrig damit beschäftigt, dünne Brotfladen auf einem heißen Stein zu backen, und der Geruch, der einem leicht beschädigten Topf entstieg, war verlockend. Gottfried hatte seit vielen Tagen nur Suppe und Brei zu essen bekommen, die übliche Krankenkost, die im Spital ausgeteilt wurde. Wer besser verpflegt werden wollte, der musste hilfreiche Verwandte oder eine gut gefüllte Börse haben.
» Das ist Chalif Omar, und diese beiden sind Esra und Musil. «
Es war ihm klar, dass die drei Sklaven waren, dennoch störte es ihn wenig, dass man sich gemeinsam auf den Boden setzte und die Mahlzeit nach orientlischer Sitte in die Mitte postiert wurde. Graf und Sklave, Mann und Frau, Schwarze und Weiße aßen gemeinsam in dem engen, stickigen Raum. Während er die Brotstücke mit Gemüse kaute, hörte er zu, was Tiessa ihm eröffnete.
Sie saß mit gekreuzten Beinen da und unterstrich ihre Rede mit lebhaften Gesten, wie sie es immer schon getan hatte. Dennoch erschien sie ihm auf einmal fremd, so als hätte die männliche Gewandung auch sie selbst verändert, ihr größere Sicherheit gegeben, ihre Stimme fester, ihre Bewegungen entschlossener gemacht. Auch ihr Blick, der ihn immer wieder traf, war offener und – das musste er sich eingestehen – die mädchenhafte Scheu, mit der sie ihn früher oft betrachtet hatte, war verschwunden. Immerhin wurde ihm aus ihren Erzählungen einiges klar, auch wenn ihm schien, dass sie so manche Episode – wie ihren Aufenthalt auf der Burg des Mehmed al Faruk – nur halbherzig und allzu rasch abhandelte. Dafür erfuhr er, dass sie tatsächlich als Sklavin verkauft worden war, zu ihrem Glück jedoch an einen Franken geriet. Ein Arzt und Apotheker. Ein Quacksalber vermutlich. Petrus Habakus – was für ein Name.
» Was ist aus ihm geworden? «
» Er ist in der vergangenen Nacht geflohen. Mitsamt seiner Sklavin Tiessa. «
Er begriff erst nach einer kleinen Weile – sie glaubte allen Ernstes, durch diese Verkleidung für einen anderen gehalten zu werden und so der Sklaverei zu entkommen. Eine ziemlich gefährliche Angelegenheit, denn entlaufene Sklaven wurden schwer bestraft.
» Ich werde mir Geld leihen und dich loskaufen « , versprach er.
Sie lächelte und schob die Mütze ein Stück weiter nach hinten, wobei einige Locken herausrutschten. Voller Entsetzen stellte er fest, dass sie ihr Haar gekürzt hatte.
» Besser ist es, wenn wir alle zusammen heimlich von hier fortgehen. «
Sie erklärte, dass die Sklaven des entflohenen Petrus Habakus vermutlich vom Sultan übernommen wurden, der sie oben in der Zitadelle beschäftigen oder – was wahrscheinlicher war – verkaufen würde. Offensichtlich glaubte sie nicht, dass er rechtzeitig die nötige Summe auftreiben konnte. Wenn ihm das nicht gelang, dann hatte sie bald einen neuen Besitzer.
» Es kann natürlich auch sein, dass Saladin mich behalten will. Oder einer seiner Brüder und Söhne … «
Sie sagte es in schelmischem Ton und ahnte nicht, welchen Sturm diese Vorstellung in seiner Seele entfachte. Schon dieser Petrus Habakus war ihm verdächtig, auch wenn sie behauptete, er habe stets allein geschlafen und sie nur die Zeichnungen in seinen Büchern kolorieren lassen. Der Gedanke, man könne sie auf die Zitadelle bringen, um sie dort in einem Harem verschwinden zu lassen, brachte ihn dem Irrsinn nahe.
Sie drängte ihn nicht, meinte nur beiläufig, dass sie nicht allzu lange zögern durften, weil das Haus bereits einmal durchsucht worden sei. Dann führte sie ihn in einen kleinen Raum, wo sie ihm ein Lager bereitet hatte. Zu seinem Entzücken fand er dort eine Reihe schöner ledergebundener Folianten auf einem Tisch. Leider waren die meisten in arabischer Schrift verfasst, einer jedoch war in zwei Sprachen geschrieben, in Arabisch und Latein.
» Die meisten hat er mitgenommen « , sagte Tiessa, die schmunzelnd zusah, wie gierig er sich über die Bücher hermachte. » Vor allem diejenigen, die wir mit Bildern versehen haben. Aber ich glaube, in diesem da sind auch ein paar Zeichnungen, die ich bunt bemalt habe. «
Sie zog einen der dicken Bände unter einem anderen hervor und klappte ihn auf. Das Buch war gut verleimt und straff gebunden. Als er sah, dass sie Mühe mit den aufspringenden Seiten hatte, trat er hinter sie und legte die Hände auf die widerspenstigen
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