Die Braut des Kreuzfahrers
allerdings war diese Gewandung recht unauffällig.
» Ambroise! « , rief sie verblüfft. » Mein Gott, er ist es. Ich hätte nicht geglaubt, ihn jemals wiederzusehen! «
Er konnte sie in dem lebhaften Straßengetümmel kaum gehört haben, dennoch wandte er ihr den Blick zu, starrte sie für einen Moment ungläubig an, dann sah sie ihn lächeln. Ein erwachsener Mann, in dessen Zügen das Leben schon seine Linien gemalt hatte, nur seine dunklen, brennenden Augen hatten noch immer den gleichen Ausdruck. Die Augen eines Träumers, der stets mehr ersehnt, als das Leben ihm geben kann.
» Tiessa! «
Lachend ging sie auf ihn zu, ohne sich darum zu kümmern, dass Gottfried von Perche sie gemahnte, nicht so eilig zu rennen, der Gaukler liefe ihr schon nicht davon. Dann stand sie vor ihm, lachte immer noch vor Überraschung und Freude und spürte plötzlich eine große Befangenheit. Ambroise scherte sich nicht darum, sondern nahm sie in die Arme.
» Ich wusste, dass wir uns noch einmal sehen « , murmelte er. » Ich wusste es, ich wusste es! «
Es wurde ihr heiß, denn er hielt sie mit sehnigen Armen fest an sich gepresst. Erst als sie ernsthaft Anstalten machte, sich von ihm zu lösen, gab er sie wieder frei.
» Wir sind Gefährten aus Kindertagen « , meinte er grinsend zu Gottfried von Perche. » Ich musste ihr immer die Wäschekörbe zum Fluss hinunterschleppen. «
Seine unbefangene Art war gespielt, dennoch löste sie Tiessas Verlegenheit, und sie begann davon zu reden, dass Ambroise, dieser Schlingel, sich gern vor der Arbeit gedrückt habe, dafür jedoch an den Abenden alle mit seinen bunten Geschichten zum Staunen brachte.
» Wie schade, dass ich nichts davon ahnte « , bemerkte Gottfried. » Ich hätte dich auf die Burg gerufen, um an langen Winterabenden ein wenig Spaß zu haben. «
Ambroise spürte die verborgene Pfeilspitze und verneigte sich in übertriebener Förmlichkeit vor dem Grafen von Perche.
» Ich fürchte nur, meine harmlosen Scherze hätten Euch nicht gefallen, Herr. «
» Du bist zu bescheiden, Ambroise. Der Spielmann des Richard Löwenherz muss ein Künstler seines Faches sein. «
» Aber wo hast du deine Laute? « , fragte Tiessa rasch dazwischen, um den aufflammenden Streit zu dämpfen.
» Hier im Laden steht sie und sehnt sich nach besseren Zeiten. «
Ambroise machte eine Kopfbewegung zu dem kleinen Geschäft hin, neben dessen Eingang er stand. Auf einigen Holzkisten hatte man Öllampen, Kannen aus Messing und Schachteln mit allerlei Tand ausgestellt, um Vorübergehende anzulocken. Von einem vorstehenden Balken hingen Tierbälge, Schnüre, Ketten und Amulette herunter. Nichts Weltbewegendes war dabei, dergleichen konnte man überall kaufen.
» Besitzt du jetzt etwa einen Laden? «
» Sehe ich so aus? «
» Eigentlich nicht « , meinte sie kichernd.
» Wie du dich täuschst, Tiessa. Komm, ich zeige dir, was ich wirklich verkaufe. Vielleicht kannst du es ja brauchen. «
Er wandte sich mit einer weiteren, tiefen Verneigung an Gottfried von Perche.
» Auch Euch, mein Herr und Graf, lade ich ein, mein armseliges Geschäft zu besuchen und Euer Urteil darüber abzugeben. «
» Wir haben wenig Zeit « , wandte Gottfried ein und warf Tiessa einen warnenden Blick zu.
» Ambroise ist ein alter Freund, Herr. Und er wird uns gewiss behilflich sein. Sag, Ambroise, hast du von einer Händlerfamilie gehört, die eine Tochter mit Namen Dinah hat? Sie müssen schon älter sein, vielleicht ist es sogar Dinah, die jetzt den Laden für die Eltern führt. «
Ambroise hielt mit einladender Geste einen Vorhang beiseite, der aus vielen Schnüren bestand, auf die man bunte Kerne gezogen hatte. Er ging ein paar Schritte voran und nahm ein Tuch von einer Laterne, um den hinteren Teil des Raums besser zu beleuchten. Erst dann wandte er sich zu Tiessa um.
» Sicher kenne ich Dinah – dies ist der Laden ihrer Eltern. «
Alles war so unglaublich und zugleich so einfach. Ambroise hatte nach Dinah gesucht, um etwas über Tiessas Schicksal zu erfahren, doch sie konnte ihm nicht viel mehr erzählen, als er schon von Leila wusste. Dennoch hatte dieses Zusammentreffen Folgen gehabt, denn Ambroise, der ewig Ruhelose, fand Gefallen an der schönen Dinah. Zumal im Laden ihrer Eltern eine neue Herausforderung auf ihn wartete.
» Ist es nicht eine Pracht? « Er hob die Lampe in die Höhe, um die ausgestellten Dinge zu beleuchten. » Für jede Seele ein Stück Himmelreich, für jede Sünde Vergebung und für
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